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"Amadigi di Gaula" zur EröffnungHalle: Händel-Festspiele begeistern mit Zauberoper des Barock-Stars

25. Mai 2024, 13:51 Uhr

In Halle haben die Händel-Festspiele am Freitagabend mit einer Neuproduktion der Oper "Amadigi di Gaula" begonnen. Mit 30 Jahren schrieb der junge Barock-Star die Oper um eine böse Zauberin, um Liebe und Eifersucht, Macht und Mord, die in Regie der halleschen Operndirektorin Louisa Proske ins Heute geholt wird. MDR KULTUR-Musikkritiker Claus Fischer lobt vor allem das herausragende Gesangsensemble und das Händelfestspielorchester mit dem spanischen Dirigenten Dani Espasa am Pult. Seine klare Empfehlung: "Hingehen!"

  • In Halle haben am Freitagabend die Händel-Festspiele mit einer halleschen Opern-Premiere begonnen.
  • Aufgeführt wurde mit der Händel-Oper "Amadigi di Gaula" ein früheres Werk des jungen Barock-Komponisten aus Halle, das ins Heute geholt wird.
  • Musikkritiker Claus Fischer zeigt sich vor allem vom Gesangsensemble und dem Händelfestspielorchester unter Leitung von Dirigent Dani Espasa, aber auch von der Inszenierung begeistert.

MDR KULTUR: "Amadigi di Gaula" ist die fünfte Oper, die Händel in London komponiert hat, worum geht's darin? 

Claus Fischer, Musikkritiker: Um Liebe, Eifersucht, Mord, das ganze Programm! Amadigi liebt Oriana. Aber Dardano liebt Oriana auch. Und dann gibt es noch die böse Zauberin Melissa, die ebenfalls Amadigi begehrt. Sie manipuliert Dardano und versucht durch ihn, das glückliche Liebespaar Amadigi und Oriana auseinanderzutreiben. Sie hält beide in ihrem bösen Zauberreich gefangen und quält sie mit diversen Methoden. Das ist kurz umrissen die Handlung.

Die hallesche Operndirektorin Louisa Proske sieht in Zauberin Melissa (Franziska Krötenheerdt) "das am Werk, was Freud den Todestrieb nennt". Bildrechte: Bühnen Halle / Foto: Anna Kolata

Stichwort: Händel-Festspiele 2024

*Im Mittelpunkt des Barock-Festivals steht 2024 der Einfluss französischer Musik auf das Werk des Komponisten.
*Bis zum 9. Juni sind 77 Veranstaltungen an 18 Aufführungsorten in und um Halle geplant.
* Auf dem Programm stehen u.a. Opern-Premieren von Händels "Terpsicore" im historischen Goethe-Theater in Bad Lauchstädt und von "Titus l Empereur" im Carl-Maria-von-Weber-Theater in Bernburg. Die tschechische Mezzosopranistin Magdalena Kozena wird bei einem Festkonzert Liebesarien singen.
*Der französische Dirigent und Cembalist Christophe Roussetvon wird 2024 mit Händel-Preis der Stadt Halle ausgezeichnet.
*Die Festspiele erinnern daran, dass der Barock-Komponist 1685 in Halle geboren wurde, er wirkte vor allem in London und komponierte zahlreiche Opern und Oratorien wie den "Messias" mit dem berühmten "Halleluja".

Was hat Regisseurin Louisa Proske aus dem barocken Setting gemacht, wo siedelt sie diese Geschichte an?

Also größtenteils in der Welt der Zauberin Melissa. Und die ist ein Raum mit zahllosen Computerservern. Es ist dunkel, steril fühlt sich alles ziemlich kalt an und ab und an schwebt mal eine Drohne über diesem unterirdischen IT-Park. Interessant ist, dass alle Protagonistinnen und Protagonisten barocke Kostüme tragen, also quasi aus der Händel-Zeit kommen – und dieser Kontrast zwischen Hypermoderne und Barock hält das Ganze lebendig, denn es wird nicht allzu intensiv geschauspielert.

Dieses kleine Defizit wird aber durch die Kostüme und vor allem durch die wirklich großartige Bühne von Kaspar Glarner wettgemacht. Denn dieser IT-Park wirkt unheimlich echt: Da greifen Video, Projektionen und Bauten in einander und das führt zu wirklich tollen Illusionen, wunderbaren Bildern. Also das hat mich ziemlich beeindruckt.

