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Agrargenossenschaft BorneSchafe gegen Mäuseplage im Einsatz

30. November 2022, 09:54 Uhr

In Borne werden Schafe dazu eingesetzt, Felder vor Mäusen zu schützen. Mit ihrem goldenen Tritt, ganz ohne Pestizide. Von der Methode profitieren Schafe und Bauern. Nur der Maus wird das Leben schwer gemacht. Denn ihre Löcher werden alle zugetrampelt.

Ein lauter Pfiff und die beiden Hütehunde von Jürgen Maurer wissen genau, was ihre Aufgabe ist. Flink sausen der Bordercollie und der Harzer Fuchs um die Herde, treiben die Schafe zusammen. Die Herde soll heute noch umziehen auf einen anderen Ackerschlag bei Borne im Salzlandkreis. Auf diesem Acker hinterlassen sie nur noch Stiele und vor allem: eine Schlammwüste.

Auf dem Schlag neben der Schafweide sprießt Sommergetreide. Dazwischen sind immer wieder Mäuselöcher. Die Landwirte fürchten nach 2020 im kommenden Jahr eine erneute Mäuseplage. Damals haben die Nager mancherorts bis zu 80 Prozent der Ernte vertilgt. So ziemlich jeder Acker südlich des Mittellandkanals war betroffen.

Wann Mäuseplagen entstehen und wie man sie misstImmer wieder kommt es zur Massenvermehrung von Mäusen. "Das passiert alle drei bis fünf Jahre", weiß Christian Wolff. Er ist bei der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau in Bernburg Dezernatsleiter für Pflanzenschutz und Pflanzengesundheit. Die Zyklen werden seit langem beobachtet, erklärbar sind sie nicht. Die letzten Spitzen waren 2012, 2015/2016 und 2020/2021. Genauso abrupt, wie die Zahl der Tiere ansteigt, fällt sie danach meist wieder ab.

Gemessen wird mit der Lochtretmethode, erklärt Christian Wolff. Überall im Land nehmen Bauern ein Stück Acker genauer in den Blick. Auf Flächen von 250 Quadratmetern treten sie alle Mauselöcher zu und gucken am Tag danach, wie viele wieder geöffnet wurden. Anhand dieser Daten wird die Mäusepopulation geschätzt.

Landwirte befürchten neue Mäuseplage

Auch dieses Jahr könnte es wieder eine Mäuseplage geben. Die jüngsten Zahlen vom Oktober sind bereits wieder erhöht. Fünf bis acht Löcher auf der Fläche gelten als vertretbar. Derzeit ist es auf den Ackerflächen ruhig, fasst Christian Wolff zusammen.

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Doch auf Grünflächen am Rand oder wo Windräder stehen, ist einiges an Bewegung. Steigen dort die Zahlen, ist das ein Indikator für eine anwachsende Mäusepopulation. Die vermehren sich schnell: Ein Mäusepaar kann bei Idealbedingungen in zwei Jahren auf eine Population von bis zu einer Million Mäuse anwachsen.

Sind mehr als fünf bis acht Mauselöcher wieder offen, so ist eine Bekämpfung möglich. Doch die Regeln dafür sind streng: Rodentizide etwa, also Mäusegift, darf mancherorts gar nicht, anderenorts nur mit strengen Auflagen ausgebracht werden. So sollen andere Tiere wie Hamster oder Beutegreifer geschützt werden. Das ist Handarbeit und ziemlich aufwändig.

Schafe helfen gegen Plage

Die Vorstände der Agrargenossenschaft in Borne sehen einer Mäuseplage aber relativ unaufgeregt entgegen, obwohl ihr Betrieb mitten im Mäuseland mit dem fetten Bördeboden liegt. "Wo Jürgen mit seinen Schafen war, haben wir keine Probleme", verrät Vorstand Chris Köpke.

Der Grund ist der sogenannte "Goldene Tritt" der Schafe, der auch auf Deichen geschätzt wird. "Die Schafe treten mit ihren kleinen Hufen alle Löcher zu", weiß Jürgen Maurer. Das macht den Mäusen das Leben schwer – sie verschwinden.

Schafe bieten viele Vorteile

Für die Agrargenossenschaft ist das nicht der einzige Vorteil. Sie baut in den Herbst- und Wintermonaten Zwischenfrüchte an, was gut für den Boden ist und auch Treibhausgase bindet. Solche ökologischen Vorrangflächen sind Pflicht für jeden Landwirt. Vor der Frühjahrsbestellung müssen die Zwischenfrüchte eigentlich untergepflügt, gemulcht oder gemäht werden.

"Das brauchen wir hier nicht, weil Jürgen mit seinen Schafen alles abweidet", weiß Vorstand René Wegener zu berichten. "Dadurch sparen wir wertvollen Diesel und brauchen auf den Flächen auch kein Pflanzenschutzmittel." In Zeiten steigender Kosten ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Allein die Kosten für den nicht benötigten Diesel liegen bei 20 bis 25 Euro pro Hektar.

Statt die Felder mit dem Traktor zu bearbeiten, übernehmen die Schafe viele Aufgaben (Symbolbild). Bildrechte: colourbox

Win-Win bei Schäfer und Agragenossenschaft

"Anfangs war die Agrargenossenschaft etwas zurückhaltend, als ich gefragt habe, ob ich mit meinen Schafen ihre Ackerflächen beweiden kann", erinnert sich Jürgen Maurer, dessen Schafe ja auch im Winter fressen müssen. "Die beiden neuen Vorstände wissen die Vorteile aber zu schätzen und bauen eine Zwischenfruchtmischung ohne Buchweizen an, weil der nicht gut für die Schafe ist." Extra für die Schafe. Die Schafe finden Futter, und die Agrargenossenschaft hat weniger Arbeit und: weniger Mäuse.

Für die Schafe und die Bauern ist die Zusammenarbeit ergiebig. (Symbolbild) Bildrechte: imago images/Cover-Images

Für alle Flächen ist das natürlich nicht möglich. Wo Winterkulturen wie Raps oder Wintergetreide angebaut sind, würden die Schafe alles kahlfressen. Dort finden die Mäuse auch weiterhin einen gut gedeckten Tisch.

Den Winter abwarten

Ob eine Mäuseplage im kommenden Frühjahr droht oder vielleicht erst später, das hängt von vielen Faktoren ab. Unter anderem vom Wetter. Ein kalter, nasser Winter kostet viele Nager das Leben. Eine massenhafte Vermehrung würde dadurch unterbrochen werden.

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MDR (Annette Schneider-Solis)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 29. November 2022 | 19:00 Uhr

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