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Bislang nutzt man vor allem Süß- bzw. Trinkwasser, um Wasserstoff als Energieträger zu produzieren. Künftig könnte "grüner" Wasserstoff aber auch aus der Luft gewonnen werden, sogar mit höherem Wirkungsgrad, sagt eine Studie aus Australien. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Hoher WirkungsgradGrüner Wasserstoff kann aus normaler Luft produziert werden

08. September 2022, 12:54 Uhr

In Australien ist es gelungen, mit Hilfe von Solar- und Windenergie Wasserstoff mit hohem Wirkungsgrad aus der Luft zu extrahieren. Die Herstellung von grünem Wasserstoff wäre damit unabhängig vom Trinkwasservorkommen der jeweiligen Region möglich.

Ohne Wasserstoff werden wir eine Energiewende auf keinen Fall hinbekommen, sagt Prof. Dr. Robert Schlögl, einer der renommiertesten Wissenschaftler auf diesem Gebiet. Dementsprechend viel wird auf der Welt dazu geforscht und entwickelt.
Die Herstellung von Wasserstoff ist dabei mit entscheidenden Fragen verknüpft:
1. Ist es wirklich "grüner" Wasserstoff, der da produziert wird, wird die Elektrolyse also nur durch erneuerbare Energien angetrieben?
3. Kann man den derzeit noch recht niedrigen Wirkungsgrad des ganzen Prinzips vielleicht deutlich erhöhen?
2. Kann eine umfangreiche Produktion gelingen, ohne die Trinkwasserbestände auf der Erde anzuzapfen?

"Ja", "ja" und "ja" lauten die Antworten, wenn man eine neue Studie betrachtet. Ein internationales Forschungsteam hat in Australien Prototypen gebaut, die all das bewerkstelligen. Der eine Prototyp wurde nur mit Sonnenenergie gespeist, der andere nur vom Wind angetrieben. Der Wirkungsgrad liegt dabei deutlich über dem der bisher gängigen Elektrolyseuren. Und (vielleicht am wichtigsten): Bei der neuen Methode wird weder Süßwasser, noch mühsam und teuer aufbereitetes Salzwasser benötigt, sondern man bezieht den Wasserstoff aus der Luft.

Schon ab 4 Prozent Luftfeuchtigkeit

Die Erkenntnisse der Forschungsarbeit dürften vor allem dort aufhorchen lassen, wo es sehr sonnig und trocken ist. Denn die neuen Prototypen arbeiten laut Studie auch in einer Umgebung mit nur vier Prozent Luftfeuchtigkeit effizient. All das deute darauf hin, dass auch in abgelegenen, trockenen Regionen der Erde grüner Wasserstoff mit nur minimalen Umweltauswirkungen und ohne Wasserbedarf hergestellt werden könnte. Das könnte in Zukunft sehr wichtig sein, denn es gebe eine deutliche geografische Übereinstimmung zwischen Süßwassermangel und dem Potenzial für Sonnen- oder Windenergie auf vielen Kontinenten. Zum Beispiel wären selbst Gebiete wie die Sahelzone mit durchschnittlich etwa 20 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit sehr gut geeignet, heißt es in der Studie.

Weltkarte aus der Forschungsarbeit, die die Kombination aus Wassermangel und hohem Solarenergiepotenzial aufzeigt: Je stärker die Rot-Tönung, umso häufiger ist beides gleichzeitig in einer Region vorhanden Bildrechte: G. K. Li et al. / Studie "Hydrogen production from the air"

Kleines Modell mit großer Zukunft?

Aufbau des verwendeten Elektrolyseur-Prototyps. Oben das Solarpanel, daneben die Auffangvorrichtung für den erzeugten Wasserstoff, darunter die fünf gleichartigen Module, die die eigentliche Arbeit verrichten. Bildrechte: G. K. Li et al. / Studie "Hydrogen production from the air"

Wie das aber bei Grundlagenforschung so ist: Sie findet oft erst einmal im Kleinen statt. Die neuen Elektrolyseur-Prototypen sind nicht einmal so groß wie ein erwachsener Mensch. Allerdings ist sich die Forschungsgruppe sicher, dass die verwendeten Module beliebig erweiterbar sind und auch mit großen Solarpanels oder Windturbinen bestückt werden können, am Prinzip würde sich dabei nichts ändern.

Trotzdem wird man abwarten müssen, ob sich diese neue Elektrolyse-Technik auch im großen Maßstab und auf Dauer beweist. Noch ist nicht bekannt, ob es bereits industrielle Interessenten gibt. Aber die theoretische Grundlage für grünen Wasserstoff mit hohem Wirkungsgrad ohne Süßwasserverbrauch scheint nun da zu sein.

Und sie überzeugt auch dadurch, dass im Gegensatz zu bisher üblichen Elektrolyseuren keine seltenen Metalle benötigt werden. Stattdessen wurden für die Elektrolyse verschiedene Salze, Basen und Säuren getestet. Schwefelsäure stellte sich dabei als am wirkungsvollsten heraus. Der Wirkungsgrad sei so deutlich höher als bei herkömmlichen Elektrolyseuren, wie es in der Studie heißt: "Sehr wichtig ist, dass unser Gerät unseres Wissens nach die erste Technologie sein könnte, die das vom US-Energieministerium gesetzte Ziel einer 20-prozentigen Energieausbeute bei der Umwandlung von Sonnenenergie in Wasserstoff übertrifft." Mit den leistungsstärksten Solarpanels wären sogar bis zu 32 Prozent Energieausbeute möglich, schreiben die Autoren aus Australien, China und dem Vereinigten Königreich.

Zur Studie

Gang Kevin Li et al.: "Hydrogen production from the air", erschienen in "Nature Communications"

(rr)