Das Wohngeld steigt spürbar, damit aber auch die Zahl der möglichen Antragsteller. Bildrechte: IMAGO/Steinach

Fehlendes Personal Neues Wohngeld: "Antragsteller werden vor Rathäusern Schlange stehen"

25. November 2022, 11:00 Uhr

Nach der Wohngeldreform haben mehr Menschen Anspruch auf die finanzielle Unterstützung. Die Ämter in den Städten und Kreisen rechnen mit einer Flut von Anträgen. Deren Bearbeitung wird wohl länger dauern, weil den Verwaltungen das Personal fehlt und nicht alle neue Mitarbeiter anstellen können.

von MDR SACHSEN-ANHALT

In Sachsen-Anhalt erwarten die Behörden im Zuge der geplanten Wohngeldreform Verzögerungen bei der Bearbeitung der Anträge. Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Bernward Küper, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es werde so gut wie unmöglich sein, die erwartete hohe Zahl an Anträgen zeitnah abzuarbeiten. In den Verwaltungen fehle das nötige Personal. Küper sagte: "Ab dem 2. Januar werden die Antragssteller vor den Rathäusern stehen."

26.000 Haushalte bekommen Wohngeld

In Sachsen-Anhalt erhalten nach Auskunft des Landes momentan rund 26.000 Haushalte Wohngeld. Laut Schätzungen könnte sich diese Zahl ab Januar verdreifachen. In Sachsen-Anhalt gibt es die meisten Wohngeldempfänger in Halle und Magdeburg. Hier erhalten nach Angaben des Infrastrukturministeriums bisher jeweils rund 3.200 Menschen Wohngeld. Küper rechnet mit einem Ansturm direkt im neuen Jahr.

Ab dem 2. Januar werden die Antragssteller vor den Rathäusern stehen.

Bernward Küper | Geschäftsführer Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt

Wegen des erwarteten Anstiegs von Anträgen hatte die Stadt Halle bereits Anfang der Woche mitgeteilt, 18 zusätzliche Mitarbeiter einstellen zu wollen. Laut Infrastrukturministerium dauert die Bearbeitung eines Wohngeldantrags aktuell zwischen vier und sechs Wochen.

Der Städte- und Gemeindebund-Geschäftsführer schlägt für eine bessere Umsetzung ein Start des Gesetzes am 1. April vor. Um lange Wartezeiten zu vermeiden, müssten außerdem die Prüfverfahren beim Wohngeld vereinfacht werden. Um die Erwartungshaltung der Menschen nicht zu enttäuschen, schlägt Küper auch die Möglichkeit einer nachträglichen Prüfung vor.

Personal für Bearbeitung der Wohngeldanträge fehlt

MDR SACHSEN-ANHALT hatte sich im Oktober bei den Kreisen und Städten umgehört. Auch sie gehen überwiegend davon aus, dass künftig doppelt bis dreimal so viele Menschen Wohngeld berechtigt sein könnten.

Es fehle derweil an Personal um diese Anträge zu bearbeiten, hieß es damals. Der Landkreis Börde rechnet sogar damit, dass sich die Zahl der Wohngeldberechtigten verfünffachen wird. Der Landkreis kritisierte, dass es zur Bewältigung des erhöhten Aufwandes bisher keine Unterstützung vom Land beziehungsweise Bund gegeben habe.

Bitte um Unterstützung für Kommunen

Auch die Stadt Halle appellierte seinerzeit an Bund und Land, die Kommunen bei der Umsetzung nicht hängen zu lassen. Der Landkreis Wittenberg formulierte die Kritik schärfer: Es sei "gängige Praxis, Aufgaben auf Kreisebene zu platzieren, [...] aber den personellen Mehraufwand nicht zu berücksichtigen."

Sowohl der Kreis Wittenberg als auch der Saalekreis seien sich sicher, dass sich die Bearbeitungszeit der Wohngeldanträge verlängern werde. Die Vorlaufzeit für diese grundlegende Änderung reiche nicht aus, um neues Personal einzustellen und zu schulen.

Mietzuschuss ab Januar für zwei Millionen Haushalte

Der Bundesrat entscheidet am Freitag über das sogenannte "Wohngeld Plus". Der staatliche Mietzuschuss kommt ab Januar rund zwei Millionen Haushalten zu Gute. Bisher profitieren davon 600.000 Wohneinheiten. Das Wohngeld soll um rund 190 Euro steigen.

Der Mietzuschuss ist für Menschen bestimmt, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, aber trotzdem wenig Geld haben. Ob ein Haushalt Anspruch auf Wohngeld hat, hängt von mehreren Faktoren ab. Dazu gehören die Zahl der Haushaltsmitglieder, die Höhe des Gesamteinkommens und die Höhe der Mietbelastung.

MDR (Ronald Neuschulz, Dennis Blatt, Julia Heundorf, Mario Köhne), dpa | Erstmals veröffentlicht am 24.10.2022