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Solange das Disziplinarverfahren gegen den Pfarrer aus Quedlinburg läuft, darf er nicht öffentlich verkündigen. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa | Jan Woitas

AfD-Kandidat in QuedlinburgDisziplinarverfahren: AfD-naher Pfarrer weist Vorwürfe zurück

11. April 2024, 11:06 Uhr

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland hat ein Disziplinarverfahren gegen den Pfarrer Martin Michaelis eingeleitet. Grund ist, dass Michaelis bei der Kommunalwahl in Quedlinburg als parteiloser Kandidat für die AfD antritt. Der zuständige Kirchenkreis hatte ihm deshalb bereits die Beauftragung für die Pfarrstelle in Gatersleben entzogen. Michaelis kritisiert die Entscheidung der Kirche.

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Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hat ein Disziplinarverfahren gegen den Pfarrer Martin Michaelis eingeleitet. Grund ist, dass Michaelis bei der Kommunalwahl in seinem Wohnort Quedlinburg (Landkreis Harz) als parteiloser Kandidat für die AfD antritt. Der Kirchenkreis Egeln (Salzlandkreis) hatte ihm deshalb bereits seine Pfarrstelle in Gatersleben im Salzlandkreis entzogen.

Als Pfarrer ist Michaelis verpflichtet, gegen rechtsextremistische Positionen Stellung zu beziehen.

Evangelische Kirche in Mitteldeutschland | in einer Pressemitteilung

Disziplinarverfahren nach Kandidatur für AfD in Quedlinburg

Wie die EKM mitteilte, hat das Landeskirchenamt das Disziplinarverfahren am Dienstag eingeleitet. Solange es laufe, sei Michaelis die öffentliche Wort-Verkündigung untersagt, ebenso wie die Sakramentsverwaltung samt Taufe und Abendmahl. Zuletzt hatte die Kirche noch mitgeteilt, man suche eine neue Stelle für den Pfarrer.

"Als Pfarrer ist Michaelis verpflichtet, gegen rechtsextremistische Positionen Stellung zu beziehen", teilte die EKM mit, "Mit der Kandidatur für die AfD, deren Landesverbände in Sachsen-Anhalt und Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft werden, unterstützt Pfarrer Michaelis mutmaßlich die Programmatik der AfD." Er setze so den Anschein, als sei rechtsextremes Gedankengut, das sich gegen die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtsstaats-Prinzip richte, vereinbar mit christlicher Theologie und Haltung.

EKM: Glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigen

Der Pfarrer sei zudem mit bekannten Mitgliedern der rechtsextremen und neonazistischen Szene aufgetreten. Es sei unerheblich, ob er als Parteiloser oder als Mitglied für die AfD kandidiere. Ordinierte Pfarrerinnen und Pfarrer müssten sich demnach sowohl im Amt als auch in ihrem Leben so verhalten, dass die glaubwürdige Ausübung des Amtes nicht beeinträchtigt werde.

"Wenn sie sich politisch betätigen, müssen sie erkennen lassen, dass das anvertraute Amt sie an alle Gemeindemitglieder weist und mit der ganzen Kirche verbindet." Daraus würden sich Grenzen für das politische Handeln ergeben, die die Pfarrer beachten müssten.

Michaelis kritisiert Evangelische Kirche für ihre Entscheidung

Michaelis sagte, von dem Disziplinarverfahren habe er durch eine Presseanfrage erfahren. Dies bezeichnete er als "ungewöhnlich". Der Vorgang zeuge nicht von besonderer Professionalität. EKM-Sprecher Friedemann Kahl wies diesen Vorwürfe zurück. Michaelis habe unmittelbar nach der Entscheidung von der Eröffnung des Disziplinarverfahrens und der Begründung Kenntnis erhalten.

Die Vorwürfe selbst bezeichnete der suspendierte Pfarrer als "nicht substantiiert". Michaelis will nach eigenen Angaben an seiner Kandidatur festhalten. Die Auffassung der EKM, dass die Programmatik der AfD mit christlichen Werten und seinem Amt als Pfarrer nicht vereinbar sei, habe er nicht zu vertreten.

Michaelis droht dauerhafter Entzug der Ordinationsrechte

EKM-Sprecher Kahl sagte, am Ende des Disziplinarverfahrens könne ein dauerhafter Entzug der Ordinations-Rechte stehen, also des Rechts auf öffentliche Verkündigung und der Feier der Sakramente. Derzeit werde das Verfahren durch den Chef-Arbeitsrechtler im Landeskirchenamt, Christian Vollbrecht, geführt. Eine Entscheidung müsse aber das Kollegium treffen, dem der Landesbischof, der Präsident des Landeskirchenamtes und die drei Dezernenten angehörten. Michaelis könne sich gegen die Entscheidung vor dem Kirchengericht wehren.

Pfarrbereich Gatersleben im November übernommen

Michaelis hatte die Kirchenleitung bereits Ende März scharf kritisiert, nachdem ihm die Beauftragung für den Pfarrbereich Gatersleben entzogen worden war. Dazu sagte er vor einer Woche, diese bewege sich außerhalb des Rechts. Es gebe keine stichhaltige theologische Begründung für die Entscheidung. Es handle sich um freie Wahlen und die Kandidatur dürfe ihm nicht zum Nachteil ausgelegt werden.

Martin Michaelis will sich bei seinem Engagement zu der Kommunalwahl nach eigenen Angaben vor allem mit Fragen des Denkmalschutzes politisch beschäftigen. Bildrechte: IMAGO / Zoonar

In Quedlinburg gehe es ihm politisch vor allem um Fragen des Denkmalschutzes. Dass der Verfassungsschutz die AfD in Sachsen-Anhalt als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstuft, halte er für ein durchsichtiges Manöver. Gespräche mit der Partei dürften nicht verweigert werden.

Michaelis hatte den Pfarrbereich Gatersleben erst im November vergangenen Jahres übernommen. Er stand bereits zuvor in der Kritik, weil er sich während der Corona-Pandemie gegen staatliche und kirchliche Regeln zum Infektionsschutz positioniert hatte. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN hatte er zudem mehrfach auf Veranstaltungen des "Querdenker"-Milieus gesprochen.

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dpa, MDR (Maren Wilczek, Susanne Ahrens) | Erstmals veröffentlicht am 10.04.2024

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. April 2024 | 09:30 Uhr

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