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Männermagazin mit neuer MissionWird Polens Playboy feministisch?

21. Juni 2019, 05:00 Uhr

Neuerdings leitet eine Frau den polnischen Playboy. Sie nimmt geölte Körper aus dem Blatt und will den Männern erklären, wer sie wirklich sind. Rettet sie so das Magazin?

von Olivia Kortas

Auf dem Cover des polnischen Playboys zeigt Schauspielerin Michalina Olszańska-Rozbicka ihre Zunge. Frech schaut sie dem Leser in die Augen. Er sieht nur ihr Gesicht, keine nackten Brüste, keinen nackten Po. Das Cover ist eine Ansage: Ab jetzt sieht Euer Playboy anders aus, liebe Männer!

Weg vom Schmuddelimage

Es ist die erste Ausgabe, die unter der neuen Chefredakteurin Anna Mierzejewska entstanden ist. Die 27-Jährige arbeitete zuvor schon für andere Zeitschriften der Marquard Media Gruppe, wie "Cosmopolitain" und "Joy". Hugh Hefner war in Mierzejewskas Alter, als er das Männer-Magazin 1953 in den Vereinigten Staaten gründete. Seitdem hat sich vieles getan, Tabus sind verschwunden, die Gesellschaft spricht offener über Sex. Mierzejewska kündigt deshalb eine neue "Mission" des Magazins an: Sie will den Männern erklären, wer sie selbst wirklich sind.

Bildrechte: Facebook/Anna Mierzejewska

"Hefner sagte einmal, der Playboy entstand aus der Erfahrung, dass auch Frauen Sex mögen", schreibt sie im Editorial, "jedoch wissen wir, dass sich die Welt nicht nur um Sex dreht, sie fängt höchstens mit ihm an." Der Playboy war schon immer ein Magazin mit starken Interviews, Reportagen und Prosa. Auf diese Inhalte will Mierzejewska nun verstärkt setzen. Mit ihr soll der Playboy vor allem endlich sein Image als Schmuddelheft ablegen. In der Tram solle sich niemand mehr für den Playboy schämen.

Der neue Playboy liest sich wie eine "Elle" für Männer

Die Ankündigung ist logisch: Wer heute nach Fotos nackter Frauen sucht, findet sie im Internet, anonym und kostenlos. Der Playboy kann da nicht mithalten. Er braucht Inhalte, um überleben zu können. Obwohl sich die Auflage in den letzten drei Jahren bei circa 24.000 Exemplaren pro Monat eingepegelt hat, sind die Verkaufszahlen im langfristigen Trend rückläufig. Das US-Magazin verbannte für kurze Zeit die typischen Nacktfotostrecken aus dem Magazin. Und auch der polnische Ableger ist schon seit Jahren mehr als nur ein Bildband voller Nacktmodels und freizügiger Prominenter. Mierzejewskas Vorgänger hat bereits Kulturthemen und Rezensionen ins Blatt gehoben.

Der neue Playboy sieht mehr denn je aus wie eine "Elle" für Männer: Der Leser erfährt, wie viel ein neues Longboard kostet und ob Houllebecqs neues Buch lesenswert ist. Das Interview mit dem schwangeren Covergirl Olszańska-Rozbicka führt die Chefredakteurin selbst, es liest sich wie ein Gespräch zwischen Freundinnen. Die drei hüllenlosen Fotostrecken sind eher verspielt als sexy. In einem Interview erklären zwei Feministinnen, wer der Mann von heute ist: Kein Macho in Lederjacke, den seine Muskeln auszeichnen, sondern sein gesellschaftliches Engagement.

Immer noch muss der Mann das starke Geschlecht spielen

Allerdings geht diese Sichtweise an der polnischen Realität vorbei. In dieser muss der Mann nach wie vor das starke Geschlecht spielen. "Väter nehmen keinen Vaterschaftsurlaub, auch wenn sie das gerne wollen, weil sie sich sonst vor der Familie, den Freunden, oder sogar der eigenen Frau rechtfertigen müssten", sagt Małgorzata Druciarek, Expertin für Geschlechtergerechtigkeit am Institut für Öffentliche Angelegenheiten, einer unabhängigen Denkfabrik in Warschau. Die traditionelle Rollenverteilung werde von der nationalkonservativen Regierung und der Kirche propagiert. Umso wichtiger ist es, dass Medien wie der Playboy Stereotype brechen, ganz gleich, ob dahinter nur ein wirtschaftlicher Anreiz steckt oder nicht.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV:MDR aktuell | 28.09.2017 | 19:30 Uhr

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