Mond PhobosSonnenfinsternis: Auf dem Mars bis zu dreimal täglich
Weil der Marsmond Phobos eng und schnell um seinen Planeten kreist, ist dort praktische jeden Tag irgendwo eine Sonnenfinsternis. Die hat dann direkte Auswirkungen auf den Boden, zeigen Daten der Marssonde InSight. Deren Seismometer registriert jede Finsternis - und kippt dabei zur Seite.
Der Effekt ist klein, aber deutlich: Zieht der Marsmond Phobos am Tag über die Landestelle der Nasa-Sonde InSight hinweg, dann kippt das Seismometer der Sonde ein winziges Stück zur Seite. Forscher der ETH Zürich berichten über dieses rätselhafte Phänomen jetzt im Fachblatt "Geophysical Research Letters" und präsentieren eine Theorie zur Erklärung.
Viele aber kurze Sonnenfinsternisse auf dem Mars
Phobos ist deutlich kleiner als unser Mond und umkreist seinen Planeten enger und schneller. Er zieht in nur 6.000 Kilometern Entfernung über die Marsoberfläche und braucht für eine Umrundung nur rund 7 Stunden 40 Minuten. Zum Vergleich: Zwischen Erde und Mond liegen im Schnitt 384.400 Kilometer.
Deshalb ist auf dem Mars wesentlich öfter Sonnenfinsternis als bei uns. Pro Jahr gibt es an fast jedem Punkt auf der Oberfläche mindestens eine solche Finsternis, die dann bis zu sieben Mal direkt nacheinander stattfindet. "Allerdings sind die Eklipsen auf dem Mars kürzer, sie dauern nur 30 Sekunden und die Bedeckung ist nie vollständig", sagt Simon Stähler, Seismologe am Institut für Geophysik der ETH Zürich.
Finsternisse haben Auswirkungen auf Planetenoberfläche
Interessanterweise hat eine solche Sonnenfinsternis Auswirkungen auf das Seismometer der Mars-Sonde InSight. Die ist im November 2018 in der Region "Elysium Planitia" gelandet und soll unter anderem neue Erkenntnisse über die Aktivität im Inneren des Mars liefern. Dazu haben Forscher der ETH Zürich das Erdbebenmessinstrument gebaut. Das aber liefert jetzt auch ein Signal bei dem Himmelsphänomen.
Nicht überrascht sind die Forscher davon, dass Finsternisse Auswirkungen auf die Oberfläche haben. Das passiert auch bei uns. "Auf der Erde misst man bei einer Sonnenfinsternis einen Temperaturabfall und rasche Windböen, weil die Atmosphäre jeweils an einer Stelle kälter wird und sich die Luft von dort weg bewegt", sagt Seismologe Stähler.
Schwerkraft von Phobos kann nicht die Ursache sein
Bei der Mars-Sonnenfinsternis am 24. April, die die Forscher jetzt näher untersucht haben, stellten InSights Solarzellen auch eine Reduktion des Sonnenlichts um 30 Prozent fest. Doch das Wetter blieb gleich, Winde veränderten sich nicht. Nur das Seismometer kippte minimal zur Seite.
Die Gravitation von Phobos als Ursache schließen die Wissenschaftler aus. Dann müsste das Seismometer auch reagieren, wenn der Mond nicht direkt über InSight hinwegfliegt, aber nah vorbei. Doch das Instrument reagiert ausschließlich auf Finsternisse.
Abkühlung des Bodens durch Sonnenfinsternis
Deshalb vermuten die Forscher, dass der Boden abkühlt, wenn der Schatten von Phobos über die Oberfläche zieht. Durch die Abkühlung komme es zu einer minimalen Verformung und die sei Ursache für das Kippen des Instruments, schreiben die Forscher.
Tatsächlich bestätigt der Infrarotsensor von InSight, dass sich der Marsboden während der Finsternis um zwei Grad abgekühlt hat. Die Kältewelle drang während der 30 Sekunden nur wenige Millimeter tief in den Boden ein, das reichte aber offenbar aus, um das Seismometer leicht zu kippen.
Ein Experiment auf der Erde macht diese Erklärung plausibel: Bei einem Seismometer Test in einem Bergwerk wurde vergessen, eine Glühbirne auszuschalten. Deren Licht reichte aus, um den Granitboden so zu erwärmen, dass das Seismometer ganz leicht kippte.
Phänomen könnte helfen, mehr Daten über Phobos Umlaufbahn zu gewinnen
Die Wissenschaftler überlegen jetzt, wie sich der gemessene Effekt für weitere Forschungen nutzen lässt. So könne man damit etwa noch genauere Daten über Phobos Umlaufbahn gewinnen. Die wiederum könnten künftigen Missionen dienen. 2024 etwa will die Japanische Weltraumagentur JAXA Sonden zu Phobos und dem etwas weiter draußen kreisenden Deimos schicken. Bessere Daten würden die Erfolgschancen dieser Missionen verbessern.
Phobos wird sich im Lauf der kommenden 30 bis 50 Millionen Erdenjahre immer langsamer um den Mars drehen und irgendwann auf den Planeten herabstürzen.
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