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Schwefel mit seiner hohen Speicherkapazität ist das Kernelement für die vielversprechenden Lithium-Schwefel-Festkörperbatterien. Bildrechte: Fraunhofer IWS

Lithium-Schwefel-FestkörperbatterieDresdner Forscher arbeiten an Super-Akkus für E-Autos und E-Luftfahrzeuge

12. März 2022, 05:00 Uhr

Mehr Energie pro Kilogramm und obendrein sicherer. Festkörperbatterien mit dem günstigen und speicherfreudigen Kernelement Schwefel gelten als Batterien der Zukunft. Am Fraunhofer IWS in Dresden forscht man auf dieser Grundlage am Super-Akku für E-Autos und E-Luftfahrzeuge. Am Ende soll die leichteste, wiederaufladbare Batterietechnologie der Welt stehen.

Ohne Lithium-Ionen-Batterien wäre die gegenwärtige Elektro-Mobilität nicht vorstellbar. Die Energiedichte (Energieinhalt pro Kilogramm) dieser Akkus ist höher als bei den meisten anderen serienreifen Batterietypen. Obwohl grundsätzlich zuverlässig, reagieren Lithium-Ionen-Batterien empfindlich auf Kälte und Hitze sowie vollständiges Entladen oder Überladen. Ein weiterer Schwachpunkt ist der flüssige Elektrolyt dieser Batterien, über den die Lithium-Ionen zwischen positiver und negativer Elektrode (Kathode und Anode) bewegt werden. Flüssigelektrolyte arbeiten zwar schnell, sind aber auch leicht entzündbar und können im schlimmsten Fall Batterie-Explosionen und Brände verursachen.

Festkörperbatterien sind sicherer

Ingenieure der Sandia National Laboratories in den USA untersuchen eine Lithium-Ionen-Batterie in einer Batterie-Testkammer. Bildrechte: Rebecca Gustaf/Sandia National Laboratories

Als sicherere Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien gelten deshalb Festkörperbatterien, auch als Feststoffbatterien bezeichnet. Bei ihnen wird der entflammbare Flüssigelektrolyt zwischen den Elektroden durch einen feuerfesten Festelektrolyten aus Keramik ersetzt. Auch dieser Festelektrolyt transportiert die Lithium-Ionen relativ schnell. Allerdings funktioniert die anschließende Weiterleitung der Ionen zu den Elektroden nicht so gut wie bei Flüssigelektrolyten. Dadurch wird die Energiedichte von Festkörperbatterien reduziert. US-Forscher haben nun nachgewiesen, dass man die Leistung von Feststoffbatterien durch das Aufbringen von flüssigem Elektrolyt auf die positive Elektrode (Kathode) steigern kann, ohne die Sicherheit der Batterien spürbar zu vermindern.

Lithium-Metall-Anoden

Eine Forscherin des Fraunhofer IWS mit einer Lithium-Metall-Anode. Bildrechte: Siegfried Michael Wagner

Am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden verfolgt man einen ganz anderen Ansatz, um die Energiedichte von Festkörperbatterien zu erhöhen. Wie die übrige "Batteriewelt" sehen die Forscher der IWS-Abteilung Chemische Oberflächen- und Batterietechnik unter ihrem Leiter Dr. Holger Althues in Lithium-Metall-Anoden die "Schlüsselelemente für die Batteriesysteme der Zukunft". Ein Verfahren zur Herstellung dünner Lithium-Anoden hat das Team bereits vor Jahren entwickelt und in Lithium-Schwefel-Batterien eingesetzt. Dabei erreichten die IWS-Forscher Energiedichten von mehr als 400 Wattstunden pro Kilogramm. Zum Vergleich: Die besten Lithium-Ionen-Batterien kommen derzeit auf 250 Wattstunden pro Kilogramm.

70 Prozent höhere Energiedichte

Dr. Holger Althues, Abteilungsleiter Chemische Oberflächen- und Batterietechnik am Frauenhofer IWS. Bildrechte: Fraunhofer IWS Dresden

Zwar ließe sich durch den Einsatz von Lithium-Metall-Anoden anstelle der bisher verwendeten Kohlenstoff-Anoden auch die Energiedichte von Lithium-Ionen-Batterien steigern. Wegen der leicht entzündbaren Flüssigelektrolyte dieser Batterien wäre das jedoch zu unsicher. Bei den Festelektrolyten von Festkörperbatterien sieht das anders aus. Zudem haben die Dresdner IWS-Forscher errechnet, dass Festkörperbatterien mit einer Lithium-Metall-Anode die Energiedichte heutiger Lithium-Ionen-Batterien um mehr als 70 Prozent überbieten könnten. Bis es soweit ist, sind allerdings noch eine Reihe von Problemen zu lösen. Unter anderem gilt es zu verhindern, dass sich metallische Lithium-Abscheidungen auf den Anoden zu Stacheln (Dendrite) auswachsen, die zu Kurzschlüssen in den Batterien führen können.

