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Komplett zerstört: Dieser Zigarettenautomat wurde gesprengt. Bildrechte: Christian Essler

MDRklärtSo viele Zigarettenautomaten werden in Mitteldeutschland angegriffen

03. März 2023, 15:44 Uhr

Martin Schwarz ist Betriebsleiter der Tabakwarenvertriebsgesellschaft Thüringen. Seine Firma stellt Zigarettenautomaten in ganz Mitteldeutschland auf. Besonders in Thüringen werden diese immer wieder angegriffen und zerstört. Welche hohen Kosten das bereits für sein Unternehmen verursacht hat und was er vermutet, wieso die Zahl der Angriffe auf die Automaten steigt.

  • Betriebsleiter Martin Schwarz von der TVT Elxleben erlebt nahezu täglich, dass Zigarettenautomaten seiner Firma angegriffen werden.
  • Besonders in Thüringen ist die Zahl der Angriffe in den vergangenen Jahren stark gestiegen – in Sachsen-Anhalt und Sachsen gibt es viele Fälle, aber keinen Anstieg.
  • Schwarz vermutet, dass immer mehr Zigarettenautomaten kaputt gemacht werden, weil die Täter aufgrund der steigenden Preise Geld brauchen.

Für ihn ist es lange kein Einzelfall mehr – trotzdem ist seine erste Reaktion auf einen zerstörten Zigarettenautomaten meistens die gleiche: "Heulen", sagt Martin Schwarz, Betriebsleiter der TVT Elxleben. Seine Firma aus Thüringen ist nach eigenen Aussagen eine der zwei großen Unternehmen, die Zigarettenautomaten in Mitteldeutschland betreiben. Neben ihnen gebe es noch Wolf Tabakwaren mit Sitz in Thüringen, Sachsen und Franken. "Wir haben mittlerweile einen eigenen Verwaltungsapparat für die zerstörten Automaten geschaffen. Im vergangenen Jahr haben wir knapp unter einer Million Euro Verlust gemacht deshalb", erzählt Martin Schwarz weiter.

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Zu dieser Verlusthöhe komme es wegen des Schadens am Automaten selbst, des Warenwerts der zerstörten und geklauten Zigaretten und der Personalkosten (zum Beispiel, wenn ein Team den kaputten Automaten abholen und wieder reparieren muss). Schwarz schätzt, dass ein Zigarettenautomat allein über 3.000 Euro kostet – die Anzahl der enthaltenen Zigarettenpackungen darin variiere: "Je nachdem, wie gut frequentiert ein Automat ist, packen wir mehr oder weniger Schachteln hinein. Darin befindet sich also ein Warenwert zwischen 500 und 2.000 Euro." Das Problem, so der Betriebsleiter weiter: "Das deckt keine Versicherung ab" und die Anzeigen bei der Polizei hätten nur minimalen Erfolg.

Wir haben mittlerweile einen eigenen Verwaltungsapparat für die zerstörten Automaten geschaffen. Im vergangenen Jahr haben wir knapp unter einer Million Euro Verlust gemacht deshalb.

Martin Schwarz | Betriebsleiter der TVT Elxleben

Schadenssumme am Beispiel eines LKA-Falls

Dass die Schadenssumme je nach Automat und Inhalt variiert, bestätigt auch das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt auf Anfrage des MDR. Wie eine Sprecherin erklärt, kann bei einer Sprengung eines Automaten von etwa 3.000 bis 4.000 Euro ausgegangen werden. Außerdem gibt die Sprecherin ein Beispiel aus einem ausgewerteten Ermittlungsvorgang, bei dem der Schaden so beziffert wurde:

  • Waren-/Geldverlust: 1.168 Euro
  • Geräteschaden: 2.300 Euro
  • Monteurkosten: 500 Euro
  • Anfahrtskosten: 20 Euro
  • Gesamtschaden: 3.988 Euro

