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BreitbandausbauAbschied von der digitalen Steinzeit: Zschorta soll schnelles Internet bekommen

Drei Milliarden Euro stehen in diesem Jahr bundesweit für den Breitbandausbau bereit - im Förderprogramm "Gigabit 2.0". Doch viele Gemeinden vor allem im ländlichen Raum kämpfen immer noch um die gesetzliche Mindestversorgung von zehn Mbit pro Sekunde. Ein Beispiel aus dem Landkreis Greiz.

von Andreas Dreißel, MDR THÜRINGEN

Tobias Hemmann ist frustriert. Seit Jahren schon bemüht er sich vergeblich um höhere Internet-Bandbreiten für Zschorta, einen Ortsteil von Wünschendorf im Kreis Greiz. Hier gibt es gerade mal 15 Haushalte, auch deshalb geht es nicht voran. Und das, obwohl Gemeinde und Verwaltungsgemeinschaft Wünschendorf versuchten, die verschiedenen Förderprogramme zu nutzen.

"Aktuell sind wir hier mit sechs Megabit pro Sekunde versorgt", sagt Tobias Hemmann. "Aber bei mir am Ende des Dorfes kommen nur noch zwei Megabit an." Schuld, sagt er, sei die Kupferleitung, die sich an der Straße entlang von Mast zu Mast schlängelt.

Bei schlechtem Wetter sinkt die Leistung

Bei schlechtem Wetter sinke die Leistung. Deshalb wandte sich der Zschortaer an die Bundesnetzagentur. Denn dem Gesetz zufolge müssen alle Haushalte in Deutschland mit mindestens zehn Megabit pro Sekunde versorgt werden.

Drei Milliarden Euro stellt der Bund in diesem Jahr im Förderprogramm "Gigabit 2.0" für den Ausbau des schnellen Internets bereit. Zuschüsse können Kommunen oder Verwaltungsgemeinschaften auch in Thüringen beantragen. Bis zu 75 Prozent der Kosten werden gefördert. Bei Kommunen, die keinen eigenen Haushalt aufstellen können, übernimmt das Land sogar bis zu 100 Prozent.

Damit wollen Bund und Land vor allem die Gebiete unterstützen, in denen sonst kein wirtschaftlicher Ausbau möglich wäre. Das heißt: Die Telekommunikationsunternehmen erhalten die Landes- und Bundesmittel als Zuschuss für eine Finanzierungslücke.

Breitbandausbau:- 69 Prozent der Thüringer haben derzeit schnelles Internet (über 10 Megabit pro Sekunde)
- Die Gigabit-Förderung 2.0 des Bundes löst in diesem Jahr die Programme "Weiße Flecken" und "Graue Flecken" ab.
- Förderfähig sind gemäß aktueller Förderrichtlinie des Landes Erschließungsgebiete, die noch nicht über ein Netz verfügen, welches Endkunden zuverlässig eine Datenrate von mind. 100Mbit/s im Download zur Verfügung stellt. Eine Anpassung der Förderrichtlinie des Landes auf das Verfahren des Bundes ist in Arbeit (Dort wird dann schon eine Gigabit-Schwelle anvisiert)
- Gefördert werden Kommunen, kommunale Kooperationen (zum Beispiel Zweckverbände), außerdem Gesellschaften, die sich in alleiniger öffentlicher Eigentümerschaft befinden und denen die Aufgabe der Breitbandausbauförderungen für das beantrage Fördergebiet von der zuständigen Kommune übertragen wurde.
- Die Landes- und Bundesmittel gibt es als Zuschuss.

Bürgermeister Marco Geelhaar (parteilos) würde in Wünschendorf am liebsten überall Glasfaser verlegen. Seit 2015 ist der Ort im Förder-Programm "Weiße Flecken" für einen Ausbau bis 30 Megabit pro Sekunde, seit 2021 sogar für einen Ausbau bis 100 Megabit pro Sekunde vorgesehen. Passiert ist nichts.