Poröser Kohlenstoff zur Lithium-Speicherung

Am Frauenhofer IWS will man einen stabilen Einsatz von Lithium-Metall-Anoden in Festkörperbatterien dadurch erreichen, dass man poröse Kohlenstoffe als Gerüst für die metallischen Lithium-Abscheidungen nutzt, wie Abteilungsleiter Althues erklärt. Zwar würden bereits die heutigen Kohlenstoff-(Grafit)-Anoden als Gerüst für die Aufnahme bzw. Abgabe von Lithium-Ionen dienen. Deren Speicherkapazität sei aber begrenzt, sagt Althues, um jedoch hinzuzufügen: "Gelingt es, metallisches Lithium in den Poren des Kohlenstoffs zu bilden, kann die Speicherkapazität des Materials um ein vielfaches höher sein. Dennoch hat man den Vorteil des Gerüsts, welches verhindert, dass Lithium unkontrolliert - zum Beispiel als Dendrit - wächst und die Zelle zerstört."

Die wissenschaftlichen Grundlagen für das patentierte Konzept der "reversiblen Lithiumspeicherung in offenem porösem Kohlenstoff" wurden bereits gelegt und seine Machbarkeit in einer gerade in ScienceDirect veröffentlichten Studie von Wissenschaftlern der TU Dresden, des Fraunhofer IWS Dresden, des Max-Planck-Instituts Potsdam sowie der Uni Jena aufgezeigt.

Lithium-Schwefel-Festkörperbatterie

Lithium-Schwefel-Feststoffbatterie in mehrlagigen Pouchzellen. Bildrechte: Fraunhofer IWS

Unterdessen forschen Althues und seine Kollegen am Frauenhofer IWS bereits daran, wie sie die Konzepte der vielversprechenden Lithium-Schwefel-Batterie und der Festkörperbatterie zusammenfügen können. Ziel ist die Entwicklung von Lithium-Schwefel-Feststoffbatterien und deren industrielle Anwendung. Das Industrie-Abfallprodukt Schwefel ist dabei nicht nur besonders günstig, sondern besitzt auch eine sehr hohe Speicherkapazität. Das Ergebnis ist eine höhere Energiedichte von Lithium-Schwefel-Batterien gegenüber herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien. Elektrofahrzeuge mit Lithium-Schwefel-Batterien haben deshalb potentiell höhere Reichweiten. Obendrein sind Lithium-Schwefel-Batterien leichter, was sie unter anderem für Anwendungen in der Elektro-Luftfahrt prädestiniert.

Leichteste, wiederaufladbare Batterietechnologie

Mit den derzeit in Lithium-Schwefel-Batterien eingesetzten Flüssigelektrolyten ist das jedoch nicht möglich. Grund sind die von den Flüssigelektrolyten verursachten unerwünschten Nebenreaktionen, die eine geringe Lebensdauer der Batteriezellen zur Folge haben. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes SoLiS arbeiten die Batterietechniker des Fraunhofer IWS Dresden daran, die wissenschaftlichen Grundlagen des vielversprechenden Batteriekonzepts in reale Batteriezellen zu transferieren. Ziel ist die Entwicklung einer "Lithium-Schwefel-Feststoffbatterie in mehrlagigen Pouchzellen" für die industrielle Anwendung.

Der zuständige IWS-Abteilungsleiter Althues ist zuversichtlich: "Erste Ergebnisse sind vielversprechend: Das System hat das Potential die spezifische Energie nochmals zu steigern und zur leichtesten, wiederaufladbaren Batterietechnologie zu werden."

Zwar sei aktuell klar, dass es keine Personenflüge auf Mittel- und Langstrecken durch batteriebetriebene Flugzeuge geben werde, da auch Lithium-Schwefel-Batterien dafür zu schwer seien, betonte Althues. Der Markt sei hier erstmal auf kleine Flugzeuge, Drohnen, Lufttaxis beschränkt. Allerdings würden die Lösungsansätze rund um die Lithium-Metall-Anode auch für alle anderen Elektrofahrzeuge einen großen Nutzen bieten.

(dn)