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EnergiepolitikOstdeutsche Regierungschefs einigen sich auf "Riemser Erklärung"

14. Juni 2022, 08:37 Uhr

Bei ihrem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich die ostdeutschen Regierungschefinnen und Regierungschefs auf der Ostseeinsel Riems auf Eckpunkte in der künftigen Energiepolitik geeinigt. Die fünf deutschen Bundesländer wollen zudem ihre Interessen beim Thema Wasserstoff bündeln.

Der Ausbau erneuerbarer Energien soll in Ostdeutschland den Weg zur Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas ebnen. In einer sogenannten "Riemser Erklärung" haben sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten hierzu auf die Eckpunkte der künftigen Energiepolitik verständigt. Bei ihrem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Ostseeinsel Riems nahe Greifswald betonten die Regierungschefs, dass es etwa einen deutlichen Windkraftausbau brauche – aber auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung und faire Netzentgelte.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig pochte nach den Beratungen auf eine sichere und bezahlbare Energieversorgung. Sie stellte sich aber auch hinter die Sanktionen gegen Russland. "Es ist ganz klar, dass der russische Angriffskrieg auf die Ukraine Folgen haben muss", sagte die SPD-Politikerin. Dies gelte konkret für das Ziel der Unabhängigkeit von russischem Öl und Gas. Die Energiesicherheit und stabile Preise im Osten müssten aber gewährleistet werden.

Kretschmer will an 1.000-Meter-Abstandsregelung festhalten

Skeptischer äußerte sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. Zwar unterstütze auch er, "dass wir mit Sanktionen Druck ausüben". Er zeigte sich aber besorgt, "ob das alles ausgewogen ist", sagte der CDU-Politiker mit Blick auf Ostdeutschland.

Auch beim Ausbau der Windenergie werde seine Regierung daher genau auf die Details schauen. So will Kretschmer etwa an einem Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen Windkraftanlagen und Siedlungen festhalten. Regierungschefin Schwesig erklärte dazu, wenn es geringere Abstände gebe, müsse es für Betroffene einen Ausgleich durch "faire Netzentgelte" geben.

Scholz sichert Ost-Ländern Solidarität zu

Bundeskanzler Olaf Scholz sicherte den ostdeutschen Ländern die Solidarität des Bundes im Energiebereich im Zuge der Folgen des Ukraine-Krieges zu. "Die Bundesregierung hat diese Herausforderungen im Blick", sagte der SPD-Politiker auf der Insel Riems.

Der Krieg verschärfe Herausforderungen, die es ohnehin wegen des für den Klimaschutz anstehenden Umbaus der Energiewirtschaft gebe. Scholz hob hervor, bei dieser Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft könne Ostdeutschland "eine führende Rolle einnehmen".

Gemeinsame Interessenvertretung zu Wasserstoff geplant

Die fünf Ost-Länder wollen zudem ihre Interessen in puncto Wasserstoff bündeln. Für das Thema soll es eine gemeinsame Interessenvertretung der fünf ostdeutschen Bundesländer sowie Berlins aufgebaut werden, hieß es von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig.

Laut ihrer Aussage war es das erste Mal, dass eine Ost-Ministerpräsidentenkonferenz nicht bloß mit Forderungen der Länder an die Bundesregierung, sondern mit einer gemeinsamen Erklärung beider Seiten endete. Schwesig erklärte zudem, dass bei dem Treffen eine gemeinsame Fachkräftekonferenz Ostdeutschland in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit beschlossen worden sei.

Ramelow fordert "bundesrepublikanische Kraftanstrengung"

Bei der Umstellung der Ölversorgung ostdeutscher Raffinerien fordern die ostdeutschen Länder indes Unterstützung der Bundesregierung. Sie solle dafür erforderliches Geld zusagen, heißt es in dem Beschluss. Darüber hinaus werde geprüft, wie Öl über Rostock zur Raffinerie im brandenburgischen Schwedt transportiert und der Ort Lubmin als Verteilnetz für Flüssiggas genutzt werden könne.

Thüringens Regierungschef Bodo Ramelow forderte mit Blick auf die Abhängigkeit von Energieimporten aus Russland "eine bundesrepublikanische Kraftanstrengung, damit die neuen Länder nicht einen zusätzlichen Schlag bekommen". Der Linke-Politiker verwies auf Tausende Arbeitsplätze in der energieintensiven Glasindustrie in seinem Bundesland.

Haseloff: Ersatz für russisches Öl und Gas nötig

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff betonte nach dem Treffen, Ostdeutschland dürfe im Zuge der Russland-Sanktionen keine regionalen Nachteile haben. Der CDU-Politiker sagte MDR SACHSEN-ANHALT, man hänge seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausschließlich an Gas-und Öltrassen aus Russland. Wenn dies ersetzt werden solle, müsse Sachsen-Anhalt über die Einkaufsmöglichkeiten des Bundes entsprechend versorgt werden.

Der Ministerpräsident forderte erneut, dass der Osten beim Kauf von Öl- und Gas nicht höhere Preise bezahlen dürfe als die west-und süddeutschen Bundesländer. Es sei ihm nochmals bestätigt worden, dass man sich aus russischem Erdöl nur herausbewege, wenn es Ersatz gebe.

MDR (fef), AFP, dpa

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 13. Juni 2022 | 17:30 Uhr