Ausbau rechnet sich auf dem flachen Land kaum

Zwar brachten zwei Verwaltungsgemeinschaften zusammen mit der Stadt Ronneburg mehrere sogenannte Markterkundungsverfahren auf den Weg. Doch nach Angaben von Bürgermeister Geelhaar brachte das nichts, weil die Unterlagen dafür ständig überarbeitet werden mussten.

Der Grund: Teilweise bauten die Telekommunikationsunternehmen auf eigene Rechnung aus, dadurch waren die Adresslisten für die Förderung nicht mehr aktuell. Irgendwann gaben die kommunalen Partner entnervt auf.

Doch ein eigenwirtschaftlicher Ausbau rechnet sich auf dem flachen Land nur in den wenigsten Fällen. Auch deshalb brachten weder die Deutsche Telekom noch andere Anbieter ein Glasfasernetz nach Zschorta und die anderen Wünschendorfer Ortsteile.

Kein Verteilerkasten und Probleme mit Leerrohren

Mit dem geplanten grundhaften Ausbau der Dorfstraße schöpften Tobias Hemmann und seine Nachbarn wieder neue Hoffnung. Im neuen Straßenuntergrund sollten auch Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt werden. Damit unternahmen die Zschortaer einen neuen Anlauf und klopften auch bei der Telekom an.

Die winkte allerdings ab. Die neuen Leerrohre müsste sie mieten, das sei nicht wirtschaftlich. "Wir dürfen die Leerrohre keinem Dritten kostenfrei überlassen", sagt Marco Geelhaar. "Sie wurden ja schließlich aus Steuergeldern bezahlt." Auch andere Anbieter wollten nach Angaben der Gemeinde die neue Infrastruktur nicht nutzen.

Ein weiterer Knackpunkt: In Zschorta gibt es keinen Verteilerkasten für das schnelle Internet. Die Kosten dafür liegen nach Angaben der Telekom zwischen 20.000 und 40.000 Euro. Für die wenigen Haushalte in Zschorta lohne sich das nicht.

Zschortaer ziehen selbst Graben für schnelles Internet

Trotzdem kam Bewegung in das Projekt. Die Bundesnetzagentur brachte Gemeinde, Bürger und die Telekom an einen Tisch. Die machte klar: Sollte die Bundesnetzagentur die Telekom zum Ausbau verpflichten, würde diese die günstigste Variante wählen. Und mit den vorhandenen Kupferleitungen die Leistung auf 16 Megabit pro Sekunde aufrüsten.

Für die Zschortaer war das nicht akzeptabel. Sie machten der Telekom ein Angebot. Um Glasfaser zu bekommen, würden sie über einen Feldweg bis zum nächsten Telekom-Verteiler einen Graben ziehen – in Eigenleistung.

Wie ein Förderverfahren zum Breitbandausbau abläuft- Markterkundungsverfahren
- Förderantrag mit adressgenauem Fördergebiet
- Förderbescheid
- Ausschreibung der Bauarbeiten
- Zuschlag an das Bauunternehmen erteilen
- Ausbau
- Verwendungsnachweis abgeben

Quelle: Thüringer Aufbaubank

Schnelles Internet über alte Masten

Vor wenigen Tagen nun endlich der Durchbruch: Bis zum Jahresende sollen die Zschortaer nun schnelles Internet bekommen. Allerdings bleiben die neuen Leerrohre in der Zschortaer Dorfstraße trotzdem ungenutzt.

Eine Vereinbarung der Gemeinde mit der Telekom sieht vor, dass der Netzbetreiber die Glasfaserleitungen im neuen Kabelgraben verlegt, im Ort allerdings weiterhin über die vorhandenen Masten direkt zu den Häusern. Tobias Hemmann und seinen Nachbarn stehen damit endlich höhere Bandbreiten zur Verfügung. Bis zu einem Gigabit pro Sekunde, also 1.000 Megabits pro Sekunde, sollen es sein.

Mehr über den Breitbandausbau

MDR (co)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 25. April 2023 | 19:00 Uhr

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