Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
Klima & UmweltMedizinPsychologieWeltraumGeschichteNaturwissenschaftBildung
Bildrechte: Colourbox.de

PartnerschaftsforschungGibt es das Rezept für eine glückliche Beziehung?

28. September 2020, 10:53 Uhr

Zu Beginn einer Beziehung weiß man nie, wie lange sie dauern wird. Datingplattformen geben mit Algorithmen zumindest einen Hinweis, wer überhaupt zueinander passen könnte. Wissenschaftler aus Jena wollen nach diesem Vorbild herausfinden, ob sich so auch die Dauer einer Partnerschaft voraussagen lässt. Kann das funktionieren? Und was sagen eigentlich Paare dazu, die ganz ohne Forschung glücklich ihr Leben geteilt haben?

Als sich die Steinigers kennen lernten, gab es noch kein Internet. Und auch keine Dating-Portale, die ihre Chancen als Paar ausgerechnet hätten. Gefunkt hat es trotzdem. Seit 66 Jahren sind sie nun verheiratet und hatten von Anfang an ein gutes Gefühl. Um herauszufinden, ob sie Gemeinsamkeiten haben, brauchten sie keine Matrix. "Wir gingen tanzen und machten lange Spaziergänge," sagt Ehemann Martin. Und sene Frau Liselotte setzt nach: "Wir haben über alles Mögliche geredet und festgestellt: Wir bleiben zusammen."

Dr. Christine Finn erforscht, ob man die Dauer einer Beziehung vorhersagen kann. Bildrechte: MDR

Beide sind jetzt fast 90 Jahre alt. Geschichten wie ihre gibt es viele. Sie erzählen von gemeinsamen Plänen, Interessen und Wünschen. Doch lässt sich schon zu Beginn einer Beziehung erkennen, ob sie hält? Die Psychologin Dr. Christine Finn von der Uni Jena hat dazu mit ihrem Team in einer Langzeitstudie genaueres erforscht. 2.000 Probanden nahmen daran teil. Sie alle waren zu Studienbeginn in einer festen Partnerschaft. Sieben Jahre lang wurden sie von den Wissenschaftlern immer wieder befragt. Viele der Beziehungen hatten sich im Laufe der Zeit gefestigt. 16 Prozent der Paare hatten sich getrennt. Ihr Konfliktpotential hatte deutlich zugenommen. Psycholgoin Dr. Christine Finn erläutert die Hintergründe: "Sie waren unzufriedener und wollten diese Beziehung auch nicht unbedingt langfristig führen. Das hat sich im Laufe der Zeit verstärkt."

Wachsende Unzufriedenheit, angestaute Probleme und zunehmende Vorwürfe führen irgendwann zum großen Knall. Und der lässt sich dann auch durch lange Gespräche nicht mehr entschärfen. Psychologen und Paartherapeuten weisen immer wieder darauf hin, wie wichtig die Kommunikation für eine Beziehung ist. Das kann ein anderes Langezeitpaar aus Halle bestätigen. Charlotte und Wolfgang Hoffmann sind fast 90 Jahre alt. Verheiratet sind sie seit 64 Jahren. Und sie gehen nicht schlafen, bevor die Unstimmigkeiten ausgeräumt sind und sie sich ausgesprochen haben.

Da sagt der eine mal 'Nein' und der andere 'Ja'. Da überzeugen wir uns dann irgendwie gegenseitig.

Charlotte, seit 64 Jahren mit Wolfgang verheiratet

Wir kommen immer auf den Punkt zurück, dass wir uns einig werden. Das wird ausdiskutiert.

Wolfgang, Charlottes Mann

Spätestens hier entscheidet sich, ob eine Beziehung eine Chance hat, ist sich Psychologin Christine Finn sicher. Es geht um die Fähigkeit der Partner, mit Konflikten umzugehen.

Das miteinander reden ist ganz wichtig. Sobald man merkt, man ist unzufrieden. Und dann gemeinsam zu schauen, wie man das überwinden kann.

Dr. Christine Finn, Studienleiterin

Redebedarf gibt es auch beim Ehepaar Steiniger immer wieder. In guten wie in schlechten Zeiten. Dann sprechen sie aber bewusst nicht von Krisen in der Beziehung, sondern von schwierigen Lebensphasen. Als sie sich zum Beispiel um die Gesundheit eines ihrer Kinder gesorgt hatten.

Das sind schwere Situationen, durch die wir gemeinsam durchgekommen sind. Weil wir gemeinsam überlegt haben, was können wir tun und wie geht es weiter in der Familie.

Martin

Wir können uns aufeinander verlassen. Der eine ist für den anderen da, wenn irgendetwas ist.

Liselotte

Ähnliches Glücksniveau als Basis

Wer Schwierigkeiten gemeinsam überwindet, dessen Beziehung wächst daran. Wenn allerdings die Partner hier keinen gemeinsamen Weg finden und vielleicht schon vorher nicht von der Beziehung überzeugt waren, wird es knifflig. Beziehungsforscherin Christine Finn nennt die Erwartung an die Beziehung Glücksniveau. Je ähnlicher dieses Niveau zu Beginn der Beziehung, desto besser. Das belegt auch die Studie:

Die Paare, die zusammen geblieben sind, hatten ähnliche Bedürfnisse nach Nähe und nach Unabhängigkeit. Die sich getrennt haben, waren sich da eher unähnlich.

Dr. Christine Finn, Beziehungsforscherin

Doch die Liebe geht manchmal ganz ungewöhnliche Wege, müssen die Forscher einschränken. Denn das Glücksniveau kann sich durchaus im Laufe der Jahre angleichen. Etwa dann, wenn ein Kind die Beziehung bereichert oder ein besonderer Urlaub neue Perspektiven eröffnet. Und sogar die Erfahrung einer gescheiterten Beziehung kann helfen, danach den richtigen Partner zu finden, sagt die Wissenschaftlerin.

Man hat trotzdem wertvolle Erfahrungen gesammelt. Man weiß dann vielleicht: Worauf sollte ich achten, damit die Konflikte, die wir jetzt hatten, nicht auch in der nächsten Beziehung auftreten.

Cr. Christine Finn

Die Hoffmanns und Steinigers aus Halle haben nicht die Wissenschaft gebraucht, um eine glückliche und dauerhafte Beziehung aufzubauen. Und auch keine Dating-Plattformen. Zwei Tipps geben sie allen Anfängern aber mit auf den Weg: Das Geld auf ein gemeinsames Konto und niemals über das Ende einer Beziehung reden.

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen