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MDR-ResteretterUmfrage: Überall werden zu viele Lebensmittel weggeworfen – außer bei mir

01. Oktober 2021, 17:02 Uhr

Das Bewusstsein für Lebensmittelverschwendung ist riesig. Fast alle finden es blöd, wenn Essen in die Tonne geschmissen wird. Nur mit sich selbst geht man nicht ganz so hart ins Gericht. Das zeigt eine MDR-Befragung.

Ja, die Einleitung dieses Artikels ist einseitig. Sie trifft bei weitem nicht auf all die 20.638 Menschen zu, die sich gegenüber MDRfragt – dem Meinungsbarometer für Mitteldeutschland – zum Thema Lebensmittelverschwendung geäußert haben.

Aber es fällt auf, dass es aus statistischer Sicht nicht wenige Menschen geben dürfte, die in etwa folgende Gedankenkette haben: "Es gibt definitiv zu viel Lebensmittelverschwendung in Deutschland. Dem Handel muss das unbedingt verboten werden. Ja, auch ich werfe relativ regelmäßig Essen weg. Aber ich habe mein Verhalten da schon verbessert. Zu viel ist es jedenfalls nicht. Und ich tue es immer aus gutem Grund."

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Natürlich darf man so denken. Vielleicht hat man damit Recht. Es könnte aber auch ein Zeichen sein, dass man bei "den anderen" strengere Maßstäbe anlegt als bei sich selbst. Die Zahlen, die uns zu dieser Einschätzung führen, sind folgende:
96 Prozent finden, dass in Deutschland zu viel Essen in der Tonne landet. 53 Prozent werfen nach eigenen Angaben selbst relativ regelmäßig Lebensmittel weg. Aber nur 28 Prozent finden, dass sie es zu oft tun.

Es gibt freilich noch ganz andere Aspekte in dieser Befragung, die herausstechen. Zum Beispiel, dass drei Viertel der Menschen gern mehr Geld bezahlen, wenn es sich um nachhaltige Lebensmittel handelt. Oder, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum für die wenigsten das Kriterium der Wahl ist, wenn es ums Wegschmeißen geht.

Auffällig bei allen beantworteten Fragen ist, dass es kaum einen Unterschied macht, ob die Befragten in der Stadt oder auf dem Land zu Hause sind und in welchem der drei Bundesländer sie leben. Auch zwischen den Geschlechtern sind die Unterschiede relativ gering. Die größten "Unstimmigkeiten" gibt es zwischen den verschiedenen Altersgruppen.

Einstellung zum Wegwerfen von Lebensmitteln

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Wie schon erwähnt herrscht große Einigkeit bei der Meinung, dass in Deutschland zu viele Lebensmittel weggeworfen werden. Die Befragten selbst allerdings zählen sich nicht mehrheitlich zu den Mitverursachern. Nur 28 Prozent finden, dass sie selbst zu viel wegwerfen. Auffällig ist dabei der Unterschied zwischen Alt (12 %) und Jung (45 %).

Wenn Sie sich mit den gelben Schaltflächen durch die Diagramme klicken, werden Sie außerdem sehen, dass 49 Prozent aller Befragten angaben, sie hätten ihr Verhalten in den letzten Jahren geändert, um weniger Lebensmittel wegzuwerfen. Auch hier klafft zwischen Alt (36 %) und Jung (68 %) eine große Lücke.

Man könnte also bilanzieren: Je älter die Menschen sind, umso weniger verschwenden sie Lebensmittel. Und umso weniger finden sie auch, dass sie etwas ändern müssen. Das klingt logisch.

Wie oft, was und warum wird weggeworfen?

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Die eingangs erwähnten 53 Prozent, die relativ regelmäßig Lebensmittel wegwerfen, sind hier im ersten Diagramm zu finden. Sie setzen sich aus den Gruppen zusammen, die täglich, mehrmals pro Woche, mehrmals pro Monat oder mehrmals pro Jahr Lebensmittel entsorgen.

