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Stand-Up Paddler auf dem Berliner Schlachtensee. Das Gewässer war in den vergangenen Jahren immer wieder von Zerkarien betroffen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Saugwurm-LarvenRote Quaddeln nach dem Baden im See? Zerkarien sind in Mitteldeutschland verbreitet

23. September 2023, 17:55 Uhr

Wer aktuell die letzten warmen Tage am See nutzt und danach rote Flecken oder Quaddeln auf der eigenen Haut feststellt, könnte sich die "Enten-Dermatitis" eingefangen haben. Der Ausschlag ist unangenehm, aber in der Regel nicht gefährlich. Er wird durch Zerkarienlarven verursacht.

Warnhinweis für Badegäste vom Gesundheitsamt Mecklenburg-Vorpommern. Bildrechte: Dehli News

Wer aktuell die letzten Spätsommertage am See verbringt, kann sich eine sogenannte "Bade-Dermatitis" einfangen. Für die Hautreaktion mit juckenden, roten Quaddeln verantwortlich sind Zerkarien, die Larven einer Saugwurm-Art. Weil die Larven eigentlich hauptsächlich Enten und andere Wasservögel befallen, spricht man auch von der "Enten-Dermatitis". "Zerkarien sind in Mitteldeutschland durchaus verbreitet", sagt der Hydrobiologe Thomas Berendonk von der Technischen Universität (TU) Dresden. Mit ihnen rechnen müsse man vor allem in flachen, bewachsenen Uferregionen.

Zerkarienlarven befallen auch die Haut des Menschen

Gerade in den späten Sommermonaten kommen Zerkarien häufiger vor, betont Thomas Berendonk. Wenn es bis in den Herbst so warm bleibt wie aktuell, verlängere sich die Saison der Tiere, und deshalb könne man auch im September noch in Kontakt mit den Larven kommen, denn dann finde ihr Vermehrungszyklus statt: Die Larven sind auf der Suche nach einem Wirt.

Eigentlich sind Zerkarien auf Wasservögel als Hauptwirt spezialisiert, aber weil sie nicht zwischen verschiedenen Warmblütern unterscheiden können, befallen die Larven auch die Haut des Menschen. Sie versuchen, sich in die Haut einzubohren, bleiben beim Menschen allerdings in der Hautoberfläche stecken und sterben nach kurzer Zeit ab. Der erste Kontakt mit den Larven bleibt meistens symptomlos, hin und wieder können aber auch nach wenigen Minuten bis zu einer Stunde leichter Juckreiz und Hautausschlag auftreten. Es zeigen sich beispielsweise rote Quaddeln – meistens an den Körperstellen, die nicht von Badekleidung bedeckt waren.

Solche roten Quaddeln können durch Zekarien nach dem Baden entstehen. Charakteristisch ist ein starker Juckreiz. Bildrechte: IMAGO/Pond5 Images

Mitunter entstehen Allergien gegen Zerkarien

Durch den Erstkontakt mit Zerkarien kann eine Allergie entstehen, die bei erneutem Kontakt mit den Larven zu starken Hautreaktionen führen kann, auch noch bis zu 24 Stunden nach dem Baden. Meist zeigt sich das als juckender, knotig-fleckiger Ausschlag. In seltenen Fällen können ein allergischer Schock und Fieber auftreten. Nach zehn bis zwanzig Tagen heilt der Ausschlag in der Regel wieder ab. Quaddeln sollten auf keinen Fall aufgekratzt werden, außerdem kann ein Antihistamin womöglich lindernd wirken.

Im Wasser selbst überleben Zerkarien nur zwei bis drei Tage, deshalb halten sie sich meist an der Wasseroberfläche auf, um einen Wirt zu finden. Treffen sie auf einen Wasservogel, durchbohren sie die Haut des Tieres. Sie leben dann in den Venen der Vögel und wachsen dort zu ein bis zwei Meter langen Würmern heran.

Zerkarien entwickeln sich in Wasservögeln zu Würmern. Zur Verbreitung brauchen sie als Larven aber auch Süßwasserschnecken. Bildrechte: MDR/Pia Schlentzek

Die weiblichen Würmer legen innerhalb des Wasservogels ihre Eier ab, die wiederum über den Kot der Tiere ins Wasser gelangen. Die Eier entwickeln sich im Wasser zu Larven, die dann innerhalb weniger Stunden eine Süßwasserschnecke finden müssen, in der sie sich weiter zur Zerkarie entwickeln. Bei Wassertemperaturen über zwanzig Grad schwärmen die Zerkarien aus der Schnecke aus und suchen einen neuen Endwirt. Gerade nach Schönwetterperioden werden dann besonders viele Fälle von "Bade-Dermatitis" registriert. So nennt man die Reaktion der menschlichen Haut auf die Lebewesen. Sehen kann man Zerkarien übrigens nicht, die Lebewesen sind circa 0,8 Millimeter lang.

Natur-Badeseen mit Uferpflanzen sind Zerkarien-Hotspots

Weil Zerkarien für ihre Entwicklung auf die spezifische Kombination aus Wasservögeln und Schnecken angewiesen sind, fühlen sie sich in naturnahen kleinen Badeseen mit viel Uferbewuchs besonders wohl, sagt Thomas Berendonk: "Das ist aber sicherlich bei nährstoffreicheren Seen häufiger der Fall, als beispielsweise in unseren sächsischen Bergbaurestseen. Die sind eher nährstoffarm, da hat man das Problem nicht so." Wer eine "Bade-Dermatitis" vermeiden will, kann darauf achten, sich nach dem Baden besonders gut und gründlich abzutrocknen, außerdem empfiehlt sich ein schneller Wechsel der Badekleidung.

"Gewässer, die als Badegewässer ausgeschrieben sind, werden außerdem regelmäßig auf Zerkarien überprüft", betont Thomas Berendonk. In Sachsen seien das rund 30 Stück. Bei allen anderen Badeseen merkt man womöglich erst hinterher, dass man in Kontakt mit Zerkarien gekommen ist. Der Hydrobiologe empfiehlt: "Wenn man beispielsweise sieht, dass andere Menschen an diesen Gewässern Vögel füttern, ist es sicher nicht sinnvoll, dort in den Sommermonaten in bewachsenen Bereichen baden zu gehen." Vögel zu füttern, sei im Zusammenhang mit Zerkarien ohnehin problematisch. An Seen mit starkem Befall diskutiere man auch darüber, ob man die Tiere regelmäßig verscheuchen solle, um die Situation zu entschärfen.

Der Klimawandel könnte die Zerkarien-Population beeinflussen

Wenn die Wassertemperaturen in unseren Seen künftig durch den Klimawandel steigen und es länger warm bleibt, verlängert sich vermutlich auch die Zerkarien-Saison. Ein konkreter Zusammenhang zwischen Klimaerwärmung und Zerkarien-Befällen sei allerdings seines Wissens noch nicht dokumentiert, sagt Thomas Berendonk.

Eine Gefahr für Hunde, die im See baden, besteht nach Thomas Berendonks Ansicht übrigens nicht. Deren Fell verhindert, dass Zerkarien sich anheften und schützt die Tiere.

Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Links/Studien

Informationen zu Zerkarien gibt es häufig von den Gesundheitämtern. Zu empfehlen ist dieser umfassende Artikel der Landesverwaltung von Schleswig-Holstein.

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