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Der Landtag von Sachsen-Anhalt diskutierte am Mittwoch über Reformvorschläge für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Bildrechte: picture alliance/dpa | Kay Nietfeld

MedienpolitikLandtag diskutiert über Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk

22. März 2024, 13:45 Uhr

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks debattiert. Die Abgeordneten forderten zügige Reformen – und stritten heftig über den richtigen Weg. Ein Grünen-Antrag mit Vorschlägen wurde mit Verweis auf die bestehende Enquete-Kommission abgelehnt. Die CDU bekräftigte unterdessen, einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags nicht zustimmen zu wollen.

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Die Grünen-Abgeordnete Dorothea Frederking Bildrechte: MDR/Engin Haupt

Sachsen-Anhalts Landtag hat parteiübergreifend Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gefordert. Hintergrund waren Anträge der Grünen- und der CDU-Fraktion. "Für uns ist die Zeit des Redens und des Wünschens vorbei", erklärte Dorothea Frederking, medienpolitische Sprecherin der Grünen. Sie forderte, dass noch in diesem Jahr erste Reformen auf den Weg gebracht und Staatsverträge geändert werden müssten. Solange man Auftrag und Struktur für die Sendeanstalten nicht verändere, werde sich nichts tun, betonte Frederking.

In ihrem Antrag schlagen die Grünen unter anderem vor, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio enger zusammenarbeiten und eine einheitliche Mediathek schaffen sollen. Auch Funkhausstandorte müssten auf den Prüfstand gestellt werden.

CDU will Beitrag "einfrieren"

Zudem könnten Sendeanstalten ihre Immobilienfläche um 30 Prozent reduzieren und müssten öffentliches Vergaberecht anwenden. Frederking bekannte sich zur Vielfalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dieser habe eine "tragende Rolle" in der Demokratie.

Wir werden es wieder tun.

Markus Kurze | CDU-Landtagsabgeordneter

Der CDU-Medienpolitiker Markus Kurze Bildrechte: imago/Christian Schroedter

Die CDU bekräftigte unterdessen, der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) vorgeschlagenen Beitragserhöung um 58 Cent ab 2025 nicht zustimmen zu wollen. "Wir werden es wieder tun", sagte der Abgeordnete Markus Kurze in Anspielung auf die Blockade Sachsen-Anhalts Ende 2020. Die Beitragserhöhung war anschließend erst durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Kraft getreten.

Staatsminister Robra nennt Grünen-Antrag "Plagiat"

Kurze erklärte, eine ein höherer Beitrag sei nicht vermittelbar. Der Rundfunkbeitrag solle für zwei Jahre eingefroren werden. Zunächst brauche es einen "Reformstaatsvertrag", anschließend könne die KEF den Rundfunkbeitrag neu berechnen, sagte der CDU-Politiker. Das hänge auch mit der Akzeptanz in der Bevölkerung zusammen. Viele Menschen würden das Programm als "missionarisch" empfinden, so Kurze.

Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte zuletzt erklärt, dass er für eine Beitragserhöhung keine Mehrheit im Landtag sehe.

Staatsminister Rainer Robra (CDU) Bildrechte: imago images/Christian Schroedter

Rainer Robra (CDU), Staatsminister und Minister für Kultur, erklärte, der Grünen-Antrag sei "freundlich formuliert" ein "Plagiat". Es seien einige wenige Punkte herausgesucht worden, die seit langem ohnehin in der Debatte seien. Robra betonte, dass sich die Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den letzten Jahren bewegt habe – auch durch die Initiativen aus Sachsen-Anhalt.

DJV: Verdacht liegt nahe, dass es der CDU-Fraktion nicht um die Sache geht

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat die CDU-Landtagsfraktion davor gewarnt, mit ihrer Positionierung gegen eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts notwendig zu machen. Der Reformprozess im öffentlich-rechtlichen Rundfunk sei längst in Gang gesetzt, erklärte DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster am Donnerstag. "Ob Zukunftsrat oder Reformvorschläge der Intendanten: Änderungsvorschläge liegen auf dem Tisch und werden ausgiebig diskutiert."