Im zweiten Diagramm dieser Gruppe haben wir Altersgruppen und Geschlechter gemeinsam aufgeführt. So wird schnell deutlich, dass Männer zwar etwas seltener Lebensmittel wegwerfen, aber der Geschlechterunterschied keine so große Rolle spielt wie der Altersunterschied. Eine große Mehrheit von 70 Prozent der Über-65-Jährigen gibt an, so gut wie nie etwas wegzuwerfen. Bei den 16- bis 29-Jährigen tun das nur 17 Prozent.

Brot und Backwaren sind die Spitzenreiter, was das Wegwerfen angeht, danach folgen Obst und Gekochtes bzw. Zubereitetes. Hauptgrund fürs Wegwerfen ist mit großem Abstand, dass das jeweilige Lebensmittel verschimmelt oder verdorben ist. Unterschiede zwischen den Altersgruppen gibt es. Am auffälligsten dabei dürfte sein, dass es älteren Menschen viel seltener passiert, dass sie zu viel Essen machen, wodurch sie dann Reste wegschmeißen müssten.

Die richtige Planung

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Eine große Mehrheit der Menschen geht sehr bewusst an die Essensplanung heran. Einkaufen, über die eigenen Vorräte Bescheid wissen, gute Lagerung, Einfrieren - kaum etwas wird dem Zufall überlassen. Auch hier gilt wieder: Je älter die Menschen sind, umso mehr tun sie das alles. Und: Auf dem Land wird offenbar mehr eingefroren als in der Stadt. Diese spezielle Frage brachte tatsächlich den größten Unterschied zwischen diesen beiden Regionen - mit gerade einmal sechs Prozentpunkten.

Mindesthaltbarkeitsdatum eher unwichtig

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Das Mindesthaltbarkeitsdatum allein ist für nahezu niemanden der Grund, Lebensmittel wegzuwerfen. Nur fünf Prozent gaben an, dass dies ihr hauptsächliches Kriterium sei. Weit mehr gehen nach Aussehen und Geruch des Lebensmittels. Und eine Mehrheit schaut auf beides gleichermaßen. Insgesamt spielt das Mindesthaltbarkeitsdatum nur für 30 Prozent eine relativ große Rolle.

Je nachhaltiger, desto besser

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Bei Stichworten wie Regionalität, Saisonalität und Verpackung herrscht weitgehend Einigkeit unter den Befragten. Jeweils eine große Mehrheit gibt an, beim Lebensmittelkauf auf diese Punkte zu achten. Also: Das Lebensmittel sollte aus der eigenen Region und der aktuellen Jahreszeit stammen, und es sollte lose oder zumindest mit möglichst wenig Plastik verpackt sein.

All das kann man unter dem Schlagwort "Nachhaltige Lebensmittel" zusammenfassen. Und befragt, ob sie bereit wären, dafür mehr Geld auszugeben, antworteten 76 Prozent mit "ja" oder "eher ja".

Aufgaben für die Politik

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Abschließend durften die Befragten noch zu Themen Stellung nehmen, die sie nicht selbst beeinflussen können, sondern bei denen die Politik gefragt wäre. Hier herrschte wieder weitgehend Einigkeit, dass Maßnahmen, die Lebensmittelverschwendung verhindern, gut sind. Vor allem dann, wenn der Endverbraucher dadurch nicht belastet wird. Händlern und Produzenten darf das Wegwerfen gern verboten werden, findet die Mehrheit. Lebensmittel aber willkürlich teurer zu machen, um Verschwendung vorzubeugen, sei nicht der richtige Weg

(rr)

Hier können Sie sich alle Diagramme gebündelt und ohne Text ansehen. Und unter dem folgenden Link können Sie sich die schriftliche und grafische Umfrage-Auswertung von MDRfragt als PDF-Datei herunterladen.

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