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Jadon Sancho hat seinen Elfmeter für England im EM-Finale 2021 verschossen. Bildrechte: imago images/PA Images

FußballEngland hat schon wieder verloren - gibt es den Elfmeterfluch wirklich?

12. Juli 2021, 11:28 Uhr

Zehn Mal stand die englische Fußballnationalmannschaft bislang bei Welt- oder Europameisterschaften im Elfmeterschießen. Nur drei Mal war sie am Ende Sieger. Lastet wirklich ein Fluch auf den "Three Lions"? Sportwissenschaftler aus Köln haben auf der Suche nach einer Antwort bereits nach der letzten WM tausende Strafstöße und Spielelfmeter ausgewertet.

Der Fluch reicht scheinbar weit zurück in der Fußballgeschichte: 1976 und 1978 wurde von UEFA und FIFA das Elfmeterschießen als Methode zum Spielentscheid bei unentschiedenen Spielen eingeführt, seitdem wurden (Stand April 2020) in den Turnieren im laufenden Spiel oder Elfmeterschießen 696 Strafstöße geschossen. Diese Aktionen analysierten Forscher vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule Köln, dazu kamen noch alle Strafstöße in den Ligen von England, Deutschland, Spanien, Italien und den Niederlanden in den Spielzeiten von 2006/07 bis einschließlich 2015/16. Am Ende standen über 4.700 Schüsse vom Punkt auf der Liste der Wissenschaftler. Ihr Ziel: herauszufinden, ob die Engländer wirklich die schlechteren (oder gar die schlechtesten) Elfmeterschützen sind.

Engländer sind statistisch gesehen keine schlechteren Elfmeterschützen

Michel Brinkschulte, Dr. Philip Furley und Prof. Dr. Daniel Memmert kamen zu dem Ergebnis, dass bei Welt- und Europameisterschaften im Elfmeterschießen insgesamt 72 Prozent aller Versuche im Netz landeten, bei aus dem Spiel heraus entstandenen Strafstößen 79 Prozent. Spitzenreiter beim Elfmeterschießen in großen Turnieren sind die Deutschen mit 85 Prozent Treffern. Die Briten liegen zwar hier mit 61 Prozent darunter und auch unter dem Durchschnitt. Statistisch gesehen ist die Abweichung jedoch unbedeutend. Und bei aus dem Spiel heraus geschossenen Strafstößen schneiden die Engländer mit 90 Prozent der Elfmeter bei EM und WM und 75 Prozent in den europäischen Ligen sogar besser ab als der Durchschnitt.

Warum glauben wir an den Elfmeterfluch-Mythos?

EM Finale 2021: Pech für England, Jubel bei Italiens Kapitän Giorgio Chiellini. Bildrechte: imago images/Gribaudi/ImagePhoto

Dafür hat Mitautor Dr. Philip Furley eine psychologische Erklärung: Gerade solche emotional hoch aufgeladenen vergebenen Elfmeterchancen bleiben uns eher in Erinnerung. Das führt zu der Annahme, dass sie häufiger vorkommen, als dies tatsächlich der Fall ist. "Verfügbarkeitsheuristik" heißt die renommierte Theorie der Kognitionspsychologie, die dem zugrunde liegt. Sollen wir etwas beurteilen, haben dafür aber wenig Zeit oder wollen uns nicht tiefergreifend damit auseinandersetzen, nutzen wir das, was wir dazu im Gedächtnis haben. Im Falle des Elfmeterfluch-Mythos eben die Bälle, die danebengingen. Wir verkürzen die Verarbeitungszeit im Gehirn enorm, dabei können aber Urteilsfehler auftreten, wie in diesem Fall.

Weitere Einflussfaktoren sind denkbar, wie der Druck der englischen Boulevardpresse auf die Spieler zum Beispiel.

Prof. Daniel Memmert, Sportpsychologe

Außerdem sei denkbar, dass sich die Fußballer von dem allgegenwärtigen Stereotyp beeinflussen ließen und dann tatsächlich schlechtere Leistungen ablieferten. Die Erklärung dafür: "Stereotype Threat" – stereotype Bedrohung. Vorurteile können die Betroffenen negativ beeinflussen. Oder wie es ein Fan nach dem Spiel sagte: Es stand in den Sternen, dass England bei Elfmeterschießen verliert.

Die Kölner Studie wurde im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

(krm)

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