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UkraineDonezk und Luhansk: Fünf Jahre nach den Referenden

11. Mai 2019, 06:01 Uhr

Der 11. Mai 2014 war für die Menschen in den ostukrainischen Gebieten um Luhansk und Donezk ein ganz besonderer Tag. Sie wurden gebeten, darüber abzustimmen, ob Luhansk und Donezk eigene Volksrepubliken werden sollen. Aufgerufen zu den Referenden hatten damals die Separatisten, die – von Russland unterstützt – gegen die ukrainische Armee kämpften. Fünf Jahre später herrscht noch immer Krieg in der Ostukraine. Darüber haben wir mit unserem Ostblogger in Kiew, dem ukrainischen Journalisten Denis Trubetskoy, gesprochen.

Denis Trubetskoy ist für MDR AKTUELL als Ostblogger in Kiew unterwegs. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Vor fünf Jahren wurde abgestimmt – wie sind damals die Referenden verlaufen und was bedeutete ihr Ausgang für den Status von Luhansk und Donezk?

Es ist auf jeden Fall damals sehr chaotisch gelaufen. Die zwei Referenden wurden innerhalb kürzester Zeit von den Separatisten anberaumt. Ob zum Beispiel die Wählerlisten sorgfältig geprüft wurden, ist, denke ich, eher eine rhetorische Frage. Zumal die hohen Ergebnisse zwischen 89 und 96 Prozent für die Unabhängigkeit der beiden Volksrepubliken bei einer angeblichen Wahlbeteiligung von 75 Prozent zum Beispiel in Donezk nicht realistisch sind. Wesentlich ist dabei, dass die beiden verfassungswidrigen Referenden eine scharfe Eskalation der Lage bedeuteten, und zwar in einer Zeit, in der die Separatisten noch nicht so ernst genommen wurden. Aber durch die Referenden wurden die Strukturen geschaffen, die bis heute im Donbass existieren. Und obwohl nicht einmal Russland die Volksrepubliken offiziell anerkennt, verweist Moskau gerne auf die Ergebnisse von damals.

Der neuste Schachzug von Russland ist, dass Pässe verteilt werden sollen in den selbsternannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk. Was hat es damit auf sich?

Die Bewohner der Separatistengebiete dürfen jetzt innerhalb von drei Monaten zu russischen Staatsbürgern werden. Den Antrag dafür kann man bereits seit dem 3. Mai 2019 in den Volksrepubliken selbst stellen. Die Pässe muss man dann allerdings im russischen Grenzgebiet Rostow abholen. Das ist zwar eine Regelung, die mindestens seit 2016 in Russland im Gespräch ist. Aber die Gesetzesvorlagen, die es im russischen Parlament dazu gab, waren nicht derart breit aufgestellt – es ging eher um vereinzelte Bevölkerungsgruppen. Deswegen kam die Regelung jetzt, direkt nach dem Wahlsieg von Wolodymyr Selenskij bei der ukrainischen Präsidentschaftswahl, ein wenig überraschend. Dadurch will Putin Selenskij offenbar gleich unter Druck setzen, für den Donbass einen besonderen Status zu schaffen, mit eigener Regierung und eigenem Parlament.

Sie haben es angesprochen: Die Ukraine hat einen neuen Präsidenten gewählt: Wolodymyr Selenskij. Gibt es durch ihn neue Hoffnung, dass sich der Konflikt entspannt?

Im einzigen großen Interview vor dem zweiten Wahlgang hat Selenskij dem besonderen Status des Donbass eigentlich eine ganz klare Absage erteilt. Das hat Putin offenbar ziemlich übel genommen, wie man aus seinen öffentlichen Aussagen herauslesen kann. Noch im Dezember, vor der offiziellen Ankündigung seiner Kandidatur, meinte Selenskij, man könne sich mit Russland irgendwo in der Mitte treffen, hat also durchaus Gesprächsbereitschaft signalisiert. Im Moment sieht es aber nicht nach Entspannung aus und man kann davon ausgehen, dass zumindest bis zur ukrainischen Parlamentswahl im Herbst alles so bleibt, wie es ist.

Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im:Radio | 11.05.2019 | 07:15 Uhr

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