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Neue DatengrundlageGasverbrauch im Sommer nicht höher als im Vorjahr – aber hoher Verbrauch im Herbst

08. Oktober 2022, 05:00 Uhr

Der Gasverbrauch ist in Deutschland mittlerweile zu einer entscheidenden Frage geworden. Nun gibt es genauere Daten dazu. Die zeigen: Eine bisherige Aussage zum Sommer musste korrigiert werden. Und der Gasverbrauch war zuletzt zu hoch.

Seit vergangener Woche kann die Bundesnetzagentur auf genauere Daten zum Gasverbrauch in Deutschland zurückgreifen. Dadurch werden zwei Fakten deutlich: Der Verbrauch war in den vergangenen zwei Wochen im Vergleich zu den Vorjahren relativ hoch. Und: In den Sommermonaten Juli und August wurde doch nicht mehr Gas verbraucht als 2021.

Dabei hatte die Bundesnetzagentur bis vor kurzem noch etwas Anderes gemeldet. Hintergrund: Die Bundenetzagentur veröffentlicht seit mehreren Monaten Daten unter anderem zum Gasverbrauch in Deutschland, festgehalten im täglich erscheinenden "Lagebericht Gasversorgung". Dort wurde bis Ende September eine Statistik zum monatlichen Erdgasverbrauch in Deutschland für die Monate 2021 und veröffentlicht.

Demnach war im ersten Halbjahr der Gasverbrauch in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr stark gesunken war – eine Ausnahme bildeten allerdings die Monate Juli und August. Dort war der Wert 2022 jeweils höher als 2021, zumindest nach der alten Statistik. Die Daten nutzten auch viele Redaktionen, darunter der MDR.

Allerdings unter einer Einschränkung, die Daten waren nach Angaben der Netzagentur vorläufig. Denn sie basierten lediglich auf einer Berechnung, wie eine Sprecherin der Bundesnetzagentur dem MDR erläuterte: "Vor dem 29.09.2022 wurde der Gesamtgasverbrauch indirekt basierend auf den grenzüberschreitenden Gasflüssen, Füllstandsveränderungen der Gasspeicher und der inländischen Produktion ermittelt."

Neue Daten: Gasverbrauch gesunken, nicht gestiegen

Seit Ende September kann die Bundesnetzagentur nun auf neue Daten zurückgreifen und veröffentlicht neue Grafiken. Die zeigen: Ein erhöhter Gasverbrauch für die Monate Juli und August ist nicht festzustellen, wie eine Sprecherin dem MDR mitteilte. Im Gegenteil: Nach den neuen Daten wurde beispielsweise im Juli weniger Gas verbraucht, sowohl im Vergleich zum Vorjahr als auch im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021. Das gleiche gilt für August. Heißt also: Auch im Juli und August wurde in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr Gas eingespart.

Die Daten basieren nun nicht mehr auf Berechnungen sondern auf Verbrauchsdaten, die von den Fernleitungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreibern gemessen (bei Verbrauchskunden) beziehungsweise ermittelt (bei Haushalts- und Industriekunden) werden. Auch sie sind zwar vorläufig, dennoch viel genauer. Der Gasverbrauch kann nun nach Wochen und unterteilt in Haushalte und kleineres Gewerbe sowie größere Industriekunden aufgeschlüsselt werden. Außerdem wird die Verbrauchsmenge nicht mehr in Terawattstunden (TWh) pro Monat sondern als monatlicher Mittelwert und in Gigawattstunden (GWh) pro Tag ausgewiesen. Eine Terawattstunde sind 1.000 Gigawattstunden.

Die aktuellen Statistiken zum Gasverbrauch in Deutschland und die bis Ende September veröffentlichten basieren also auf unterschiedlichen Datensätzen. Die Netzagentur schrieb dem MDR deshalb: "Die vorher dargestellten Grafiken zum Gesamtverbrauch sind nicht mit den derzeit dargestellten Grafiken zum Gesamt- und RLM-Verbrauch (Registrierende Leistungsmessung) vergleichbar und dürfen nicht in einen gemeinsamen Kontext gesetzt werden, da sie einerseits auf unterschiedlichen Datenquellen beruhen, andererseits auf einer unterschiedlichen Berechnungsmethodik hinsichtlich der Veränderung zu einem Vergleichszeitraum." Die Bundesnetzagentur versichert, dass nun alle aktuell ausgewerteten Daten auf der gleichen Datengrundlage basieren.

Netzagentur warnt dennoch: Gasverbrauch aktuell zu hoch

Dass die Bundesnetzagentur nun genauere Datenquellen hat und diese wochenaktuell auswerten kann, hatte noch eine weitere Folge. Die Aufsichtsbehörde stellte fest, dass der Gasverbrauch von Haushalten und Gewerbe in den Kalenderwochen 38 (ab 19. September) und 39 höher war als im Durchschnitt der 2018 bis 2021.

Netzagentur-Chef Klaus Müller räumte ein, dass es in den vergangenen Wochen relativ kalt war. Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) war es in der zweiten Septemberhälfte war es demnach kälter und nasser als im langjährigen Mittel.

Müller forderte dennoch, dass man Gas sparen müsse. Die Netzagentur geht nach eigenen Angaben im Moment davon aus, dass zur Vermeidung einer Gasmangellage der Verbrauchs um mindestens 20 Prozent (im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021) sinken muss. Bei einer Gasmangellage würde die Netzagentur bestimmen, wer noch Gas erhält – und wer nicht. Haushalte gehören zu den "geschützten Kunden" und würden mit als letztes von der Gasversorgung abgeschnitten werden.

Große Industriekunden verbrauchen in Deutschland rund 60 Prozent des Gases. In diesem Bereich gab es in den vergangenen Monaten bereits relativ große Einsparungen mit um die 22 Prozent. Inwieweit Haushalte Gas sparen, wird sich erst in der gerade erst beginnenden Heizperiode zeigen. Denn in den Haushalten wird das meiste Gas zum Erwärmen von Wasser fürs Duschen und Heizen benötigt.

Fazit zu den neuen Daten zum Gasverbrauch

Die Bundesnetzagentur veröffentlicht seit einigen Monaten Daten zum Gasverbrauch in Deutschland. Nun gibt es eine genauere Datenquelle. Dadurch zeigt sich: Bisher war die Netzagentur in den Sommermonaten von einem höheren Verbrauch als im Jahr davor ausgegangen. Doch die genaueren Daten zeigen nun, dass dies nicht zutrifft. Dafür kritisiert der Netzagentur-Chef jetzt einen zu hohen Verbrauch in den vergangenen beiden Wochen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 07. Oktober 2022 | 16:00 Uhr