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Veto der UnionBundesrat stoppt Whistleblower-Gesetz

10. Februar 2023, 18:08 Uhr

Wer Hinweise auf Betrug, Korruption oder andere Missstände in Unternehmen geben kann, soll einer EU-Richtlinie künftig besser geschützt werden. EU-Länder müssen das in eigene Gesetze transferieren. Der Entwurf der Ampelregierung wurde nun im Bundesrat gestoppt. Vor allem CDU und CSU haben Einwände.

Der Bundesrat hat das sogenannte Whistleblower-Gesetz gestoppt. Dieses soll Menschen, die Hinweise auf Missstände in Behörden oder Unternehmen geben, besser vor Repressalien schützen. Das im Dezember vom Bundestag beschlossene Gesetz erhielt am Freitag in der Länderkammer nicht die erforderliche Mehrheit, obwohl auch seine Kritiker das Grundanliegen teilen.

Nun könnte noch im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag versucht werden, einen Kompromiss zu finden. SPD und Grüne erwägen jedoch, einen neuen Gesetzentwurf vorzulegen, der nicht der Zustimmung des Bundesrats bedarf.

Union: noch zu viele bürokratische Hürden für Unternehmen

Die unionsregierten Länder monierten, dass das Gesetz über das Ziel hinausschieße und vor allem kleine und mittlere Unternehmen finanziell und mit neuer Bürokratie belasten würde. Man sei sich aber einig, dass ein effektiver Schutz von Hinweisgebern nötig sei.

Wie sollte das Whistleblower-Gesetz aussehen?Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Firmen ab 50 Mitarbeitenden sowie Behörden spezielle Meldestellen einrichten müssen. Wer diese nutzt, soll keine beruflichen Nachteile erleiden dürfen. Zudem soll es externe Meldewege geben, entweder zentral beim Bundesamt für Justiz oder auch auf Landesebene. Die Schutzregelungen für Hinweisgebende sollen in bestimmten Fällen auch dann greifen, wenn diese sich an die Öffentlichkeit wenden. Erleiden sie dennoch Repressalien, haben sie Anspruch auf Schadenersatz.

Das Gesetz sieht unter anderem die verpflichtende Einrichtung eines anonymisierten Meldekanals vor, der auch eine anonymisierte Kommunikation mit dem Hinweisgeber ermöglichen solle. Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) zufolge bedeute das einen erheblichen zusätzlichen Aufwand für Unternehmen, die entsprechende IT-Systeme vorhalten müssten. Zudem bestehe die Gefahr des Missbrauchs. Die Anonymität könne auch für Verunglimpfungen genutzt werden, warnte Poseck. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht in dem jetzigen Entwurf "ein neues, überteures Bürokratiemonster".

Mit ihrer Blockade verhindert die Union, die überfällige Umsetzung der EU-Richtlinie, die sie selbst verschleppt hat.

Stephan Thomae | parlamentarischer FDP-Geschäftsführer

Das Bundesjustizministerium sieht das genau umgekehrt. Das Gesetz enthalte sogar nur eine "maßvolle Erweiterung des Anwendungsbereichs" im Vergleich zur EU-Vorgabe, erklärt der parlamentarische Staatssekretär, Benjamin Strasser (FDP). Dass die unionsregierten Länder dies anders sahen und das Gesetz stoppten, stieß in der FDP-Bundestagsfraktion auf deutliche Kritik. "Mit ihrer Blockade verhindert die Union die überfällige Umsetzung der EU-Richtlinie, die sie selbst verschleppt hat", sagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Stephan Thomae der Deutschen Presse-Agentur.

Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke). Bildrechte: IMAGO/Jacob Schröter

Es gehe hier nicht in erster Linie um Bürokratiebelastung, "sondern um eine moderne Fehlerkultur in Unternehmen", argumentierte auch Thüringens Bundesratsminister Benjamin-Immanuel Hoff.

Die Anti-Korruptions-Organisation Transparency Deutschland kritisierte die Bundesrats-Entscheidung als "Trauerspiel". So müssten "Menschen, die auf Missstände hinweisen und damit Zivilcourage beweisen, weiter auf einen verlässlichen Schutzschirm warten".

Deutsches Gesetz seit über einem Jahr überfällig

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist überfällig. Deutschland hätte eine entsprechende EU-Richtlinie eigentlich schon im Dezember 2021 in nationales Recht umsetzen müssen. Ansonsten drohen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren und hohe Strafzahlungen.

Das Gesetz regelt Meldungen zu Betrügereien, Korruption und anderen Missständen. Die Hinweise können beispielsweise Verstöße gegen Umweltschutzvorgaben oder gegen mangelnden Schutz personenbezogener Daten betreffen.

AFP,dpa(amu)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 10. Februar 2023 | 15:36 Uhr