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Invasive ArtGeht die Asiatische Hornisse sächsischen Honigbienen bald an den Kragen?

14. Februar 2024, 10:31 Uhr

Frankreich hat sie längst, der deutsche Südwesten auch: Die Asiatische Hornisse – nicht zu verwechseln mit der Asiatischen Riesenhornisse – könnte auch bald in Sachsen heimisch werden, bedingt durch Globalisierung und Klimawandel. Willkommen ist sie nicht, vor allem nicht bei Imkerinnen und Imkern.

Also irgendwie sieht das Tierchen ja so aus, als sei ihm das typische Gelb am Stachel auf wundersame Weise abhandengekommen. Oder als wäre die Asiatischen Hornisse kopfüber in einen schwarzen Farbtopf gefallen und hätte es gerade noch geschafft, schnell wieder rauszukrabbeln. Joah – irgendwie Hornisse, aber irgendwie auch nicht. Auf jeden Fall erkennt man sie sofort, wenn sie an einem vorbeifliegt, sagt Marion Loeper. Vielleicht sogar, wenn man vorher noch nie eine gesehen hat: "Ich vergleiche sie immer ganz gerne mit einer Drohne, sie kann auf der Stelle stehen bleiben, sie kann rückwärts fliegen."

Damit unterscheidet sich das Insekt klar von der einheimischen Variante. Marion Loeper ist ehrenamtliche Naturschutzhelferin in Dresden — und Imkerin. Zwar ist es noch nicht soweit, aber wenn die Asiatische Hornisse erstmal in Sachsen angekommen ist, könnte es Marion Loepers Volk durchaus an den Kragen gehen. Dabei helfen die außergewöhnlichen Flugkünste. Das Bienenvolk erstmal entdeckt, patrouilliert sie vorm Eingang. "Mit dem Rücken zum Bienenstock und fängt die zurückkommenden Bienen ab. Die sind einfacher zu fangen und haben außerdem ein bisschen Honig am Kopf, das ist ein Extra-Snack." Verständlich, dass die Bienen im Stock in eine Starre verfallen und nicht im Traum daran denken, das Heim zu verlassen.

Bildrechte: Marion Loeper (M), MDR WISSEN

Asiatische Hornisse entdeckt?Wenn Sie eine Asiatische Hornisse in Sachsen identifizieren und fotografieren konnten, schicken Sie bitte Bild und Standort an: artenerfassung.LfULG@smekul.sachsen.de

Die Belagerung kann durchaus länger als drei, vier Wochen so gehen. Problematisch wird es vor allem, wenn das Abfangmanöver zu einer Zeit geschieht, in der die Winterbienen geboren werden. Marion Loeper: "Wenn die Bienen dann im Stock bleiben, verbrauchen die natürlich ihr Futter, was sie eigentlich für den Winter gedacht haben. Die gehen viel zu zeitig aus der Brut raus und das Wintervolk bleibt dann sehr klein, was natürlich wieder hohe Winterverluste als Folge hätte."

Asiatische Hornisse: Vom Menschen verschleppt, vom Klimawandel gehalten

Den Eindringling als solchen zu bezeichnen und einen boshaften Heißhunger auf mitteleuropäische Bienenvölkern zu unterstellen, ist freilich der falsche Schluss. Dass sich das Insekt in unseren Gefilden fehlplatziert, ist einzig und allein auf menschliches Handeln zurückzuführen. Die Asiatische Hornisse kommt aus dem feuchtwarmen Südosten Asiens. Globalisierungsbedingt hat sie es nach Europa geschafft – oder sagen wir: Sie wurde verschleppt, durch Warentransporte zum Beispiel. In Frankreich kennt man sie seit 2004, in Deutschland folgte die Besiedlung zehn Jahre später – zuerst im Südwesten der Republik, wo es tendenziell immer etwas wärmer ist.

Also wir sprechen da von einer Dimension pro Nest von 500 Jungköniginnen.

Marion Loeper | Naturschutzhelferin und Imkerin

Etwas wärmer macht der Klimawandel aber auch Regionen mit traditionell kontinentalem Einfluss: Im September wurde ein Exemplar in Berlin-Schöneberg gefunden und auch aus dem tschechischen Pilsen gibt es einen Nachweis. Und dazwischen liegt? Richtig, Sachsen. Herkunftsbedingt fühlt sich die Hornisse in milden Regionen mit Flussläufen besonders wohl. Sagen wir es so: Das Elbtal um Dresden wäre Klimawandel-bedingt als neuer Lebensraum prädestiniert. Und eine Besiedlung – früher oder später – kann durchaus schnell gehen, sagt Marion Loeper: "Also wir sprechen da von einer Dimension pro Nest von 500 Jungköniginnen. Im Vergleich dazu: Die einheimische Hornisse produziert so um die fünfzig Jungköniginnen."

Vorsorge, bevor sich die Asiatische Hornisse ausbreitet

Hinzu kommt eine vergleichsweise sehr hohe Nestdichte: Acht bis zehn Stück pro Quadratkilometer sei bisherige Spitze in Deutschland, im gänzlich besiedelten Frankreich komme man schon auf 13 bis 14 Stück, so Loeper. Auch ein Problem: Die Asiatische Hornisse steht auf kulinarische Abwechslung und hat einen vielfältigen Appetit — in Deutschland wurden fast 150 verschiedene Insekten in der Nahrung gefunden. Die Gefräßigkeit kommt auch daher, dass der Eindringling durch das hohe Brutaufkommen viele Mäuler zu stopfen hat. Lokale Ökosysteme können da durchaus mal ins Straucheln geraten. Als Naturschützerin und Imkerin appelliert Marion Loeper zur Vorsorge und wünscht sich hier etwas mehr Geschwindigkeit. Ein Vorbild könnte die Slowakei sein, wo das Tier ebenfalls demnächst erwartet wird: "Man hat eine Kommission gebildet, hat eine Handreichung erstellt, hat Spezialisten zur Fortbildung geschickt, hat Schädlingsbekämpfer und die Feuerwehr bereits geschult, das wünsche ich mir hier auch."

Anders als Bienen und andere Insekten braucht sich eine Spezies im Übrigen keine Sorgen zu machen: Der Mensch, der die falsche Verortung überhaupt erst verzapft hat. Die Asiatische Hornisse ist uns gegenüber von Natur aus friedlich und nicht anders zu handhaben als das heimische Exemplar. Also am besten mit respektvoller Distanz. Aber wie sollte man auch anders, wenn man plötzlich eine Mini-Drohe zu Gesicht bekommt.

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Der Tag | 14. Februar 2024 | 14:45 Uhr

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