BautzenHentschke Bau verklagt Universität Leipzig und Recherchekollektiv
Extremismusforscher der Uni Leipzig haben sich mit rechten Strukturen und dem Einfluss von Unternehmen in Ostsachsen beschäftigt. Eine in der Arbeit beleuchtete Firma klagt nun dagegen.
- Die Firma Hentschke Bau in Bautzen hat die Universität Leipzig verklagt.
- Es geht um Inhalte eines Policy Papers zu rechten Strukturen in Ostsachsen.
- Auch ein Recherchekollektiv befindet sich jetzt mit der Baufirma im Rechtsstreit.
Die Firma Hentschke Bau in Bautzen und deren Geschäftsführer Jörg Drews haben die Uni Leipzig verklagt. Wie die Universität MDR SACHSEN bestätigte, war die Klage Ende April beim Verwaltungsgericht Leipzig eingereicht worden. Zuerst hatte die Sächsische Zeitung darüber berichtet.
In der Sache geht es um eine Publikation, die Wissenschaftler des Else-Frenkel-Brunswik-Institut für Demokratieforschung (EFBI) an der Uni Leipzig im März veröffentlicht haben. Unter dem Titel "Vernetzt und etabliert: Unternehmerisches Engagement für die extreme Rechte in Ostsachsen" ging es darum, wie rechtes politisches und soziales Engagement von Unternehmen zur Normalisierung antidemokratischer Positionen sowie zur Vernetzung extrem rechter Akteure beiträgt.
"Die sogenannte Studie enthält zahlreiche unwahre Tatsachenbehauptungen und rechtswidrige Äußerungen", meinte Unternehmenssprecher Falk Al-Omary im Gespräch mit MDR SACHSEN." Wir klagen in erster Linie auf Unterlassung bzw. Richtigstellung, behalten uns Schadenersatzforderungen aber ausdrücklich vor."
Die sogenannte Studie enthält zahlreiche unwahre Tatsachenbehauptungen und rechtswidrige Äußerungen.
Falk Al-Omary | Sprecher von Hentschke Bau
Uni Leipzig steht zu Inhalten des Papers
In dem Text wird unter anderem das politische Wirken des Bautzeners Jörg Drews, Geschäftsführer von Hentschke Bau, thematisiert. Er habe in der Vergangenheit beispielsweise das alternative Medium "Denkste?!" unterstützt sowie Ostsachsen.TV teilfinanziert. Letztgenannter Sender habe auch extrem Rechten eine Plattform gegeben. Auch sei im Jahr 2017 von Hentschke Bau GmbH eine Parteispende in Höhe von 19.500 Euro an die AfD geflossen. Des Weiteren wird in der wissenschaftlichen Publikation auf einen Vorfall im Pausenraum der Firma eingegangen, bei dem laut einer nicht namentlich genannten Quelle rechtsradikale Positionen geäußert wurden. Laut Hentschke Bau lässt sich der Vorfall nicht bestätigen. Auch wehrt sich das Unternehmen gegen Schlussfolgerungen, die in dem Policy Paper gezogen werden.
Das EFBI steht nach wie vor zu den Inhalten des Policy Papers.
Carsten Heckmann | Sprecher der Universität Leipzig
"Damit werden wir uns auseinandersetzen", sagte Sprecher der Uni Leipzig, Carsten Heckmann, zur Klage. Mehr lasse sich dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. "Klar ist aber: Das EFBI steht nach wie vor zu den Inhalten des Policy Papers", betonte Heckmann.
Nun sollen Verwaltungsjuristen entscheiden. Denn seitens Hentschke Bau wird bezweifelt, "ob eine Hochschule, die mit öffentlichen Geldern hantiert, überhaupt eine Studie herausgeben darf, die Unternehmer diskreditiert", so Firmensprecher Al-Omary.
Klage gegen das Recherchekollektiv
Des Weiteren war eine Unterlassungsaufforderung an den Trägerverein des Recherchekollektivs 15 Grad Research gegangen, bestätigte der Sprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. im Freistaat Sachsen (VVN-BdA Sachsen), Silvio Lang. Das Recherchekollektiv 15 Grad Research aus dem Landkreis Görlitz hatte für die wissenschaftliche Arbeit maßgeblich Daten, Interviews, Fotos und Videomaterial zur Verfügung gestellt. Darunter auch das Interview mit einem Ex-Mitarbeiter über den in der Publikation dargelegten Vorfall im Pausenraum.
Wir haben vollstes Vertrauen in die Qualität der Recherche.
Silvio Lang | VVN-Bda Sachsen
Hentschke Bau sieht in dem Fall eine unwahre Behauptung, in anderen Punkten unzulässige Verdachtsberichterstattung. Die VVN-BdA Sachsen hat die Unterlassungsaufforderung zurückgewiesen. Das Policy Paper ist weiterhin auf der Internetseite des Recherchekollektivs veröffentlicht. "Wir haben vollstes Vertrauen in die Qualität der Recherche", betont Lang. Da der Blog von 15 Grad Research ein journalistisches Erzeugnis sei, gelte hier auch der Quellenschutz. Die Identität des Ex-Mitarbeiters müsse also nicht offengelegt werden. Jetzt geht der Streit vor das Landgericht Dresden.
Redaktionshinweis: Dem Recherchekollektiv wurde vom Landgericht Dresden verboten, die streitgegenständlichen Aussagen weiterhin zu verbreiten.
MDR (ama)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 15. Juni 2023 | 10:30 Uhr