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Einer DLRG-Studie zufolge fühlen sich fast zwei Drittel aller Kinder unsicher im Wasser. Bildrechte: picture alliance/dpa | Frank May

Kein SchwimmunterrichtImmer mehr Kinder können nicht schwimmen

15. Mai 2023, 05:00 Uhr

Ein Thema taucht regelmäßig in den Medien auf: Viele Kinder können nicht richtig schwimmen. Auch die Corona-Pandemie hat da Anteil, weil die Bäder geschlossen blieben. Vom Sächsischen Kultusministerium hieß es nun, dass pro Pandemiejahr knapp 10.000 Schülerinnen und Schüler keinen Schwimmunterricht erhalten haben. Macht in Summe etwa 28.000 neue Nichtschwimmer. Der Nachholbedarf ist also enorm. Nur wenn das Problem lange bekannt ist, warum bekommt man es dann so schlecht in den Griff?

Ein erfrischender Sprung ins kühle Wasser. Das ist längst nicht für alle entspannt. Das kann Peter Pattke aus eigener Erfahrung sagen. Er ist Präsident des Sportlehrerverbandes Sachsen und unterrichtet selbst an einem beruflichen Gymnasium in Leipzig. Dort hat er lange auch Schwimmstunden gegeben: "Punkt Nummer eins ist, dass viele mit Angst kommen. Das heißt, sie schwimmen ungern. Das freie Schwimmen lässt nach und es werden Dinge erfunden, warum man nicht ins Wasser geht. Wenn man dahinter stößt, merkt man, dass die Schüler eine Schere im Kopf haben, weil sie das Gefühl haben, nicht sicher schwimmen zu können."

Das, was Peter Pattke für die Jugendlichen in seinen Kursen beschreibt, fängt schon im Grundschulalter an.

20 Prozent der Grundschulkinder sind Nichtschwimmer

Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, kurz DLRG, hatte im vergangenen Jahr eine Studie in Auftrag gegeben. Verbandssprecher Martin Holzhause fasst die Ergebnisse zusammen: "Dabei kam heraus, dass 20 Prozent der Kinder im Grundschulalter nicht schwimmen können und knapp 60 Prozent der Kinder nicht sicher im Wasser sind. Unsere Befragung durch Forsa hat auch ergeben, dass Kinder aus ärmeren Verhältnissen, also mit einem geringeren Haushaltsnettoeinkommen, deutlich häufiger nicht schwimmen können."

Die Ursachen sind vielschichtig und teilweise zu komplex, als dass sie von heute auf morgen behoben werden könnten: Die Pandemie-Jahre spielen eine Rolle, weil der Schwimmunterricht häufig ausgefallen ist. Aber auch der Lehrkräftemangel und die Schließung zahlreicher Bäder.

Immer mehr Schwimmbäder müssen schließen

Von einem regelrechten Bädersterben ist mitunter die Rede. Die meisten Schwimmbäder in Deutschland stammten aus den 60er-Jahren und der Sanierungsstau sei hoch, erklärt Holzhause: "Wenn dann dringend Sanierungsbedarf besteht, wird das Bad geschlossen, weil es die Kommune nicht mehr finanzieren kann und auf diesem Weg haben wir Hunderte Bäder verloren, sodass wir schon vor der Corona-Pandemie gemerkt haben: Es gibt Engpässe in der Schwimmausbildung, Schwimmunterricht in den Schulen." Das führe dann dazu, dass weniger Kinder schwimmen könnten.

Die stark gestiegenen Energiepreise machen den Betrieb der Schwimmbäder nicht günstiger und als im Winter in manchem Becken die Temperatur abgesenkt wurde, seien wiederum Anfängerkurse ausgefallen, sagt Wolfram Sperling, Präsident des Sächsischen Schwimmverbandes: "Temperaturen von 24, 25, 26 Grad sind schon ein Problem für Kinder, das durchzustehen ohne Unterkühlung."

Um zumindest den coronabedingten Rückstand aufzuholen, hat das sächsische Kultusministerium Gutscheine ausgegeben, die die Eltern selbstständig bei Schwimmvereinen einlösen können. Prinzipiell eine gute Sache, meint Sportlehrer Pattke. Die Vereine seien aber teilweise schon über Monate ausgebucht. Und der Schwimmunterricht gehöre eigentlich in die Schule. Denn nur sie erreiche alle Kinder.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Mai 2023 | 06:00 Uhr

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