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Zerstörte Häuser, viele ToteUmkämpftes Mariupol: Was wir über die Lage in der Stadt wissen

18. März 2022, 19:20 Uhr

Russland führt den Krieg in der Ukraine mit äußerster Härte, besonders in der belagerten Hafenstadt Mariupol. Dort ist die Lage dramatisch, die Zerstörungen sind gewaltig.

In Mariupol wird weiter gekämpft. Noch immer haben russische Einheiten die Stadt am Asowschen Meer nicht komplett unter ihre Kontrolle bringen können. Am Freitag hieß es aus dem russischen Verteidigungsministerium, die Armee des Landes habe zusammen mit Separatisten aus der sogenannten Volksrepublik Donezk den Belagerungsring enger gezogen.

Ob die russischen Einheiten und ihre Verbündeten wirklich Geländegewinne in der umkämpften Stadt erzielen konnten, lässt sich nicht unabhängig überprüfen. In Mariupol kämpfen auch Einheiten aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien von Machthaber Ramsan Kadyrov. Auf ukrainischer Seite wiederum wird der Kampf zu einem großen Teil von nationalistischen Asow-Brigaden geführt, die Teil der Nationalgarde sind und in Mariupol ihr Hauptquartier haben.

Mariupol: Angeblich noch 350.000 Menschen in der Stadt

Auch wenn die genaue militärische Lage vor Ort nicht bekannt ist, klar ist, dass die Stadt schon jetzt massiv von den Kämpfen getroffen wurde. Vor dem Krieg hatte die Stadt am Asowschen Meer rund 440.000 Einwohner, inzwischen sind der Stadtverwaltung zufolge noch 350.000 Menschen in Mariupol. Allein in den vergangenen zwei Tagen hätten etwa 30.000 Menschen die Stadt über Fluchtkorridore verlassen.

Der Stadtrat betreibt einen eigenen Telegram-Kanal. Auf weiteren Kanälen des Messengerdiensts sind weitreichende Zerstörungen in der Stadt dokumentiert. Die Fotos und Videos zeigen zerstörte Gebäude, zuletzt auch die Trümmer des Stadttheaters, das von einer Explosion zerstört wurde und in dem sich nach unterschiedlichen Angaben 500 bis 1.300 Menschen in einem Schutzraum befunden haben sollen. Bis Freitagmittag wurden lediglich 130 von ihnen gerettet.

Fast keine der Angaben lassen sich unabhängig überprüfen. Lediglich zwei Fotojournalisten der US-amerikanischen Nachrichtenagentur AP sind noch vor Ort und berichten.

Fotos und Videos zeigen Zerstörungen

Es ist allerdings möglich, einige der Fotos und Videoaufnahmen zu verifizieren. So stammen die meisten Bilder des zerstörten Stadttheaters vom Telegram-Kanal "Mariupolnow". Dort werden seit Beginn der russischen Invasion Bilder von Angriffen in der Stadt gepostet, auch die offizielle Seite des Stadtrats teilte die Bilder.

Bei den Fotos und Videos vom Stadttheater war etwa eine Geolokalisation möglich, dass heißt, der Ort konnte mit hoher Wahrscheinlichkeit verifiziert werden. Auch andere Bilder und Videos lassen sich zuordnen.

So postete der tschetschenische Präsident Kadyrow etwa ein Video, auf dem tschetschenische Kämpfer bei einem Feuergefecht in einer teilweise zerstörten Hochaussiedlung zu sehen sind. Die Aufnahme des Video konnte von Internetnutzern mit Hilfe sogenannter OSINT-Techniken im Südosten der Stadt verortet werden.

Stadtrat: 80 Prozent des Wohnungsbestands zerstört

Auf der Telegram-Seite des Stadtrats heißt es zu den Zerstörungen: "Im Durchschnitt werden pro Tag 50 bis 100 Fliegerbomben auf die Stadt abgeworfen. Die Zerstörung ist enorm, nach vorläufigen Schätzungen sind etwa 80 Prozent des Wohnungsbestands der Stadt zerstört, von denen fast 30 Prozent nicht wiederhergestellt werden können."

Auch Satellitenbilder geben Auskunft über die Lage vor Ort: Diese kommen vor allem vom US-amerikanischen Unternehmen Maxar. Sie zeigen jeweils bestimmte Ausschnitte der Stadt aus der Vogelperspektive. Teilweise sind darauf Rauch und auch zerstörte Häuser zu erkennen. Das Problem dabei ist aber: Die Bilder zeigen immer nur kleine Ausschnitte der Stadt – teilweise lassen sich die Zerstörungen von oben auch nicht erkennen, etwa weil Häuser nur an der Front beschädigt sind.

UN: "Die letzten Reserven an Essen und Wasser gehen zu Ende"

Inzwischen gibt es in verschiedenen Medien Augenzeugenberichte von Menschen, die aus der Stadt geflüchtet sind. Sie berichten von vielen Toten und Nahrungsmangel. Das bestätigten auch die Vereinten Nationen. Ein Sprecher des Welternährungsprogramms sagte am Freitag in Genf: "Die letzten Reserven an Essen und Wasser gehen zu Ende."

Zudem fehlten Versorgungsgüter und Medikamente, was verheerende Konsequenzen haben könne, hieß es vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR). Immer noch könnten keine Hilfskonvois die Stadt erreichen. Auch sonst sei die Versorgungskette nicht mehr gewährleistet. Aus Angst vor Schüssen zögerten Lkw-Fahrer, sich ans Steuer zu setzen.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 18. März 2022 | 16:06 Uhr