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BildungspolitikLehrermangel in der Oberlausitz nicht in Zahlen messbar

10. Oktober 2022, 05:30 Uhr

In der Oberlausitz fehlen, wie auch in vielen anderen Regionen in Sachsen, Lehrer und Lehrerinnen in Größenordnungen. Die Folgen: Unterrichtsausfall, pendelnde und gestresste Lehrkräfte, Schüler im Selbststudium. Genaue Zahlen für die Region gibt es allerdings nicht.

Es ist in der Oberlausitz Alltag: Schulen betteln sich gegenseitig um Lehrerinnen und Lehrer an, um den Stundenplan notdürftig abdecken zu können. In Görlitz gebe es an einigen Grundschulen Probleme beim Deutschunterricht, an einer Oberschule fehlten Mathe- und Physiklehrer, erzählen Lehrkräfte MDR SACHSEN, die nicht namentlich genannt werden wollen. In Zittau, so heißt es, könne der Geografieunterricht kaum noch abgedeckt werden. Die beginnende Grippewelle sowie die steigenden Corona-Zahlen verschärften die Situation.

In Sachsen fehlen mehr als 1.500 Lehrkräfte

Genaue Zahlen für die Oberlausitz nennt Roman Schulz vom Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) auf Anfrage von MDR SACHSEN nicht. Er geht aber auf die Situation in Sachsen ein: "Wir haben etwa 580 Lehrerinnen, die wegen Schwangerschaft nicht in der Schule sind. Und es gibt eine geringe dreistellige Zahl von Lehrerinnen und Lehrern, die von der Präsenz befreit sind aufgrund von Corona und anderen Erkrankungen."

Neben diesen Lehrkräften, die aktuell den Schulen nicht zur Verfügung stehen, kommen laut Schulz 1.500 unbesetzte Stellen. Die Gewerkschaft GEW hatte zum Beginn des Schuljahres von rund 3.000 offenen Stellen gesprochen.

Uns fehlen ungefähr 1.500 Stellen und das verteilt über den ganzen Freistaat. Vor allem aber in den Regionen Görlitz, Bautzen, in der Lausitz, im Erzgebirge, in Chemnitz sowie in Teilen von Nordsachsen.

Roman Schulz | Landesamt für Schule und Bildung

Lehrer pendeln zwischen Schulen

Fehler der Vergangenheit, zum Beispiel die sogenannte Zulassungsbeschränkung für Referendare, sorgt also jetzt für Kopfzerbrechen in Schulen und im Landesamt.

So versucht das Lasub, mit sogenannten "Abordnungen" den Unterrichtsausfall zu mildern. Und so pendeln derzeit zehn Lehrkräfte aus Schulen aus Gemeinden des Landkreises, unter anderem aus Seifhennersdorf und Ebersbach, in eine Oberschule nach Zittau, damit der Unterrichtsausfall dort nicht zu groß wird.

Auch in Görlitz pendeln Lehrer und Lehrerinnen zwischen Schulen hin und her. Oder die Kinder werden mit einer Beschäftigungsstunde "ruhiggestellt". Eine Beschäftigungsstunde gilt nicht als Unterrichtsausfall und wird demzufolge auch nicht in die Statistik aufgenommen, denn die Schüler und Schülerinnen erhalten Aufgabenmappen und müssen sich mehr oder weniger selbst organisieren.

Auch an den Gymnasien ist der Personalmangel leider bemerkbar. So werden Stunden durch abgeordnete Lehrkräfte aus anderen Gymnasien abgesichert. Auch in den Gymnasien nutzen wir das Programm Unterrichtsversorgung zur Absicherung.

Roman Schulz | Landesamt für Schule und Bildung

Den Unterricht abzusichern klappt aber nicht immer. Das bestätigen Schüler und Schülerinnen vom Gymnasium in Löbau, während sie aufgrund von Ausfallstunden durch die Stadt bummeln.

Klassen müssen notfalls zusammengelegt werden

In den nächsten Monaten wird die Situation nicht besser. Deshalb muss das Lasub reagieren. "Das heißt, wir werden nicht drumherum kommen, im Einzelfall Klassen zusammen zu legen, Wechselunterricht einzuführen und es wird unter Umständen an einzelnen Schulen Einschnitte in der Stundentafel geben," so Roman Schulz. Gerüchte, wonach das Landesamt die Zahl der Unterrichtsstunden reduziert hat oder dieses tun will, dementiert Schulz heftig.

Es gibt Schulen, die können den Grundbedarf in bestimmten Fächern nur zu 92 Prozent abdecken. Es gibt keine sachsenweiten planmäßigen Kürzungen. Aber es kann an einzelnen Schulen zu außerplanmäßigen Kürzungen kommen.

Roman Schulz | Landesamt für Schule und Bildung

Kaum noch Quereinsteiger für Naturwissenschaften und Fremdsprachen

Vor allem fehlten Lehrer für Naturwissenschaften und Fremdsprachen. In diesen Bereichen können selbst Quereinsteiger nicht mehr die Lücken schließen. "In den Jahren 2016, 2017 und 2018, da gab es tatsächlich noch den Physiker, der den Seiteneinstieg wollte oder den Mathematiker oder den Chemiker. Doch heute gibt einen Überhang an Sozial- oder Geisteswissenschaften," sagt Schulz.

Bei den grundständig ausgebildeten Lehrkräften gebe es weiterhin zu wenig Nachwuchs, so Schulz. "Weiterhin genügt die Bewerberlage nicht den Bedarf." Kultusminister Christian Piwarz räumte zu Beginn des Schuljahres den Mangel ein. Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es mit dem Ende der Ausbildung von rund 700 Referendarinnen und Referendaren im kommenden Februar. Wie viele davon in Sachsen bleiben, wird sich zeigen.

Doch nicht nur Lehrkräfte fehlen in den ländlich geprägten Regionen, auch Schulleiter. Nachdem der Schulleiter einer Zittauer Oberschule im Sommer seinen Ruhestand angetreten hat, ist seine Stelle unbesetzt. Drei Ausschreibungen verliefen im Sand.

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Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 05. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

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