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Russlands zentraler Wahlkommission zufolge Insgesamt haben fast 76 Millionen Russen für Putin gestimmt. Bildrechte: picture alliance/dpa/TASS | Kirill Kukhmar

Russland-WahlPutin von Wahlkommission als Präsident bestätigt

18. März 2024, 14:06 Uhr

Wladimir Putin ist nach der dreitägigen Wahl in seinem Amt als Präsident Russlands wiedergewählt worden. Eine Überraschung war das nicht: Der Sieg galt als sicher, da keine echten Oppositionellen zur Wahl zugelassen waren. Laut staatlicher Wahlkommission kommt der Kremlchef nach Auszählung von 99 Prozent aller Wahllokale auf mehr als 87 Prozent – ein Rekordwert, der von vielen Seiten kritisch beäugt wird.

Nach Auszählung der Stimmen aus 99 Prozent der Wahllokale kommt Kremlchef Wladimir Putin auf mehr als 87 Prozent und steht damit vor einer weiteren sechsjährigen Amtszeit. Das berichtete die staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die Wahlbehörden. Das russische Staatsfernsehen erklärte Putin am Sonntag auf Grundlage von Wählernachbefragungen mehrerer kremlnaher Institute zum Sieger. Bei der Abstimmung über eine fünfte Amtszeit Putins waren keine echten Oppositionskandidaten zugelassen. Die Wahl war außerdem von Manipulationsvorwürfen begleitet.

Damit legte der 71 Jahre alte Putin um mehr als zehn Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl von 2018 zu. Es gilt als das beste ihm je zuerkannte Ergebnis. Die Wahlbeteiligung wurde mit über 77 Prozent angegeben – ebenfalls ein Rekord. Insgesamt hätten fast 76 Millionen Russen für Putin gestimmt. Es war der höchste Wert bei einer russischen Präsidentenwahl.

Kritiker wiesen jedoch darauf hin, dass er nur durch Repressionen und Zwang erreicht wurde. Berichten unabhängiger Beobachter zufolge haben aber vor allem staatliche Institutionen und Konzerne massiven Druck auf Angestellte ausgeübt, zur Abstimmung zu gehen.

Putin sieht Russland geeint

Putin sagte in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Erklärung, dass die Wahl Russland geeint habe. Die Wahlergebnisse zeigten das "Vertrauen" der Russen in seine Führung und die Hoffnung, dass die Regierung alles wie geplant erledige. Die Regierung und alle, die gewählt hätten, seien ein "geeintes Team".

Selenskyi spricht von Wahlfälschung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Präsidentschaftswahlen in Russland und dem erneuten Erfolg Putins währenddessen jede Legitimität abgesprochen. "Diese Wahlfälschung hat keine Legitimität und kann keine haben", sagte Selenskyj.

Lange Schlangen als Protest vor Wahllokalen

Protest-Schlange in Petersburg. Bildrechte: picture alliance/dpa/AP | -

Der Abschluss der russischen Präsidentschaftswahl am Sonntag wurde von Protesten von Oppositionsanhängern im In- und Ausland begleitet. Überall in Russland folgten Menschen am Sonntag dem Aufruf von Anhängern des gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und versammelten sich um die Mittagszeit vor den Wahllokalen.

Vor Wahllokalen unter anderem in der russischen Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg bildeten sich laut Journalisten der Nachrichtenagentur AFP lange Schlangen, in denen Wähler ihre Unterstützung für den Kreml-Kritiker bekundeten.

"Das ist die letzte Form des Protests, bei der du dich frei ausdrücken kannst", sagte der 29-jährige IT-Spezialist Alexander, der sich vor Nawalnys früherem Wahlbüro in Moskauer Bezirk Marjino eingefunden hatte. "Wenn ich das nicht getan hätte, hätte ich mich wie ein Feigling gefühlt", betonte er.

Laut der Bürgerrechtsorganisation OWD-Info wurden bei den Protestaktionen mindestens 80 Menschen festgenommen. Die Behörden meldeten Festnahmen wegen "Vandalismus". Demnach gossen Menschen in Wahllokalen grünen Farbstoff in Wahlurnen, zudem zündeten Wähler bei der Stimmabgabe Molotowcocktails oder Feuerwerkskörper.

Nawalnys Witwe zur Stimmabgabe in Berlin

Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja hatte dazu aufgerufen, bei der Aktion "Mittags gegen Putin" geschlossen in die Wahllokale zu strömen und für einen der Gegenkandidaten Putins zu stimmen oder den Wahlzettel mit dem Schriftzug "Nawalny" ungültig zu machen. Sie selbst reihte sich am Sonntag zur Stimmabgabe vor der russischen Botschaft in Berlin ein und schrieb den Namen ihres toten Mannes auf den Wahlzettel.

Julia Nawalnaja vor der russischen Botschaft in Berlin. Bildrechte: picture alliance/dpa | Carsten Koall

Auch in anderen europäischen Hauptstädten wie Paris bildeten sich vor den russischen Botschaften lange Schlangen. In der Nähe des russischen Generalkonsulats in Bonn fand ebenfalls eine Demo gegen Putin statt, an der rund 250 Menschen teilnahmen. Der Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow sprach aus dem Exil heraus von einer "Explosion" des Widerstands gegen Putins Weiterregieren

Farbstoff in Wahlurnen geschüttet

Bereits an den ersten beiden Wahltagen hatte es verschiedene Protestaktionen in russischen Wahllokalen gegeben. Wählerinnen und Wähler schütteten unter anderem Farbstoff in Urnen, um Stimmzettel ungültig zu machen. In der Folge gab es zahlreiche Festnahmen wegen "Vandalismus". Die Behörden hatten wiederholt vor der Teilnahme an Wahlprotesten gewarnt und mit Strafen gedroht. 

Nach Angaben von Aktivisten wurden bei den Protesten im Zuge der Wahl mindestens 74 Menschen festgenommen. Die Festnahmen wegen unterschiedlicher Aktionen seien in 17 Städten erfolgt, die meisten im zentralrussischen Kasan und in der Hauptstadt Moskau, erklärte die auf Dokumentation von Festnahmen spezialisierte russische Bürgerrechtsorganisation OWD-Info.

Wahlen weder frei noch fair

Das Auswärtige Amt bezeichnete die Abstimmung über Russlands künftigen Präsidenten im Onlinedienst X als "Pseudowahlen". "Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden", hieß es. Der langjährige Kreml-Chef Wladimir Putin herrsche "autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt".

Der Grünen-Europa-Politiker Anton Hofreiter hält das Ergebnis der Präsidentenwahl für wenig aussagekräftig. Der Vorsitzende des Bundestags-Europa-Ausschusses sagte MDR AKTUELL, es sei vor allem durch Wahlfälschung zustandegekommen. Zudem habe es keine relevanten Gegenkandidaten gegeben. Mit Alexej Nawalny habe Putin vielmehr den relevantesten Gegenkandidaten beiseiteräumen lassen.

Begonnen hatte der letzte Wahltag unter dem Eindruck massiver ukrainischer Drohnenangriffe. Laut dem russischen Verteidigungsministerium wurden in der Nacht und am frühen Morgen mindestens acht Regionen aus der Luft angegriffen, darunter auch die Hauptstadt Moskau. Im russisch kontrollierten Teil der ukrainischen Region Saporischschja, wo ebenfalls gewählt wurde, geriet den örtlichen von Moskau eingesetzten Behörden zufolge ein Wahllokal nach einem Drohnenangriff in Brand.

AFP/dpa(jst/amu)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 17. März 2024 | 14:10 Uhr