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Auf der Lauer nach dem Wild: Auch Jäger zählen Tiere. Bildrechte: MDR/Frank Menzel

Inventur in der NaturWildtiermonitoring: knifflige Schätzung für Forscher und Jäger

23. Februar 2021, 09:51 Uhr

Wie viel Wild ist eigentlich in unseren Wäldern unterwegs? Schwer zu sagen, denn: Die Tiere sind immer in Bewegung. Sie zu zählen, ist dementsprechend kompliziert. Forscher in Mitteldeutschland setzen dabei auf neue Technologien – Jäger dagegen führen eine altbewährte Statistik.

von Inka Zimmermann

In Frauenwald am Rennsteig untersucht Matthias Neumann, wie sich die Rotwild-Population entwickelt. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Thünen-Institutes will er herausfinden, wie viel Rotwild auf seiner 230 Hektar großen Forschungsfläche lebt. Auf eine Wildbestandshöhe zu kommen, sei nicht einfach, weil die Tiere sich bewegen und verstecken, sagt Matthias Neumann.

Matthias Neumann erforscht Rotwild Bildrechte: MDR/Frank Menzel

Wildtiere lassen sich nicht so einfach zählen, sondern wir können lediglich versuchen, mit unterschiedlichen Methoden die ungefähre Größenordnung dessen, was im Wald eigentlich lebt, zu bestimmen

Matthias Neumann

Wildtierbeobachtung via Telemetrie

Seit 15 Jahren erforscht er die Wildtiere in Frauenwald mittels Telemetrie: Einzelne Tiere werden mit Sendern ausgestattet. So kann nachvollzogen werden, wann sich die Tiere wohin bewegen. Das Verhalten der Wildtiere wird beobachtbar.

Um einen Überblick über die Anzahl der Wildtiere zu bekommen, nutzen die Forscher mittlerweile Wärmebildkameras. Mit einem Ultraleichtflugzeug fliegen sie über den Wald - dabei fotografieren sie den Boden. Bei der Auswertung der Bilder wird untersucht, hinter welchem Wärmefleck welches Tier steckt. Allerdings sind auch hier lediglich Schätzungen möglich: Von einer kleineren Stichprobe entdeckter Tiere werden Vermutungen über die Gesamtpopulation abgeleitet. Alle im Wald vorhandenen Wildtiere zu finden, ist unmöglich.

Zählung bei der Jagd

Auch Jägerinnen und Jäger zählen Wildtiere – allerdings meistens erst, wenn sie tot sind. Im Fachjargon spricht man von der sogenannten "Jagdstrecke". Auch Tiere, die bei Verkehrsunfällen sterben, werden hier erfasst. Diese Jagdstatistik wird schon seit Jahrzehnten geführt. Das Ziel: Der Fangerfolg pro Fläche und Zeitaufwand soll langfristig ebenfalls Aussagen über die Population ermöglichen. Wenn mit gleichem Aufwand auf gleicher Fläche mehr Rehe erlegt werden, dann muss es auch mehr Rehe geben, so die Logik der Statistik.

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Während die Zahl der Wildschweine und Rehe laut Jagdstatistik enorm steigt, sieht es für andere Arten weniger rosig aus. Das hat einen einfachen Grund: Wildschweine und Rehe gehören zu den Gewinnern der Kulturlandschaft. Ihr Lebensraum hat sich in den vergangenen Jahren stetig vergrößert, weil sie auf industriell bewirtschafteten Feldflächen ein Überangebot an Nahrung finden. Harte Winter, die die Tiere früher dezimiert haben, bleiben zunehmend aus.

Feldhasen sind auf der Roten Liste

Deutlich größer als Rehe: Rothirsch mit Hirschkuh Bildrechte: imago images/blickwinkel

Optisch den Rehen ähnlich, aber weit weniger verbreitet sind Damwild und Rotwild. Beide Arten leben ausschließlich im Wald und profitieren daher nicht so sehr vom Futterangebot auf den angrenzenden Agrarflächen. Wichtig für das Rotwild sind große, zusammenhängende Waldstücke. Besonders schlimm steht es derzeit um den Feldhasen: Er wird mittlerweile auf der Roten Liste gefährdeter Arten geführt.

Zählung mit dem Scheinwerfer

Durch die Zunahme von Monokulturen in der Landwirtschaft wird es für den Feldhasen zunehmend schwierig, die richtige Nahrung zu finden. Außerdem kann er sich auf großen, abgemähten Flächen nur schwer verstecken – so wird er schnell zur Beute für Füchse, Marderhunde und Raubvögel. Weil Feldhasen sich tagsüber verstecken, versuchen Forscher, nachts mittels "Scheinwerferzählung" zu ermitteln, wie viele Feldhasen es gibt.

Scheinwerferzählung: Was ist das?

Die Scheinwerferzählung ist eine wissenschaftlich anerkannte Methode, um Feldhasen zu zählen. Dazu fährt man eine festgelegte Strecke im Revier mit dem Auto ab und beleuchtet mit einem Scheinwerfer das sogenannte Offenland (Felder, Wiesen, Weiden). Dabei werden Hasen und andere Tiere gezählt und es wird festgehalten, wo sie sich aufgehalten haben. Dass im Frühjahr mehr Hasen gezählt werden als im Herbst, liegt wahrscheinlich daran, dass sie im Frühjahr aktiver und deshalb besser zu finden sind. Trotz einer minimalen Fehlerquote gelten die Daten aus der Scheinwerferzählung als so belastbar, dass sie zum Beispiel auch vom Bundesumweltamt genutzt werden.

Die Feldhasenzählung hat auch noch einen anderen Hintergrund: Er steht als "Botschafter-Art" für einen wertvollen Lebensraum. Parallel zum Bestand der Feldhasen schrumpft auch der Bestand an Rebhühnern und Kiebitzen, die sich mit dem Hasen den Lebensraum teilen. Deswegen versucht auch die Europäische Union, den Feldhasen mit dem sogenannten "Greening-Programm" zu retten: Wenn Landwirte ihre Felder abwechslungsreicher bestellen und Wiesen bewahren, gibt es dafür Geld.

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