Statistik: Angriffe auf Zigarettenautomaten

Aber wie häufig erlebt Martin Schwarz kriminelle Taten auf die über 4.000 Automaten seiner Firma? "Wir telefonieren täglich mit den Behörden", beginnt er zu erklären und meint damit vor allem die Polizei. Denn alleine im vergangenen Jahr seien über 300 Automaten der TVT Elxleben von Sprengungen, Beschädigungen und Diebstahl betroffen gewesen. 200 davon etwa in Thüringen, die anderen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und an der Grenze zu Bayern. Die Anzahl der zerstörten Automaten sei in den letzten Jahren stark gestiegen, meint Schwarz.

So viele Zigarettenautomaten gibt es in Deutschland

Laut Bundesverband Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller werden – Stand 2021 – in Deutschland rund 300.000 Zigarettenautomaten betrieben. Martin Schwarz von der TVT Elxleben schätzt, dass es in Thüringen 7.000 bis 8.000 sind – seine Firma betreibe über 4.000 davon.

Das verzeichnet auch das Landeskriminalamt in Thüringen – in Sachsen und Sachsen-Anhalt gibt es den deutlichen Anstieg nicht. So heißt es seitens des LKA Thüringen auf Nachfrage des MDR, dass es im vergangenen Jahr 580 Angriffe auf Zigarettenautomaten gab. Davor waren es 195 (2021), 305 (2020) und 255 (2019) Angriffe. "Das beinhaltet sämtliche Manipulationen durch die Täter an den Zigarettenautomaten, zum Beispiel Aufhebeln, Sprengen, Diebstahl des gesamten Automaten", so die Anmerkung zu den Zahlen aus Thüringen.

In Sachsen wurden bereits in diesem Jahr 58 Angriffe verzeichnet (Februar 2023), wie das entsprechende Landeskriminalamt bestätigt. In den vergangenen Jahren waren es 141 (2022) und 136 (2021). Allerdings meint der Sprecher des LKA Sachsen zu diesen Zahlen: "Bei den Daten handelt es sich zum Teil um Informationen aus noch laufenden Ermittlungsverfahren." Deshalb hätten sie noch vorläufigen Charakter – Nachmeldungen seien noch möglich und sie deshalb bisher nicht vergleichbar mit den Daten der anderen Bundesländer.

Das LKA Sachsen-Anhalt vermeldet, dass die Zahlen für das vergangene Jahr derzeit noch ausgewertet würden. 2021 seien es 275 Angriffe gewesen – in 2020 waren es 328 und in 2019 gab es 299. So schlüsselt das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt die einzelnen Fälle auf:

Angriffe auf Zigarettenautomaten in Sachsen-Anhalt
Begehungsweise201920202021
Aufbrechen/Hebeln/Flexen/Bohren125120127
Sprengen11114286
Totalentwendung304547
Unbekannt/Sonstige332115
Gesamtergebnis299328275

Die Sprecherin des LKA Sachsen-Anhalt erklärt mit Blick auf die Statistik: "Ursachen für die in 2021 rückläufigen Fallzahlen bei Sprengungen von Zigarettenautomaten sind hier nicht bekannt."

Deshalb werden so viele Automaten zerstört

Für Martin Schwarz, Betriebsleiter der TVT Elxleben, gibt es einen klaren Zusammenhang, weshalb immer mehr Automaten kaputt gemacht werden: "In der Phase des Lockdowns war die Zahl rückläufig. Jetzt in der Inflationsphase, so nenne ich sie mal, also während Strom, Gas und alles Weitere teurer wird, da gibt es gravierende Anstiege."

Aus Sicht der Landeskriminalämter gibt es keine klare Erklärung, sondern nur Vermutungen, wie zum Beispiel die Sprecherin aus Thüringen meint: "Wir gehen davon aus, dass die Leute nicht mehr so viel Geld haben."

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MDR (Johanna Daher)

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