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#MDRklärtDas muss Magdeburg als Ausgleich für den Bau von Intel für die Umwelt tun

30. Juni 2022, 17:07 Uhr

380 Hektar Fläche soll Intel am Eulenberg in Magdeburg einnehmen. Die Ansiedlung des Chip-Herstellers hat Einfluss auf die vorhandene Natur. Die Stadt muss daher Maßnahmen zum Ausgleich für den Umwelt- und Naturschutz vornehmen. So muss an anderer Stelle Lebensraum geschaffen werden, und Tiere wie der Feldhamster sind umzusiedeln.

Eine riesige Fläche soll Intel in Magdeburg einnehmen. Bebaut wird dafür einiges an Natur – genauer gesagt 380 Hektar. Bevor sich Intel aber ab 2023 auf dem Eulenberg ansiedeln kann, müssen bestimmte Umweltmaßnahmen zum Ausgleich umgesetzt werden.

Die Maßnahmen dienen dazu, dass die Tier- und Pflanzenwelt nicht einfach unentschädigt unter Stahl und Beton begraben wird. Denn es gibt in dem Gebiet besondere Biotope und Tierarten, die unter das Artenschutzrecht fallen. Und die müssen jetzt versetzt oder zumindest ersetzt werden.

Magdeburg ist selbst verantwortlich

Verantwortlich für die Umsetzung der Maßnahmen ist nicht Intel, sondern die Stadt Magdeburg selbst. In einer Art Maßnahmenkatalog der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt ist aufgeführt, wie die Stadt vorzugehen hat.

Laut Stadt Magdeburg soll eine gesonderte Institution, die bisher nicht näher benannt wurde, die Maßnahmen nicht nur umsetzen, sondern diese 25 Jahre fortsetzen.

Ersatzpflanzungen für Biotope

Das Gebiet am Eulenberg ist durch Feldgehölzhecken geprägt. Zwei der drei Hecken sind als besonders geschütztes Biotop anerkannt – die Dritte nicht, wie aus einer Satzung des Stadtplanungsamts Magdeburg hervorgeht.

Laut dieser ist das Ziel eine möglichst große zusammenhängende Fläche zu gewinnen. Sprich: Die Hecke muss weg. So wurden im Frühjahr Ersatzpflanzungen auf einer 50 Meter breiten und 450 Meter langen Ackerfläche südlich von Magdeburg bei Wellenberge vorgenommen.

So soll die Giga-Fabrik von Intel in Magdeburg einmal aussehen. Bildrechte: MDR/Intel Corp.

Feldhamster müssen umziehen

Bevor solche Maßnahmen aufgestellt werden können, wurden im Vorfeld Umweltstudien in Auftrag gegeben oder sich auf bestehende bezogen. Eine davon ist zum Beispiel die "Faunistische Untersuchung von ÖKOTOP" aus den Jahren 2019 und 2020.

Aus der geht hervor, dass sich auf dem Eulenberg mehrere Feldhamsterbaue befinden. Es wird geschätzt, dass in diesem Gebiet bis zu 50 Feldhamster leben könnten. Da die auf der Roten Liste stehen, sind sie besonders schützenswert.

Damit die Nagetiere beim Bau der Intelfabriken nicht versehentlich getötet werden, müssen diese umgesiedelt werden.

Falle, Schaufel oder Minibagger

Im Maßnahmenkatalog der Stiftung Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt ist genau aufgeführt, wie beim Fangen der Tiere vorzugehen ist. So sollen in erster Linie Fallen mit Ködern vor den Eingängen der Baue aufgestellt werden. Die werden dreimal täglich kontrolliert.

Ist das nicht erfolgreich, sollen die Tiere mit Schaufel und Minibagger ausgegraben werden. Anschließend wird der Bau planiert und versiegelt, damit sich die Feldhamster nicht wieder ansiedeln können.

In sogenannten Feldhamsterkernflächen – anders bepflanzte Bereiche innerhalb eines Feldes – sollen die Tiere dann einen neuen Lebensraum finden. Vorgesehen waren dafür laut Bericht der Stiftung je eine Fläche bei Niederndodeleben und eine bei Sülldorf, in der Nähe von Osterweddingen.

Allerdings stehen die angedachten Flächen laut Maßnahmenkatalog der Stiftung Kulturlandschaften aktuell nicht mehr zur Verfügung. Ob bereits neue Flächen gefunden wurden, konnte nach Anfrage bei der Stadt Magdeburg nicht gesagt werden.

Feldlerche, Neuntöter und Braunkehlchen bekommen neue Brutplätze

Feldlerchen sollen durch Erbsenfenster oder Blühstreifen neuen Lebensraum erhalten. Bildrechte: Colourbox.de

Ähnlich wie die Feldhamster müssen auch andere Tiere, die auf Sachsen-Anhalts Roter Liste stehen, neuen Lebensraum erhalten. So müssen für Intel aus 181 Revieren Feldlerchen, sechs Neuntöter-Brutpaare und einige Braunkehlchen weichen, wie aus der ÖKOTOP-Studie hervorgeht.

Die Feldlerchen sollen nach dem Maßnahmenkatalog mit Feldvogelstreifen, Erbsenfenster, Blühstreifen und Feldhamsterkernflächen entschädigt werden. Wo sich diese letztlich befinden werden, geht daraus nicht hervor.

Für die Neuntöter ist schon eine genaue Fläche bei Beyendorf-Sohlen gefunden worden. Hier sollen verholzte Weideflächen in den Sohlener Bergen freigelegt und künftig mit Schafen beweidet werden. Die Fläche umfasst weniger als einen Hektar.

Der Neuntöter erhält neuen Lebensraum bei den Sohlener Bergen. Bildrechte: imago images/Shotshop

Auch für die Braunkehlchen wird ein neuer Lebensraum angelegt. So soll neben Blühstreifen, Feldvogelstreifen und Feldhamsterkernflächen ein Strauchweiden-Schwarz-Erlen-Gebüsch angelegt werden. Dieses soll nördlich des künftigen Gewerbegebietes an der Schroteaue liegen.

Bördeboden wird verschenkt

Mit dem Bau Intels werden auch tonnenweise Mutterboden der Ackerflächen abgetragen. 40 Zentimeter soll der Schwarz-Boden vor Ort nach einem Konzept des Stadtplanungsamt Magdeburg abgetragen werden.

Dieser soll dann an Landwirte der Region verschenkt werden. Besteht kein Bedarf mehr in der Landwirtschaft, kann er weiteren Interessenten angeboten werden.

Intel: Produktion soll 2027 starten

Baustart ist für 2023 geplant. Bis dahin sollten Hamster und Vögel umgesiedelt und neuer Lebensraum geschaffen sein.

Einige Jahre später – ab 2027 sollen dann Chips in Magdeburg produziert werden. In einer ersten Ausbaustufe sollen zwei benachbarte Halbleiterwerke gebaut werden. Intel will dafür zunächst rund 17 Milliarden Euro investieren.

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MDR (Maximilian Fürstenberg)

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