Coronavirus NachweisAlternative zum PCR-Test: kostengünstig und ebenso zuverlässig
Dresdner Forscher entwickeln aktuell eine günstigere, schnellere und ebenso zuverlässige Alternative zum PCR-Test auf Basis spezieller Chips. Neben Corona könnten damit auch weitere Viren, wie Grippe getestet werden.
Deutschland hat ein Problem bei den Corona-Tests. Die Kapazitäten für die PCR-Tests sind im Vergleich zu unseren Nachbarländern relativ gering, zudem sind die Kosten für Tests wegen der benötigten Chemikalien und des Personal- und Geräteaufwands hoch. Aufgrund des sprunghaften Anstiegs der Infektionen durch die Omikron-Variante könnten die PCR-Tests im Land bald nicht mehr ausreichen. Deshalb diskutiert die Politik gerade, den Zugang zu den Tests zu beschränken und notfalls in Einzelfällen auf die weniger zuverlässigen Antigen-Schnelltests auszuweichen. Das könnte dazu führen, dass einerseits ansteckende Infizierte nicht zuverlässig erkannt werden, andererseits der Überblick über die Entwicklung des Infektionsgeschehens vollends verloren geht. Das wäre ein enormes Problem.
Zuverlässig wie PCR, einfach wie Schnelltests: LAMP-Verfahren der TU Dresden
Bei der schnellen Bewältigung dieser Herausforderung kann die Arbeit von Forschern von der Technischen Universität Dresden zwar wahrscheinlich nicht mehr helfen. Aber bei kommenden Coronawellen oder anderen Viruskrankheiten könnte der Test, den die Wissenschaftler um die Professoren Andreas Richter (Mikrosystemtechnik), Mario Menschikowski (Laboratoriumsmedizin) und Alexander Dalpke (Virologie) gerade entwickeln, einen entscheidenden Vorteil bieten. Das sogenannte Verfahren "Multiplex- LAMP" soll Viren in einer Probe so zuverlässig erkennen wie ein PCR-Tests, aber so schnell und einfach durchführbar sein, wie ein Antigenschnelltest. LAMP kombiniere die Vorteile beider Verfahren, sagt Richter im Gespräch mit MDR-WISSEN. Der Freistaat Sachsen und die EU haben die Forschung daher aus einem Programm zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen finanziert.
PCR-Tests: Notwendiges Labor-Equipment kostet mehrere hunderttausend Euro
Wie bei einem PCR-Test prüft auch LAMP, ob in einer Probe Viruserbgut vorhanden ist. Bei der PCR funktioniert das über die sogenannte Polymerase-Kettenreaktion, bei der die im Abstrich von Infizierten vorhandene Virus-RNA in DNA umgewandelt und danach in einem aufwändigen Verfahren vervielfältigt wird. Richter: "Dafür benötigen sie in einem Labor einerseits einen Pipettierroboter, der gut und gerne 500.000 Euro kostet. Anderseits brauchen Sie teure Reagenzien um den Test chemisch vorzubereiten und durchzuführen." In einem sogenannten Thermocycler werde die Probe dann in 20 bis 30 Zyklen erwärmt und abgekühlt.
Lab-on-Chip: Das Chemielabor auf einem Mikrochip
Der LAMP-Test hingegen arbeite mit einer Art Lab-on-Chip-Technologie. Dabei werden Komponenten für chemische Tests auf Mikrochips verbaut. Transistor-ähnliche Bauteile und Schaltungen berechnen auf dem Chip den Test und führen ihn so optimal durch. "Diese Chips ersetzen den Roboter des PCR-Tests komplett", sagt Richter.
LAMP: 90 Prozent weniger Reagenzien und Ergebnis in 20 Minuten
Im Endeffekt seien für die Durchführung eines LAMP-Tests daher nur ein Zehntel der Menge der Nachweischemikalien nötig, die ein Labor für die PCR benötige. Außerdem komme der Test ohne das aufwendige Laborequipment und Fachpersonal aus und könne daher auch in Testzentren, Arztpraxen oder Apotheken genutzt werden. "Ich würde auf jeden Fall eine kontrollierte Umgebung mit geschultem Personal empfehlen, aber sogar ein Einsatz zuhause wäre denkbar", sagt Richter. Wenn der Test ausentwickelt ist, soll er innerhalb von 20 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis liefern.
LAMP kann alle möglichen Viren nachweisen
Langfristig könnte der von den Dresdner Forschenden entwickelte Virus-Test so deutlich günstiger werden als die PCR-Methode. Allerdings wird es wohl noch etwas dauern, bis aus dem Forschungsprojekt ein Verfahren für die Anwendung in der breiten Praxis geworden ist. Bis zum Ende des Jahres 2022 soll ein Prototyp demonstrieren, dass das LAMP-Verfahren zuverlässig funktioniert. Außerdem soll ein Unternehmen ausgegründet werden, das den Test bis zur Marktreife führt. Dem aktuellen Mangel an Testkapazitäten können die Forscher daher nicht mehr abhelfen. Aber bei kommenden Infektionswellen oder anderen Viruserkrankungen könnte die Entwicklung helfen, bessere Daten zur Verbreitung eines Erregers zu bekommen. Wie die PCR ist auch Multiplex-LAMP nicht auf ein bestimmtes Virus festgelegt, sondern könnte neben Sars-CoV-2 auch Influenza, RSV oder andere Erreger erkennen.
(ens)
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