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Für die einen eine Ziegelsteinmauer. Für die anderen ein riesiger Akku. Bildrechte: imago images/Panthermedia

Alternative StromspeicherSind Ziegelsteine die neuen Akkus?

20. August 2020, 12:20 Uhr

Sie gehören zu den billigsten und bekanntesten Baumaterialien, die überall auf der Welt genutzt werden: Ziegelsteine. Doch damit ist ihr Potential längst nicht erschöpft, sagen Chemiker aus den USA. Denn Ziegelsteine können auch Energie speichern – elektrische Energie.

Dass Steine Energie speichern können, ist nicht neu. Auch in Deutschland gibt es Projekte, Wind- oder Solarstrom in Steinen zu speichern. Dabei passiert in großem Maße das, was wir seit Jahrzehnten als Nachtspeicherheizung kennen.

Billiger oder überschüssiger Strom wird genutzt, um Gestein zu erhitzen. Im Fall eines Großprojektes etwa, das in Hamburg umgesetzt wird, sind es 1.000 Tonnen Vulkangestein. "Im Grunde nehmen wir Strom, wandeln das in Wärme um, speichern die Wärme und machen später aus der Wärme wieder Strom", erklärt Hasan Özdem vom Windradhersteller Siemens Gamesa, der die Anlage betreibt, im Deutschlandfunk. Der Wirkungsgrad ist allerdings nicht besonders gut. Nur 25 bis 30 Prozent der Energie bleiben erhalten – fast drei Viertel gehen also verloren.

Strom direkt im Stein speichern

Doch Wärme ist nur eine Möglichkeit, Energie in Steinen zu speichern. Könnte man nicht den Teil mit der Wärme aus der Gleichung entfernen und die elektrische Energie direkt im Stein speichern? Ja, sagt ein Forscherteam der Washington University St. Louis (USA). Die Veröffentlichung des Teams um den Assistenzprofessor Julio M. D’Arcy und seinen Doktoranden Hongmin Wang ist ein sogenanntes Proof-of-Concept, also der Nachweis, dass etwas funktioniert.

"In dieser Arbeit haben wir eine Beschichtung aus dem leitenden Polymer PEDOT entwickelt, das aus Nanofasern besteht, die das innere poröse Netzwerk eines Ziegels durchdringen. Eine Polymerbeschichtung bleibt in einem Ziegel eingeschlossen und dient als Ionenschwamm, der Elektrizität speichert und leitet", sagte D'Arcy in einer Mitteilung der Uni.

Energie für Notbeleuchtung

Der von Chemikern der Washington University in St. Louis entwickelte Ziegelstein versorgt eine grüne Leuchtdiode mit Energie. Bildrechte: D'Arcy laboratory, Department of Chemistry, Washington University in St. Louis

Man könnte also eine Solaranlage anschließen und dann den Strom von dort direkt im Stein speichern, so die beiden Chemiker. Schon 50 Steine ​​würden reichen, "die Notbeleuchtung fünf Stunden lang mit Strom zu versorgen", so D’Arcy. Oder die Wand dient als Superkondensator, der jede Stunde tausende Mal aufgeladen werden kann. "Wenn Sie ein paar Steine ​​anschließen, können Mikroelektroniksensoren problemlos mit Strom versorgt werden."

Die strukturelle Stabilität und die offene Mikrostruktur eines Ziegels führen zu mechanisch robusten PEDOT-beschichteten Ziegelelektroden, die in Reihe geschaltet und mit Epoxid beschichtet ein stabiles stationäres wasserdichtes Superkondensatormodul erzeugen.

Studie

Superkondensator heißt hier, dass die Steine nach Angaben der Forscher bereits jetzt bis zu 10.000 Mal geladen werden können. Die Energiemenge, die sie speichern können, ist dagegen jedoch sehr gering. Sie liegt bei nur einem Prozent - im Vergleich zu der in einer Lithium-Ionen-Batterie gleicher Größe gespeicherten Energie. D’Arcy und Wang hoffen aber, die Energiespeicherkapazität dieser Ziegel durch Experimente mit Materialien wie Metalloxiden zu verbessern.

Material für wenige Cent

Die Methode funktioniert nach Angaben der Forscher mit ganz normalen Ziegeln "oder recycelten Ziegeln, und wir können auch unsere eigenen Ziegel herstellen", so Julio D'Arcy. "Tatsächlich stammt die Arbeit, die wir in Nature Communications veröffentlicht haben, von Ziegeln, die wir hier in Brentwood (Missouri) bei Home Depot gekauft haben. Jeder Ziegel kostete 65 Cent."

Link zur Studie

Die Untersuchung ist unter dem Titel "Energy storing bricks for stationary PEDOT supercapacitors" im Magazin "Nature Communications" erschienen.

(gp)

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