Die kalte Welt der Zauberin Melissa wird dominiert von zahllosen Computerservern. Auch das Ballett des Hauses wirkt in der Aufführung der Händel-Oper "Amadigi di Gaula" mit. Bildrechte: Bühnen Halle / Foto: Anna Kolata

Computerserver, Drohnen, KI — das ist die Welt der Zauberin Melissa. Heißt das also, in der Inszenierung der halleschen Operndirektorin Louisa Proske wird so das Böse schlechthin verkörpert?

So einfach ist das wohl nicht. Der Regisseurin geht es darum, die Schattenseiten der modernen Technologien vorzuführen, etwa wenn die falschen Leute sie dazu benutzen, Menschen zu quälen, Kriege zu führen. Jedenfalls wird diese dunkle Welt am Ende überwunden. Nachdem Melissa Dardano getötet hat, erscheint er als Geist und ermahnt sie zur Vernunft. Damit wandelt sich die Szenerie, die Technikwelt ist weg und die beiden Liebenden Amadigi und Oriana stehen nun auf dem Marktplatz von Halle, vor dem Denkmal Georg Friedrich Händels.

Und der wird dann zum sprichwörtlichen Deus Ex Machina, also dem Gott, der die beiden Liebenden zusammen bringt und damit den finalen Reigentanz zur Freude aller in Gang setzt, alles von seinem Denkmal-Sockel aus. 

Happy End unterm Händel-Denkmal Bildrechte: Bühnen Halle / Foto: Anna Kolata

Also ein Happy End. Kommen wir zu den Sängerinnen und Sängern, wie waren deren Leistungen?

Also, da blieben bei mir keine Wünsche offen. Es war ein wirklich herausragendes Gesangsensemble, eine gute Mischung aus Gästen und Mitgliedern des Halleschen Opern-Ensembles. Das Liebespaar war absolut perfekt besetzt. Den Amadigi gab der polnische Countertenor Rafał Tomkiewicz, mit einer sehr wandlungsfähigen Stimme und zugleich unglaublicher Perfektion führte er die ganze Bandbreite der Händelschen Affekte virtuos vor. Vom Zornesausbruch bis zur stimmungsvollen Abend-Arie. Wirklich ein Erlebnis.

Und sein weibliches Gegenüber Serafina Starke war ebenso eindrucksvoll und hörenswert, besonders in den Arien mit Gefühlausbrüchen. Die Zauberin Melissa wurde verkörpert von Franziska Krötenheerdt. Sie ist Mitglied des Ensembles der Oper Halle. Und sie fand ich schauspielerisch am besten. Sie war ja immer wieder von den Tänzerinnen und Tänzern des Halleschen Balletts umgeben, die agierten als ihr Gefolge, in teilweise sehr schrägen Gewändern. Das reichte von schrillen Hasen-Kostümen bis zu Henker-Monturen a la Ku Klux Klan. Und die Choreografien von Yulia Gerbina und Johan Plaitano waren in diesem Opernabend das I-Tüpfelchen, ein Fest fürs Auge!

Serafina Starke begeistert als Oriana, überhaupt besticht die Aufführung der Händel-Oper durch das Gesangsensemble und auch das Händelfestspielorchester. Bildrechte: Bühnen Halle / Foto: Anna Kolata

Last but not least: Der spanische Dirigent Dani Espasa stand am Pult des Händelfestspielorchesters, eine gute Wahl?

Absolut! Er hat alles aus dem Orchester heraus geholt. Ein unglaubliches Temperament, das aber auch bei den leisen Stellen ein großes Gespür zeigte. Er hatte die Fäden in der Hand, ließ aber auch mal locker und so konnten die Musikerinnen und Musiker auf ihren historischen Instrumenten zeigen, was sie können.

Ich war vom Händelfestspielorchester am meisten beeindruckt. Schon allein dafür lohnt ein Besuch dieser Aufführung, aber wie gesagt auch wegen des Gesangsensembles, des phantasievollen und schlüssigen Regie-Konzepts und der aufwändigen Bühne. Also unbedingt hingehen!

Quelle: MDR KULTUR (Claus Fischer, Musikkritiker; Carsten Tesch, Moderation), Redaktionelle Bearbeitung: ks

Weitere Informationen

Händelfestspiele Halle
"Amadigi di Gaula"
Oper von Georg Friedrich Händel
In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Opernhaus Halle
Universitätsring 24
06108 Halle (Saale)

Weitere Aufführungen:
Sonntag, 26. Mai, 15 Uhr
Freitag, 31. Mai, 19 Uhr

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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sachsen-Anhalt heute | 24. Mai 2024 | 19:00 Uhr