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FörderprogrammKritik an neuen Richtlinien für energetisches Bauen

29. Juli 2022, 12:34 Uhr

Das Bundeswirtschaftministerium hat neue Richtlinien zur finanziellen Förderung bei der energetischen Gebäudesanierung vorgelegt. Ziel ist eine gerechtere Verteilung der Gelder. Doch Wohnungsunternehmen sehen das kritisch. Und die Deutsche Umwelthilfe benennt Schwachpunkte der Reform beim Thema Klimaschutz.

Gebäude verbrauchen in Deutschland etwa 35 Prozent der Energie und verursachen etwa 30 Prozent der CO₂-Emissionen. Hier setzt das Förderprogramm des Bundes zur energetischen Sanierung an. Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie heißt es auf Anfrage von MDR AKTUELL schriftlich: "Ziel ist, dass möglichst viele Menschen vom Förderprogramm profitieren, damit sie Energiefresser wie alte Fenster, Türen und Gasheizungen austauschen, Häuser und Wohnungen sanieren und so Energiekosten einsparen."

4,5 Mal mehr Energie als bei einem Neubau könne so eingespart werden, heißt es. Dafür seien zwölf bis 13 Milliarden Euro vorgesehen.

Doch Alexander Müller vom Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Sachsen kann der Rechnung nicht folgen: "Dieses Argument zu verwenden, ist aus unserer Sicht wirklich zynisch, weil es sich nur deshalb rechnet, weil die Energiepreise exorbitant gestiegen sind. Wenn Sie das mit einem Auto vergleichen: Wenn ein Fahrzeug einen Liter weniger Sprit verbraucht auf hundert Kilometer, aber der Sprit so extrem teuer ist, dann lohnt sich auch das teurere Auto, was diesen Liter weniger verbraucht." Doch das teurere Fahrzeug müsse man sich auch erstmal leisten können, sagt Müller. 

Neue Richtlinien verteuern Sanierungen

Um 4,5 mal mehr einzusparen, müssen sich Wohnungsunternehmen also erst einmal die Sanierung leisten können. Und das wird mit den neuen Richtlinien noch schwerer. Denn unterm Strich gibt es viel weniger Fördermittel für den Einzelnen.

Die Zuschussförderung für die energetische Sanierung fällt weg. Stattdessen soll es nur noch eine Kreditförderung mit deutlich reduzierten Fördersätzen geben. Gleichzeitig steigen die Kosten für die Planung, Technik sowie Baumaterialien, und die Zinsen für Kredite haben sich seit dem vergangenen Jahr verdreifacht.

Das ist vor allem ein Problem für Wohnungsunternehmen. Sven Lauter ist Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Wohnbau Radeberg und er sagt: "Der Häuslebauer, der dieses Jahr seine Fenster machen will, bekommt jetzt angenommen 5.000 Euro weniger Zuschuss. Aber er sagt sich: Die Fenster sind sowieso jetzt dran, deswegen nehme ich den Zuschuss, den ich haben kann. Bei uns explodiert das dann eben exponentiell." 

So sehr, dass Sven Lauter durchrechnen wird, ob sich eine Förderung oder Sanierung am Ende überhaupt noch lohnt.

Umwelthilfe: Förderrichtlinien für Klima katastrophal

Die neuen Förderrichtlinien seien für das Klima katastrophal und das Gegenteil von dem, wofür die Grünen angetreten sind, sagt Barbara Merz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe. Allein für die Bestandssanierung bräuchte es 25 Milliarden Euro pro Jahr.

Merz mahnt: "Wenn wir wirklich die Klimaziele erreichen wollen und den Menschen helfen wollen, gerade den einkommensschwachen Familien, die ganz häufig in Mietgebäuden leben, die schlecht saniert sind, dann muss da prioritär saniert werden, und zwar mit höheren Fördersätzen, die wir bisher hatten. Eine Reduktion ist definitiv das falsche Signal."

Gerade dort, wo es keine finanziellen Puffer gibt – also vor allem im kommunalen und sozialen Wohnungsbau – könnten die neuen Förderrichtlinien letztlich sogar dazu führen, dass die entstandenen Mehrkosten die Mieter bezahlen müssen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. Juli 2022 | 07:00 Uhr