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ReportageDement, aber noch da

17. Juli 2023, 10:56 Uhr

Was geschieht auf einer Pflegestation für Demenzkranke? Überraschende Einblicke erhielt Autorin Cosima Jagow-Duda, die zwei Wochen lang Patienten auf einer geschützten Demenzsation begleitet hat.

Es ist ein Alptraum, am Ende unseres Lebens als Bewohner auf einer Pflegestation für Demenzkranke zu landen. Was wirklich in der Abgeschiedenheit solch einer Einrichtung geschieht, wissen wir oft nicht. Für eine Woche im Herbst 2018 begibt sich Autorin Cosima Jagow-Duda in eine geschützte Demenzstation, um das herauszufinden. Sie will nicht nur mit der Kamera beobachten, sondern das Personal begleiten und den Menschen begegnen.

Leben im geschützten Bereich

Vor den Filmaufnahmen kennt Cosima Jagow-Duda Demenz nur aus der Theorie. Sie weiß: Wir werden immer älter, aber unser Gehirn steigt oft schon früher aus. Jede, jeder Vierte in Deutschland erkrankt nach dem 85. Lebensjahr an Demenz. Frauen trifft es häufiger als Männer. Eine Weile können Demenzkranke noch zu Hause leben, doch irgendwann geht das nicht mehr. Dann bleibt nur noch eine Einrichtung wie das Sophienhaus in Berlin, das betrieben wird von einem Unternehmen der evangelischen Kirche und der Diakonie. Hier, in einem geschützten Wohnbereich, leben 35 Menschen, die schwer an Demenz erkrankt sind und sich und andere gefährden können.

Betreut werden die Bewohner von bis zu acht Pflegenden. Sie haben mehr als genug zu tun, und fast immer kommt etwas dazwischen, egal ob Notfälle oder Konflikte. Trotzdem müssen sie konzentriert arbeiten und dabei immer Ruhe ausstrahlen. Pflegerein Katrin Tom-Dieck hat die Herausforderung angenommen.

Um eine Beziehung zu den Menschen zu bekommen, muss man wirklich sehr kreativ sein. Das macht mir einfach Spaß. Genau zu sehen, wo ist der Mensch jetzt gerade, wenn ich den angucke: Ist der böse, ist der gut gelaunt?

Katrin, Pflegerin

Zuwendung und Körperkontakt helfen

Im Sophienhaus wird Cosima Jagow-Duda schnell klar: Menschen mit einer Demenz haben meist nur die Orientierung und ihr Gedächtnis verloren. Fühlen können sie nach wie vor.

Demenzkranke brauchen besonders viel Einfühlungsvermögen. Bildrechte: MDR/rbb

Je nach Tagesform sind die Demenzkranken offen oder verschlossen, gut oder schlecht gelaunt, sind aufmerksam oder schalten ab. Sie nehmen keine Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer und verstellen sich nicht, denn sie erleben die Welt um sich herum ähnlich wie kleine Kinder. "Demenz hat eine laute und leise Seite", erfährt die Filmemacherin.

Durch Zuwendung und Körperkontakt, durch alte Lieder und Melodien, durch eine klare Sprache, durch Bilder, Fotos und Farben kann man ihre Emotionen noch ansprechen, auch wenn der Verstand schon lange müde ist.

Man sollte sie oft spüren lassen, dass man sie wahrnimmt, dass man sie mag. Ein Grüßen, ein Anlächeln, eine Berührung. Das kann man auch zwischendurch machen, wenn nicht viel mehr Zeit da ist, um sich vielleicht dazuzusetzen.

Rüdiger, Pfleger

Berührung ist ein Schlüssel im Umgang mit Demenzkranken. Bildrechte: MDR/rbb

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | 22. April 2021 | 22:35 Uhr