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TierforschungJahresrückblick Juli: Dürfen wir Vögel im Garten füttern?

21. April 2022, 16:20 Uhr

Nicht nur Corona – auch Vulkane, Vögel, Planeten, Spinnen und Ähnliches fesselten unsere Leser in diesem Jahr. MDR WISSEN zeigt im Jahresrückblick 2021 die beliebtesten Artikel jedes Monats abseits von Corona. Im Juli gaben Wissenschaftler eine neue Antwort auf die scheinbar banale Frage: Dürfen wir die Vögel in den Gärten und Parks füttern? Tun wir ihnen etwas Gutes oder machen wir sie abhängig vom Menschen?

Füttern oder nicht? Es ist eine Grundsatzfrage, auf die die Forscher um Jim Rivers vom College of Forestry der Oregon State University/USA jetzt eine neue Antwort geben – und mittlerweile ist es auch eine Frage, die mit viel Geld verbunden ist. Denn es betrifft weltweit vermutlich hunderte Millionen Vogelfreunde, in den USA 50 Millionen, so Rivers. Die finanzieren damit allein in den Vereinigten Staaten eine vier Milliarden Dollar schwere Industrie, die sich auf Futter und Zubehör spezialisiert hat. Doch das Ergebnis der aktuellen Studie dürfte alle Vogelfreunde beruhigen.

"Wir wissen noch nicht viel darüber, ob die Fütterung durch Menschen Veränderungen in Wildvogelpopulationen bewirken könnte," sagt Tierökologe Jim Rivers, "aber unsere Studie legt nahe, dass das Ausbringen von Futter für kleine Vögel im Winter nicht zu einer erhöhten Abhängigkeit von menschlichem Futter führt."

Wie haben die Forscher das herausbekommen?

Jim Rivers und seine Kolleginnen Lisa Ganio und Janel Lajoie von der Oregon State University untersuchten dafür die Futtergewohnheiten von 67 Schwarzkopfmeisen, einer in Nordamerika weit verbreiteten Meisenart. Die wurden dafür einer von drei Flugfeder-Clipping-Behandlungen unterzogen: starkes Clipping, leichtes Clipping oder, als Kontrolle, kein Clipping. Dieses Clipping, die experimentelle Entfernung von primären Flugfedern, ist den Forschenden zufolge eine etablierte Technik, um die Flügelbelastung zu ändern und die Energiekosten des Fluges zu erhöhen.

Die Vögel wurden mit Chips versehen und die Futterhäuschen mit Chiplesegeräten. Bildrechte: Jim Rivers, OSU

Außerdem erhielten die Tiere RFID-Chips und es wurden 21 Vogelfutterhäuschen entlang einer 3,2 Kilometer langen Uferzone mit Sonnenblumenkernen gefüllt und mit Chip-Lesegeräten ausgestattet, um die Besuche der markierten Vögel zu messen. Da die nur 15 Gramm schweren Schwarzkopfmeisen bei jedem Besuch meist nur einen Kern mitnehmen, war es "eine ideale Art, um zu bewerten, wie energetische Herausforderungen zu Verhaltensänderungen bei der Futternutzung im Winter führen", sagte Rivers. "Unsere Studie ergab, dass die experimentell behinderten Meisen, die erhöhte Flugkosten hatten, ihre Besuchsraten bei den Futterstellen nicht erhöhten."

Stunde der Gartenvögel33 Vögel pro Garten, aber weniger Insektenfresser

mit Video

Weder bei der Anzahl der Besuche noch bei der Menge der aufgenommenen Nahrung fand das Team erkennbare Unterschiede zwischen gestutzten und nicht gestutzten Meisen. Das bedeutet, dass die Meisen mit den gestutzten Flügeln ihren erhöhten Energiebedarf jenseits der Futterstellen decken konnten. Dabei hätten sie am meisten von dem angebotenen Futter profitieren können, so Rivers. Für ihn und seine Kolleginnen ist das der Nachweis, dass es trotz des menschlichen Futterangebotes keine Abhängigkeit gibt.

Ist die Diskussion damit beendet?

Vermutlich nicht. Auch wenn das Lager der Futterfreunde jetzt ein Argument mehr hat, neben der Tatsache, dass das Füttern auch positive Auswirkungen auf die Körperkondition der Vögel haben kann, oder dafür sorgt, dass die Tiere überleben und sich fortpflanzen können. Denn die andere Seite bleibt – die mit den unbeabsichtigten Folgen für freilebende Tierpopulationen. Rivers: "Auf der negativen Seite kann es beispielsweise die Übertragung von Krankheiten erleichtern, lokale Gemeinschaften umstrukturieren und das Zugverhalten verändern. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass es zu Veränderungen der Schnabelstruktur von Vögeln führen kann."

Link zur Studie

Die Studie über das Futterverhalten der Schwarzkappen-Meisen ist im Journal of Avian Biology erschienen.

gp

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