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Frauen schauen anderen Menschen besser bzw. genauer in die "Seele" als Männer. Eine Studie hat gezeigt, dass es in vielen Ländern der Welt so ist. Bildrechte: imago images/Panthermedia

PsychologieInternationale Studie: Frauen haben mehr Empathie als Männer

27. Dezember 2022, 14:43 Uhr

Frauen sind im Durchschnitt besser als Männer in der Lage, sich in andere hineinzuversetzen und sich vorzustellen, was die andere Person denkt oder fühlt. Das hat jetzt eine weltweite Studie nachgewiesen.

Empathie ist ein weites Feld. Aber was die sogenannte "kognitive Empathie" angeht, also die Fähigkeit, auf den ersten Blick zu erkennen, was eine andere Person denkt oder fühlt, wurde nun erneut nachgewiesen: Frauen sind da im Durchschnitt besser als Männer, und zwar in allen Altersgruppen und nahezu weltweit. Zu diesem Ergebnis kommt eine große Studie, die Testergebnisse von mehr als 300.000 Menschen in 57 Ländern ausgewertet hat.

Grundlage für alle Ergebnisse war ein Test, der auf Englisch "Reading the mind in the eyes" heißt, bei dem es also darum geht, nur an den Augen einer Person zu erkennen, wie es ihr geht. Keine andere Mimik, keine Gestik, nur die Augen. Die Probanden bekamen viele Fotos von Augenregionen vorgelegt und mussten das Wort angeben, das am besten beschreibt, was die Person gerade denkt oder fühlt.

Dieser "Augen-Test" wurde erstmals 1997 vom Psychologen Sir Simon Baron-Cohen und seinem Forschungsteam entwickelt und 2001 überarbeitet und hat sich zu einem etablierten Test zur Messung der sogenannten "Theory of Mind" entwickelt. Seither gab es viele Studien, und fast immer schnitten Frauen bei der kognitiven Empathie besser ab als Männer. Aber bislang waren es immer recht kleine stichprobenartige Studien, die keine übergreifende Betrachtung in Bezug auf geografische Herkunft, Kulturkreise und Altersgruppen zuließen. Um das zu ändern, hat nun eine multidisziplinäre Forschungsgruppe unter der Leitung der Universität Cambridge Hunderttausende Daten zusammengeführt und analysiert.

Frauen in mehr als 60 Prozent der Länder deutlich vorn

In 21 der 57 untersuchten Länder schnitten Frauen und Männer beim Augentest ungefähr gleich gut ab. Aber in den anderen 36 Ländern, also einer deutlichen Mehrheit, waren die Frauen klar besser. Hingegen gab es kein einziges Land, in denen die Männer den Frauen überlegen waren. Dieser durchschnittliche Vorsprung der Frauen wurde in allen Altersgruppen von 16 bis 70 Jahren nachgewiesen. "Unsere Ergebnisse sind einer der ersten Belege dafür, dass das bekannte Phänomen, dass Frauen im Durchschnitt empathischer sind als Männer, in einer Vielzahl von Ländern auf der ganzen Welt zu beobachten ist", sagt David M. Greenberg, der leitende Wissenschaftler der Studie. "Erst durch die Verwendung sehr großer Datensätze können wir dies jetzt mit Sicherheit sagen."

Warum es diesen Unterschied zwischen den Geschlechtern gibt, ergründet die Studie nicht, aber die Forscher denken, dass sowohl biologische, als auch soziale Faktoren eine Rolle spielen. Und Sir Simon Baron-Cohen (übrigens Cousin des Komikers Sacha Baron Cohen) betont auch, dass diese Ergebnisse nicht bedeuten, dass jede Frau mehr empathische Fähigkeiten hat als jeder Mann. "Studien über durchschnittliche Geschlechtsunterschiede sagen nichts über den Verstand oder die Fähigkeiten einer Einzelperson aus, da eine Person typisch oder atypisch für ihr Geschlecht sein kann. Der Augen-Test zeigt, dass viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen Schwierigkeiten haben, Gesichtsausdrücke zu lesen."

Nur sind es eben, statistisch gesehen, deutlich mehr Männer, die solche Schwierigkeiten haben.

Links/Studien

Die Studie wird im Journal "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) erscheinen.

(rr)

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