Es liege der Verdacht nahe, dass es der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt nicht um die Sache gehe. "Wie schon 2020 soll der Versuch gestartet werden, auf Kosten der Öffentlich-Rechtlichen politische Stimmungsmache zu betreiben." Das sei weder angemessen noch durch die Qualität des Programms und der journalistischen Arbeit der Beschäftigten gerechtfertigt. Beuster rief die Fraktionen dazu auf, den Reformprozess von ARD und ZDF konstruktiv zu unterstützen. "Für Querschüsse ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu wichtig."

SPD: Krisensituation darf sich nicht wiederholen

Der SPD-Abgeordnete Holger Hövelmann erklärte, der Grünen-Antrag habe ihn überrascht. Er berücksichtige weder die eigens im Landtag eingerichtete Enquete-Kommission zum Thema, noch die Ergebnisse des sogenannten Zukunftsrats für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Enquete-Kommission im Landtag seit Anfang 2023Sachsen-Anhalts Landtag hatte Ende Januar 2023 eine Enquete-Kommission beschlossen. Es war bundesweit die erste Initiative dieser Art in einem Landtag. Ihr Ziel ist es, mit Experten Vorschläge für eine Rundfunkreform zu erarbeiten. Unter anderem haben bereits der MDR-Intendant Ralf Ludwig sowie der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF), Martin Detzel, vor der Kommission gesprochen.

Hövelmann betonte, eine Krisensituation wie vor gut drei Jahren dürfe sich nicht wiederholen. Den Beitrag – so wie von der CDU vorgeschlagen – vorübergehend einzufrieren, helfe nicht weiter und schiebe die Probleme nur auf. Vielmehr müsse die Politik jetzt klären, was sie vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk wolle und den Auftrag entsprechend anpassen.

Im Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht die Beitrags-Blockade von Sachsen-Anhalt beanstandet. Bildrechte: imago images / Ralph Peters

FDP regt Werbung im Online-Angebot an

Ähnlich äußerte sich die FDP. Der Abgeordnete Guido Kosmehl erklärte, die Vorschläge der Grünen seien "nichts Neues" und würden auch nicht zu einer Beitragsdämpfung führen. Es brauche stattdessen nun "einen echten Reformvertrag".

Um zu verhindern, dass der Rundfunkbeitrag ansteigt, regte Kosmehl unter anderem an, möglicherweise Werbung in den Online-Angeboten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu schalten. Damit könnte die Einnahmenseite verbessert werden, erklärte Kosmehl.

Linke: Rundfunk aus Steuergeld finanzieren?

Der medienpolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Stefan Gebhardt, sagte, man könnte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch aus Steuergeldern finanzieren. Dies sei eine "Variante, über die wir nachdenken und auch mal entscheiden müssen".

Gebhardt betonte, die Staatsferne müsse aber erhalten bleiben. Dafür dürfe die unabhängige Rolle der KEF nicht verändert werden. Das Modell, dass jeder Haushalt einen separaten Beitrag von knapp 20 Euro zahlen müsse, sei vielleicht "etwas aus der Zeit gefallen", sagte Gebhardt.

AfD spricht von "Desinformation und falscher Berichterstattung"

Grundsatzkritik kam von der AfD. Der Abgeordnete Tobias Rausch sagte, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werde nicht objektiv berichtet, das würden Studien belegen. Rausch sprach von "Desinformation und falscher Berichterstattung" und verwies auf die Berichterstattung zur Corona-Pandemie oder zur Flüchtlingskrise im Jahr 2015. Das führe zu einem enormen Vertrauensverlust in der Bevölkerung.

Der Antrag der Grünen wurde im Landtag am Ende der Debatte schließlich mehrheitlich abgelehnt.

Verfassungsbeschwerden 2021 haben Erfolg

Bei der vergangenen Erhöhung des Rundfunkbeitrags war das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingeschaltet worden. ARD, ZDF und Deutschlandradio hatten geklagt, weil sich Sachsen-Anhalt gegen eine Erhöhung gestemmt hatte. Am Ende setzten die Bundesverfassungsrichter die Steigerung um 86 Cent von 17,50 Euro auf 18,36 Euro in Kraft.

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hat vorgeschlagen, dass der Rundfunkbeitrag ab 2025 von derzeit monatlich 18,36 Euro auf 18,94 Euro steigen sollte.

Mehr zum Thema: Diskussion um öffentlich-rechtlichen Rundfunk

MDR (Felix Fahnert, André Plaul), dpa, zuerst veröffentlicht am 20.03.204

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 20. März 2024 | 19:00 Uhr

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