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Kleiner als ein Zweieurostück: Das künstliche Ohr. Bildrechte: Michael Reichel

BionikFür Hörgeräte oder Sprachassistenten: Forscher entwickeln künstliche Ohren

09. Mai 2023, 09:01 Uhr

Ohren können Klänge sortieren, bevor sie ans Gehirn weitergeleitet werden. Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der TU Ilmenau hat nach dem Vorbild der Ohren inspirierte Mikrofone entwickelt.

Unser menschliches Ohr kann Unglaubliches: Aus einem Gewirr von Stimmen filtern wir die richtige heraus. In lauten Umgebungen können wir die Worte eines Gesprächspartners von den Geräuschen im Hintergrund unterscheiden. Das alles leistet unser Innenohr, noch bevor unser Gehirn versucht, einen Sinn im Gehörten zu entdecken. Mikrofone dagegen nehmen den gesamten Brei an Klängen auf. Sollen Computer gesprochene Informationen herausfiltern, brauchen sie dafür ordentlich Rechenleistung – bisher. Ein internationales Forscherteam mit Thüringer Beteiligung hat jetzt einen neuen Typ von Mikrofon entwickelt, der ein paar der Kniffe des menschlichen Ohres nachahmen kann.

Innenohr kann Klänge filtern und selektiv verstärken

Das Innenohr besitzt unter anderem tausende feine Härchen in der sogenannten Schnecke, einem mit Flüssigkeit gefüllten Gang, in dem einkommende Schallwellen zerlegt werden. Der Trick: Dadurch, dass die Härchen alle unterschiedlich lang sind, reagieren sie auf verschiedene Teile des akustischen Spektrums. Manche Härchen schwingt nur bei besonders hohen Töne, manche nur bei tiefen.

Dadurch können aus einem Geräuschteppich einzelne Klänge herausgehört und einzeln erfasst werden, bevor die Informationen an das Gehirn weitergegeben werden. So wird verhindert, dass ein Ton den anderen verdeckt. Zugleich werden leise Klänge verstärkt und sehr laute abgeschwächt. Forschende nennen diese Fähigkeit die "nichtlineare oder kompressive Verstärkung".

Künstliches Ohr ist den Hör-Härchen nachempfunden

Das Team der Wissenschaftler von der Technischen Universität Ilmenau, der Universität Kiel, dem Karlsruher Institut für Technologie, dem University College Cork und Fraunhofer Institut für Medientechnologie hat nun ein Mikrofon entwickelt, das sogenannte Biegebalken besitzt, also den menschlichen Haarzellen im Ohr nachempfundene künstliche Adern aus Silizium, die zwischen 30 Mikrometer und einem Millimeter klein sind.

Die biologisch inspirierten Mikrofone hier oben links im Bild noch als Labormodell. Die Entwicklung von Prototypen steht als nächstes auf der Agenda. Bildrechte: Michael Reichel

Durch die unterschiedlichen Längen reagieren die Balken auf verschiedene Töne. Zudem sind die einzelnen Balken elektronisch verstärkbar. So können die künstlichen Ohren an verschiedene Umgebungen mit unterschiedlich lauten Störgeräuschen angepasst werden. Das könnte einerseits Sprachassistenten wie Alexa oder Siri helfen, die Stimme ihrer Besitzer besser zu verstehen, wenn es laut wird in einer Wohnung. Andererseits könnten aber auch die Träger von Hörgeräten profitieren, wenn die Hörhilfen den Klangbrei besser vorsortieren.

Kostengünstige Massenproduktion ist möglich

Eine bessere Filterung der Klänge reduziert den Bedarf an Rechenleistung für die Spracherkennung, aber auch für die Verstärkung des Hörgeräts. Dadurch kann Energie gespart werden und Hörgeräte könnten künftig länger laufen und mehr Leistung bringen. Die Verwendung von Silizium ermögliche zudem eine kostengünstige Massenproduktion, so eine Mitteilung der Forschenden. Sie wollen nun im nächsten Schritt Prototypen entwickeln, die den Schritt aus dem Labor heraus in die Praxis möglich machen sollen.

Neben Sprachassistenten und Hörgeräten könnte ein weiteres Anwendungsgebiet auch die Überwachung der Produktion in Fabriken sein.

Links/Studien

(ens)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Hauptsache Gesund | 06. Januar 2022 | 21:00 Uhr

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