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Diese Illustration, die in den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erstellt wurde, zeigt die ultrastrukturelle Morphologie, die Coronaviren aufweisen. Man beachte die Stacheln, die die äußere Oberfläche des Virus zieren und die bei elektronenmikroskopischer Betrachtung das Aussehen einer das Virus umgebenden Korona vermitteln. In dieser Ansicht sind die Proteinpartikel E, S und M, die sich ebenfalls auf der äußeren Oberfläche des Partikels befinden, ebenfalls markiert worden. Bildrechte: Alissa Eckert, MS; Dan Higgins, MAMS

ImmunsystemSchützen Infekte vor Covid-19? Erkältungs-Corona kreuzreaktiv zu SARS-CoV-2

16. November 2020, 12:00 Uhr

Wenn man eine Erkältung mit einem Coronavirus durchgemacht hat, reagiert das Immunsystem schneller auf SARS-CoV-2. Das zeigen Charité-Forscher jetzt. Ob das aber auch Schutz vor Covid-19 bietet, ist offen.

von Annegret Faber

Update 16. November:

Eine Studie britischer Forscher bestätigt erneut die Kreuzreaktivität von Antikörpern, die gegen Erkältungs-Coronavieren gebildet wurden, die nun auch gegen das neue Sars-Coronavirus-2 wirken. Wie das Team um Kevin Ng vom Francis Crick Institute London in Science berichtet, untersuchten die Wissenschaftler Blutproben, die vor der Ausbreitung von Corona in Großbritannien genommen worden waren. Dabei entdeckten sie Antikörper, die sich an das Spike-Protein des Virus heften und es dadurch neutralisieren konnten. Vor allem Kinder und Jugendliche schienen durch diese von Erkältungen stammenden Antikörper geschützt zu sein.

Update 7. August:

Eine US-Forschungsgruppe um Jose Mateus vom La Jolla Institute for Immunology, berichtet in Science ebenfalls von Kreuzreaktivität. Demnach reagierten T-Zellen im Blut von Menschen auf Sars-CoV-2, die dem Virus zuvor nicht ausgesetzt waren. Dafür hatten die Probanden Kontakt mit den bereits verbreiteten Corona-Erkältungsviren HCoV-OC43, HcoV-229E, HCoV-NL63, und HcoV-HKU1. Die stärkste Reaktion bezog sich demnach auf das Spike-Protein des neuen Coronavirus, mit dem es in menschliche Zellen eindringt. Die Autoren vermuten, die Kreuzreaktivität könnte Einfluss auf die Schwere eines Covid-19 Verlaufs haben. Menschen mit Kreuzreaktivität wären demnach eher vor schweren Verläufen geschützt.

Woran liegt es, dass manche Menschen am neuartigen Coronavirus schwer erkranken, während andere kaum etwas merken? Die Antwort darauf ist Gegenstand intensiver Forschung. Einen möglichen Einflussfaktor hat der Immunologe Andreas Thiel mit einem Forschungsteam der Charité Berlin jetzt identifiziert: Im Mittelpunkt stehen so genannte kreuzreaktiven T-Helferzellen.

Eines unserer Hauptergebnisse ist, das ein signifikanter Anteil von gesunden normalen Menschen, die noch nie Kontakt mit SARS-CoV-2 hatten, T-Zellen hat, die das neue Coronavirus erkennen können.

Andreas Thiel, Immunologe, Charité Berlin

T-Zellen erinnern sich an Corona

Diese T-Helferzellen erkennen das neue Virus, weil sie bei einer früheren Erkältung einem älteren Coronavirus begegnet sind. Einfach ausgedrückt haben sie also ein Gedächtnis. Sie selbst treten bei der Abwehr des neuen Erregers allerdingt nicht in Aktion. Eher funktionieren sie wie eine Art Schaltzentrale im Immunsystem. "Die T-Helferzellen sind die, die als erstes klassisch aktiviert werden und mit deren Hilfe können Sie dann die B-Zellen aktivieren, die die Antikörper machen, und mit deren Hilfe können Sie die Killerzellen aktivieren, die die Virus-befallenen-Zellen direkt eliminieren", erklärt Thiel.

Wenn die T-Zelle schläft, gibt es keine Immunantwort, weil kein Auftrag raus geschickt wird. Und die T-Zellen erkennen das neue Coronavirus, weil sie kreuzreaktive Zellen sind. "Kreuzreaktiv heißt, sie reagieren auf Strukturen, die bei einem endemischen Erkältungs-Coronavirus und dem SARS-Coronavirus-2 gleich sind."

Schutzwirkung unklar

Es gibt also einen Wiederkennungseffekt. Das Virus ähnelt dem alten Coronavirus, das endemisch, also hier örtlich bereits aufgetreten ist, also schlag ich Alarm. Eigentlich könnte man jetzt denken, klar, diese T-Helferzellen schützen Menschen vor dem neuen Virus. Die Forscher sind aber noch vorsichtig mit dieser Aussage. "Was wir nicht zeigen können: schützen solche Zellen nun vor SARS-CoV-2 oder nicht?"

Bislang sehen die Forscher nur, dass die Zellen aktiv werden. Was sie ausrichten, ist aber noch offen. Das wird nun in weiteren Studien untersucht. Das Blut von mindestens 1.000 COVID-19-Genesenen soll dafür  analysiert werden. Und die Forscher der Charité Berlin suchen Personen, die in den letzten Jahren nachweislich mit einem älteren Erkältungs-Coronavirus zu tun hatten, um auch deren Blut zu untersuchen und endgültig zu wissen, was die Kreuzreaktiven T-Helferzellen tatsächlich können.

Link zur Studie

Die Untersuchung ist unter dem Titel "SARS-CoV-2-reactive T cells in healthy donors and patients with COVID-19" im Fachmagazin nature erschienen.

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