Wissen NewsNachhaltiges Palmöl: In Deutschland schwer zu vermitteln
Palmöl polarisiert. Seine Produktion kann der Umwelt schaden, doch der Bedarf wächst zusehends und ist schwer mit anderen Ölen zu kompensieren. Nachhaltiger Anbau ist möglich, aber in Deutschland schwer zu vermitteln.
Besonders in Importländern wie Deutschland genießt Palmöl einen schlechten Ruf, assoziieren es doch viele Menschen mit Waldrodungen, der Zerstörung von Lebensräumen und dem Verlust der Artenvielfalt. Naturschutzorganisationen warnen vor dem Stoff, für dessen Herstellung oft große Regenwaldflächen abgeholzt werden und dadurch etwa der Lebensraum von Orang-Utans zerstört wird. Doch Palmöl ist aus der Lebensmittelherstellung kaum wegzudenken, ist es doch wichtige Zutat in Gebäck, in pflanzlich hergestellter Margarine und in vielem mehr.
Palmöl: Weltweit steigender Bedarf auch durch Krieg in der Ukraine
Weltweit steigt daher der Bedarf nach Palmöl, neben wachsenden Volkswirtschaften und Bevölkerungen, sind dafür auch der wegen des russischen Angriffskriegs lahmgelegte Export von Sonnenblumenöl aus der Ukraine ursächlich. Studien zeigen aber: Wollte man Palmöl jedoch beispielsweise durch Rapsöl ersetzen, bräuchte es die vier- bis fünffache Anbaufläche, bei Sojaöl gar die sechsfache. Die Soja- und Rapsernten würden zudem, bedingt durch den Klimawandel, schlechter ausfallen, stellten Forscher bereits 2021 fest.
Eine Alternative wäre die nachhaltige Herstellung von Palmöl. Doch hat Palmöl, für das keine Wälder gerodet werden, überhaupt eine Chance, bei den Verbrauchern? Kann nachhaltiges Palmöl den schlechten Ruf überwinden? Das wollten Forschende der Universität Göttingen wissen und untersuchten das Verständnis und die Einstellung der Öffentlichkeit zur umstrittenen Zutat in Deutschland.
Versuchsteilnehmer bevorzugen "frei von Palmöl" gegenüber "nachhaltiges Palmöl"
Dabei erforschten die Wissenschaftler, wie sich zusätzliche Informationen über die Landnutzung und Zertifizierungssiegel für nachhaltiges Palmöl auf die Ansichten der 1.200 Befragten und deren Kaufverhalten auswirkte. Die Ergebnisse zeigten, dass Produktinformationen und Etiketten Menschen verwirren und fehlleiten können. So bevorzugten sie die Angabe "frei von Palmöl" gegenüber dem Siegel für nachhaltige Herstellung, auch nachdem sie zusätzliche Informationen zu den Vorteilen von Palmöl gegenüber den Alternativen, auch mit Hinblick auf die Veränderungen der Landschaftsnutzung, erhielten.
"Die Menschen haben nur wenig Zeit, um die sozialen, ökologischen oder gesundheitlichen Eigenschaften von Produkten abzuwägen", sagt Sophie-Dorothe Lieke vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung der Universität Göttingen. "Unsere Untersuchungen zeigen, dass viele mit den Informationen überfordert sind und sich eine klare und zuverlässige Orientierung wünschen. Dabei könnte ein Umwelt-Label helfen, das die Unterschiede der Produktionssysteme aufgreift und dazu beiträgt, dass die Menschen fundierter über die Auswirkungen ihrer Einkäufe auf die Umwelt entscheiden können."
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pm/jar
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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | 19. April 2023 | 15:15 Uhr
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