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KlimawandelUnsichtbare Kettenreaktion: Wenn Tiere wandern

06. Juni 2020, 10:37 Uhr

Tiere, die in Meeren leben, passen sich deutlich besser an den Klimawandel an als Landtiere: Woran liegt das und was bedeutet das ganz konkret für Tiere und uns Menschen?

von Anne Sailer

Tiere, die in Meeren leben, passen sich deutlich besser an den Klimawandel an als Landtiere: Welche Folgen hat das für Mensch und Tier? Das beschreibt eine Studie, die das Fachmagazin "nature - ecology & evolution" veröffentlicht hat. Sie zeigt zum einen auf, was passiert, wenn Tiere ihr Verhalten ändern und zum anderen, was das für Konsequenzen hat. Zunächst: Die Meerestiere bewegen sich in Richtung der Pole, also in kältere Meeresgebiete, die Landtiere ziehen nur langsam hinterher. Heike Vesper, die Leiterin des Meeresschutzprogramms für den World Wide Fund For Nature - kurz WWF – Deutschland erläutert die Hintergründe:

Biologin Heike Vesper Bildrechte: Daniel Seiffert-WWF

Das eine ist natürlich, dass sich Landtiere sehr viel schneller frei und ohne Grenzen bewegen, also ohne physische Barrieren. Unterwegs können Siedlungen, Straßen, Gewässer, Berge für manche Tierarten unüberwindbare Grenzen darstellen. Einige Tiere auf dem Land bewegen sich extrem langsam, zum Beispiel Schildkröten. Im Wasser ist es einfacher, weil es nur regional Verbauungen gibt und keine Siedlungen. Natürlich gibt es Schifffahrtsstraßen. Aber da kann man irgendwie vielleicht noch mal drumherum schwimmen.

Heike Vesper, Biologin

Grund für diese Verschiebung der Lebensräume von Wasser- und Landtieren ist die Erwärmung der Lebensräume, wobei die Meere deutlich langsamer warm werden, wie die Studie zeigt.  Noch dazu ist das Meer ein dreidimensionaler Raum, verdeutlicht Heike Vesper. Die haben es dadurch leichter, zum Beispiel Fische:

Fischbestände, die sonst vielleicht noch oberflächennäher wohnen, wechseln in tiefere Wasserregionen. Das kann ein Landtier natürlich nicht. Das ist auf der Erdoberfläche und es wird heiß.

Heike Vesper, Biologin

Umzug geglückt - Überleben gesichert?

Allerdings: Wenn Fische umziehen, heißt das noch lange nicht, dass sie an ihrem neuen Wohnort besser überleben können. Ein Beispiel dafür ist der Dorsch. Er lebt in der östlichen Ostsee. Dem Fisch fehlt während der Vermehrung die Nahrung, also das Plankton, denn das Plankton blüht nun zu einer anderen Zeit, als der Fisch Hunger hat. Ähnlich unglückliche Verkettungen gibt es auch an Land, weiß Heike Vesper.

Das haben wir am Land genauso bei den Zugvögeln. Zum Beispiel die Trauerschnäpper, die bewegen sich nach Tageslänge. Die hat sich nicht verändert. Aber die Insekten, die der Trauerschnäpper frisst, schlüpfen temperaturinduziert, und die hat sich deutlich verändert. Das heißt, wenn der Trauerschnäpper kommt, sind die Insekten schon wieder weg.

Heike Vesper, Biologin

Ähnlich sei es bei Tieren die Winterschlaf halten, wie zum Beispiel der Siebenschläfer. Die wachen der Biologin zufolge deutlich früher auf, weil es in den Wintern nicht mehr so kalt ist. Sie werden dann zu Nesträubern, bei Meisen beispielsweise. So entstehen neue Konkurrenzbeziehungen im Tierreich. Ob und wie die auf Dauer tragfähig sind, wird sich erst zeigen.

Neue Konkurrenz-Beziehungen

Genau wie unter Wasser, zum Beispiel beim Tunfisch, der vermehrt in der südlichen Nordsee geangelt wird. Noch sind es Einzelbesucher, so Heike Vesper, aber es werden mehr.  Was die Nordseefischer begeistert, macht dagegen den Fischern Sorgen, die vorher vom Thunfischfang lebten, in Spanien beispielsweise. Man könnte nun sagen, dass sei ja schön für die Nordseefischer, wenn sie statt Hering und Makrele, die die Kälte brauchen, Thunfisch fangen können. Bringt ja auch mehr Geld ein auf dem Fischmarkt. Nur: Die Fischer, die eigentlich den Thunfisch gefangen haben, haben dann ja keinen Fisch mehr und diese Verkettung reicht sogar noch weiter, wie Heike Vesper ausführt:

Entwicklungsländer in Äquatornähe werden besonders hart betroffen sein, was die Fischerei angeht. Sie sind hoch abhängig vom Fischfang, nicht nur im Sinne von Geld verdienen, weil sie den Fisch verkaufen, sondern auch für die eigene Ernährungssicherung. Die haben oft gar keine andere alternative Eiweißquelle.

Heike Vesper, Biologin

Das sind nun die sozioökonomischen Auswirkungen der Tierwanderung. Und so nehmen die Tiere nur vorweg, was bald auf uns Menschen zukommen wird. Die Umwelt- und Klimamigration von Millionen von Menschen.

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