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Sepsis-DiagnoseBlutvergiftung: Sensor kann Keime in Blutproben schnell erkennen

15. Oktober 2021, 13:34 Uhr

Auch Bill Clinton hat es im Oktober 2021 nach einer Harnwegsinfektion erwischt: Eine Sepsis. Die Blutvergiftung gilt als unterschätzte Gefahr, obwohl sie in Deutschland dritthäufigste Todesursache sind. Über einen Infektionsherd gelangen Keime in den Körper und überschwemmen ihn explosionsartig. Eine rechtzeitige Diagnose ist überlebenswichtig. US-Forscherinnen und Forscher haben Sensoren entwickelt, mit denen das Blut schnell und kostengünstig untersucht werden kann.

von Katrin Tominski

Oft dringen sie unbemerkt über einen Infektionsherd ein und verbreiten sich über den Blutkreislauf im gesamten Organismus: Krankheitserreger, die sich dadurch explosionsartig vermehren, können bei einer offenen Sepsis schnell lebensbedrohlich werden. Oft zählt jede Stunde Behandlung mit einem Antibiotikum, damit Patienten überleben und die Erkrankung ohne Langzeitschäden überstehen.

Allerdings: Die schnelle Diagnose einer Sepsis – auch als Blutvergiftung bekannt – ist nur möglich, wenn verschiedene Werte im Blut gleichzeitig analysiert werden. "Die Messung nur eines Biomarkers lässt oft keine eindeutige Diagnose zu", erklärt Donald Ingber, Leiter des multidisziplinären Teams an der Harvard University. Jahrzehntelang habe man dafür gekämpft, die Diagnose mit mehreren Biomarkern gleichzeitig zu entwickeln, ohne das Blut verarbeiten zu müssen. Dies sei zeitaufwändig und kostspielig. Zudem könnten wichtige Informationen verloren gehen.

Schnelle Diagnose zu geringen Kosten

Wie die Harvard University mitteilte, ist es jetzt gelungen, mehrere Blut-Biomarker zur Diagnose von Sepsis nicht nur gleichzeitig, sondern auch schnell und äußerst genau zu analysieren. Die elektrochemische Sensortechnologie "eRapid" des "Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering" ermöglicht demnach einen "empfindlichen, spezifischen und multiplexen Nachweis von Blut-Biomarkern zu geringen Kosten".  

Mit einer neuartigen Graphen-Nanokomposit-basierten Oberflächenbeschichtung sei es möglich, drei verschiedene Sepsis-Biomarker gleichzeitig zu analysieren. Die Ergebnisse einer entsprechenden Studie wurden in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift "Advanced Functional Materials" veröffentlicht.

Was sind Biomarker?Sie gelten als Whisteblower des Körpers: Biomarker sind Eigenschaften und Merkmale, die bei jedem Menschen gemessen werden können und Auskunft über den Zustand des Körpers und seiner Funktionen geben. Zu Biomarkern gehören zum Beispiel der Blutdruck, die Körpertemperatur, der Blutzucker- oder Cholesterinwert. Doch auch Veränderungen im Erbgut sind Biomarker, ebenso wie bestimmte Zellen und Hormone und Eiweiße, die man im Blut oder im Urin messen kann. Biomarker spielen in der Medizin und insbesondere in der Diagnostik eine wichtige Rolle. Für die Diagnose von Sepsis ist es wichtig, möglichst viele verschiedene Biomarker gleichzeitig zu messen. Quelle: Stiftung Gesundheitswissen

Mehrere Blut-Biomarker können gleichzeitig analysiert werden

"In dieser Studie haben wir einen wichtigen Schritt zum Einsatz unserer elektrochemischen Sensorplattform zur schnellen und empfindlichen Detektion mehrerer Analyten in menschlichem Vollblut gemacht", erläutert Donald Ingber, Direktor des Wyss-Institut der Universität in Harvard. Weil die entwickelte Beschichtung so kostengünstig sei, habe sie das Potenzial, die sogenannte Point-of-Care-Diagnostik zu revolutionieren. Damit könnten neben Sepsis-Biomarkern auch eine "breitere Palette" von Biomarkern analysiert und damit weitere Krankheiten diagnostiziert werden, so der Wissenschaftler.

Forscherteam entwickelt auch Diagnostik für COVID und Herzinfarkte

Das Team der Forscherinnen und Forscher entwickelt den Angaben zufolge mit der neuen Sensor-Technologie auf Basis der Nanokomposit-Beschichtung auch Point-of-Care-Diagnostik für COVID, traumatische Hirnverletzungen, Herzinfarkt und viele andere Erkrankungen. Der Oberbegriff des 'Point of Care Testing' meint die dezentrale, patientennahe Labordiagnostik direkt am Krankenbett, in der Notfallambulanz, im Operationssaal oder schon am Unfallort. Diese Diagnostik spielt auch in den Praxen der niedergelassenen Ärzte zunehmend eine Rolle. Auch Selbsttestsysteme, mit denen Patienten beispielsweise ihre Diabetestherapie steuern oder den Gerinnungsstatus bestimmen, gehören zu den POCT-Produkten.

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