Buchtipp100 Jahre Händel-Festspiele in Halle: Festschrift "Feuerwerk und Halleluja"
1922 wurde das erste Händel-Fest gefeiert. Die Jahresausstellung im Händel-Haus ist seit letztem Monat eröffnet und auch eine Festschrift wurde schon vorgestellt: "Feuerwerk und Halleluja. 100 Jahre Händel-Festspiele" heißt das Buch, das jetzt im Leipziger Henschel-Verlag erschienen ist. Der Titel spielt natürlich auf das alljährliche Open-Air-Finale in der Galgenberg-Schlucht an, wo beides traditionell nie fehlen darf.
Georg Friedrich Händel ist leicht zu erregen. Ein paar falsche Worte, und er ist sich für ein Duell nicht zu schade. Ein Missverständnis sorgt dafür, dass er sich mit seinem Komponistenkollegen Johann Mattheson duelliert. Der Grund: Dessen Oper "Cleopatra".
Auszug aus der Festschrift "Feuerwerk und Halleluja""Darüber geriethen wir, im Ausgange aus der Oper, in einen Zweikampf, welcher für uns beide sehr unglücklich hätte ablaufen können. Wenn es Gottes Fügung nicht gnädig gefüget, daß mir die Klinge, im Stoßen auf einem breiten, metallenen Rockknopf des Gegners zersprungen wäre."Johann Mattheson
Ist Georg Friedrich Händel nur knapp dem Degen entronnen? Ob der Bericht Johann Matthesons der Wahrheit entspricht, lässt sich kaum sagen. Händels erster Biograf John Mainwaring macht es nicht besser, indem er aus dem rettenden Knopf eine dicke Partitur macht, die Händel angeblich vor dem Tod geschützt hat.
Geschichten und Mythen wie diese ranken sich zuhauf um den Komponisten, den wir als dickbäuchig und freiheitsliebend kennenlernen, als unermesslich reich und geschäftstüchtig. Sogar ein Denkmal zu Lebzeiten hat man Händel errichtet. Der Kölner Musikwissenschaftler Arnold Jacobshagen hat Fakten wie diese in seinem spannenden Beitrag zur Festschrift "Feuerwerk und Halleluja" zusammengetragen.
Händels Musik im Laufe der Zeit
Die Festschrift zum 100. Geburtstag der Händel-Festspiele in Halle wagt vor allem auch einen Blick zurück. Wie Händel musiziert wird, hat sich sehr verändert. Dirigent Horst-Tanu Margraf zum Beispiel lässt die Musik in den Fünfziger und Sechziger Jahren noch mit groß besetztem Sinfonieorchester spielen und den Text eindeutschen. Mit Schrecken liest man von der Oper "Susanna", die der Hallenser Musikwissenschaftler Arnold Schering 1922 für das Händelfest so zusammengestrichen hat, das kaum mehr etwas übriggeblieben ist.
Von der historischen Aufführungspraxis ist zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht die Rede. Sie ist ein zweiter Schwerpunkt der Festschrift, hat sie es in Halle lange ganz besonders schwer gehabt, aber auch zahlreiche Pioniere und Wegbereiter gekannt. Und: in eine Festschrift, die "Feuerwerk und Halleluja" heißt, gehört natürlich ein Text über Feuerwerksmusiken und über den "Messias".
Halle lebt und liebt die Händel-Festspiele
Ansonsten ist das Spektrum an Beiträgen abwechslungsreich. Historische Überblicke leuchten die Händel-Pflege vor dem ersten Händel-Fest aus oder beschäftigen sich mit der Zeit des Nationalsozialismus. Natürlich ist es Festival-Intendant Clemens Birnbaum vorbethalten zu berichten, wie sich die Festspiele in hundert Jahren gewandelt haben – und immer wieder auch ideologisch vereinnahmt worden sind. Die Festschrift vermittelt sich besonders, dass zur Festivalzeit in Halle eine festlich-freudige Atmosphäre herrscht.
Dazu sind viele begeisterte Stimmen gesammelt worden, die über den Band mit seinen 192 Seiten verstreut sind. Die Palette reicht von persönlichen Liebeserklärungen wie die des Countertenors und Händel-Preisträgers Valer Sabadus: "Diese alljährliche Sehnsucht, nach Halle zu pilgern und diese einzigartige 'Aura Haendelis' vor Ort hautnah zu spüren, hat bei mir persönlich – seit meinem Debüt 2011 – Suchtpotenzial!" bis hin zu Kurzbotschaften wie die des Dirigenten Marc Minkowski:
Vielen Dank, Georg Friedrich, für deine schöne Musik.
Marc Minkowski, Dirigent
Schön auch, dass "Feuerwerk und Halleluja" neben gut lesbaren und nicht zu langen Texten noch einen wissenschaftlichen Mehrwert bietet. Auf einem Zeitstrahl sind alle Händel-Werke aufgelistet, die seit 1859 in Halle aufgeführt worden sind. Ein Personen- und Werkregister ist ebenfalls vorhanden. Die Festschrift ist zwar kein Prachtband, in Leinen gebunden und mit Lesebändchen versehen. Doch das Layout des Broschur-Formats ist stilsicher und die Bilder zahlreich. Man liest sich fest – Händel sei Dank!
Mehr InformationenStiftung Händel-Haus
Konstanze Musketa, Clemens Birnbaum:
"Feuerwerk und Halleluja – 100 Jahre Händel-Festspiele"
Erschienen im Henschel Verlag
208 Seiten
ISBN: 978-3-89487-835-1
Preis: 35 Euro
Noch mehr von Händel zum Nachhören
Dieses Thema im Programm:MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 21. März 2022 | 07:40 Uhr