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Zelltherapie-ForschungAlterungsprozess rückgängig machen? Hat geklappt!

11. Juli 2020, 05:00 Uhr

Unser Immunsystem scheint eine entscheidende Rolle im Alterungsprozess mitsamt der Begleiterscheinungen zu spielen. Das haben Forschende aus Bern bestätigt – und das Altern bei Mäusen rückgängig gemacht.

Die Rückspultaste fürs Altern - noch Zukunftsmusik. Bildrechte: MDR (Montage)/Pixabay (Free-Photos)/FaceApp

Über kurz oder lang wird sich die Kosmetikindustrie mit ihrem ertragreichen Anti-Aging-Zweig umorientieren müssen. Vielleicht zu Zelltherapiespezialisten? Wissenschaftliche Ansätze aus der Schweiz zeigen, dass das vielversprechend sein könnte. Denn Forschende haben es tatsächlich geschafft, Tiere jünger werden zu lassen.

Um zu verstehen, wie sie das gemacht haben, muss man zunächst einmal schauen, was das Altern eigentlich genau bedeutet. Das beinhaltet nicht nur die Zunahme von Fältchen zwischen Schopf und großem Onkel, sondern auch ein Immunsystem, das nicht mehr so gut funktioniert. Zudem wurde schon länger vermutet, und durch das Forschungsteam jetzt auch bestätigt, dass Altern quasi aus dem Bauch heraus geschieht. Genauer gesagt das Bauchfett, das für die Entstehung von chronisch-unterschwelligen Entzündungen verantwortlich ist. Und die tragen wesentlich zum Alterungsprozess und den Begleiterscheinungen bei.

Immunsystem gerät aus dem Gleichgewicht

Um zu erfahren, warum das so ist, muss man noch genauer hinsehen – und da kommt auch wieder das Immunsystem ins Spiel. Bestimmte Immunzellen – Eosinophile – sind Teil unseres Immunsystems, wehren etwa Parasiten ab, werden aber im Alter weniger. Der Anteil an Riesenfresszellen steigt aber. Die sind auch Teil des Immunsystems, werden eigentlich Makrophagen genannt, fördern aber Entzündungen. Das Immunsystem ist also ein bisschen aus dem Gleichgewicht geraten, was zu einem chronischen Entzündungsherd im Bauchfett führt und wiederum, wie bereits erwähnt, den Alterungsprozess begünstigt.

Maus fällt in den Jungbrunnen

Das Team hat nun also den logischen Schluss gezogen: Wenn es gelingt, das Gleichgewicht zwischen den Immunzellen wieder herzustellen, käme das einem Sprung in den Jungbrunnen gleich? Gesagt, getan, allerdings nur bei Mäusen, deren Bauchfett-Immunzellen aber ganz ähnlich beschaffen sind. "In experimentellen Versuchen konnten wir auf eindrückliche Weise zeigen, dass im Mausmodell Transfers von Eosinophilen aus jungen Tieren in gealterte Empfänger Entzündungen nicht nur im Bauchfett, sondern im gesamten Körper unterdrücken können", berichtet Alexander Eggel vom Department of BioMedical Research an der Universität Bern. Und das führte dazu, dass die ganze Maus wieder deutlich jünger wurde: Bei Tests im Bereich Ausdauer und Greifstärke waren sie deutlich fitter. Und auch das Immunsystem hat wieder besser funktioniert.

Und ja: Als nächstes soll erprobt werden, wie sich diese Erkenntnisse beim Menschen anwenden lassen. Gerade die Covid-19-Pandemie zeigt, wie verletzlich ein Teil der Bevölkerung und wie anfällig dadurch die Stabilität des ganzen Gesundheitssystems ist. Gut möglich, dass eine verjüngende Zelltherapie da helfen könnte – und zudem für mehr Lebensqualität im hohen Alter führen würde. Bis dahin hilft nur: Cremes auf den Körper schmieren, was das Zeug hält. Oder es mal mit der Mittelmeer-Diät probieren.

flo

Link und Informationen zur Studie

Die Studie wurde unter dem Titel Eosinophils regulate adipose tissue inflammation and sustain physical and immunological fitness in old age am 6. Juli im Fachmagazin Nature Metabolism veröffentlicht. An der Studie waren Forschungsgruppen des Department for BioMedical Reserarch (DBMR) und der Pathologie der Universität Bern sowie des Inselspital, Universitässpital Bern beteiligt. DOI: 10.1038/s42255-020-0228-3

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