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CoronaOmikron: Können die Einschränkungen in Sachsen gelockert werden? Experten warnen!

05. Januar 2022, 00:08 Uhr

Was kommt in Sachen Omikron auf Sachsen zu? Kommen wir mit einem blauen Auge davon, auf was müssen wir uns einrichten? So eröffnete Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) eine Live-Gesprächsrunde am Dienstag mit Sachsens Sozialministerin Petra Köpping, Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery, Christoph Josten, Chef der Uniklinik Leipzig, Virologe und Omikron-Mitentdecker Wolfgang Preiser von der Stellenbosch-Universität in Südafrika und dem deutschen Generalkonsul in New York, David Gill.

Den Aufschlag in der Expertenrunde zur Corona-Lage machte Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) mit der aktueller Coronadatenlage desd Landes: Die Inzidenz bei 287, ein großer Fortschritt verglichen mit knapp 1.400 im November 2021. Damit liegt Sachsen bundesweit auf Platz sechs. Köpping verweist auf die Prognose aus dem Herbst, die bei ungebremster Coronawelle von 5.000 Coronatoten in Sachsen ausgegangen war. Dank der verschärften Schutzmaßnahmen seien es jedoch "nur" 3.000 - und damit sei möglicherweise 2.000 Menschen das Leben gerettet worden.

Omikron-Verbreitung in Südafrika

Aber was ist mit der Omikron-Corona-Variante? Wie wertet die Fachwelt diese Virusvariante? Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery nennt zwei Aspekte, weshalb Omikron nicht unterschätzt werden sollte, auch wenn die Krankheitslast dieser Virusvariante nur bei 70 Prozent liegt. Zum einen ist die Ansteckungskraft zwei- bis viermal höher als bei der Delta-Variante. Das führe zu einem exponentiellen Zuwachs von Fällen, die auch im Krankenhaus landen, was wiederum die Krankenhäuser ans Limit bringe.

Dramatische Folgen

Ähnlich sieht es Virologe Wolfgang Preiser, der an der Stellenbosch University bei Kapstadt arbeitet. Er hat das Virus mit entdeckt und schildert, wie leicht es das Virus hat, sich in Südafrika auszubreiten. "Je ärmer jemand ist, je mehr Fahrten mit dem Sammeltaxi, desto höher das Risiko, sich zu infizieren. Wenn man in Großfamilie mit acht Leuten in zwei Zimmern wohnt und sich Toilette und Bad mit Nachbarn teilt, kann man sich nicht isolieren. Dementsprechend sind auch die Folgen sehr drastisch."

Kein Unterschied wie Tag und Nacht zur Delta-Variante

Die Chance mit Omikron auf der Intensivstation zu landen, sei 20 bis 30 Prozent geringer als mit Delta, sagt Preiser und setzt nach. "Es ist kein Unterschied von Tag und Nacht. Noch ist es es verfrüht, von einem Erkältungsvirus zu sprechen", so Virologe Preiser ganz klar. Bezogen auf die Verbreitungskraft der Omikron-Variante meint er:

Es gibt keine Möglichkeit auszuweichen, das Virus ist extrem infektiös, früher oder später wird jeder infiziert sein, vermutlich wird es in Richtung der vier endemischen Coronaviren gehen.

Wolfgang Preiser | Virologe an der Stellenbosch University

Trügerische Sicherheit

Leipzigs Uniklinikschef Christoph Josten betont: "Wir wiegen uns in einer Sicherheit. Seit drei Wochen fallen die Zahlen dramatisch. Das ist es menschlich, dass man in relaxte Haltung fällt und möchte, dass Maßnahmen gelockert werden. Aber die Hoffnung ist trügerisch, denn die Krankenhäuser und Intensivstationen sind noch voll." Die Kliniken stünden extrem unter Druck, es seien nicht nur Menschen mit Corona. Auch andere Patienten müssten intensivmedizinisch behandelt werden. Andere Patienten warteten auf Therapien und Diagnostik.

Josten: "Bewegen uns im Nebel"

Josten schildert Erfahrungen aus Leipzig, die zu Beobachtungen aus Südafrika passen: "Binnen einer Woche hat sich Zahl der Omikronfälle vervierfacht, wir können davon ausgehen, dass wir bald eine Homogenisierung mit Omikron haben. Was wir aber nicht wissen, wie sich das auf Krankenhausgeschehen auswirkt. Wir bewegen uns da in einem Nebel. Und im Nebel zu sagen, wir ändern was, halte ich für falsch."

Wenn wir jetzt sagen, wir lockern, tun wir das zu Lasten der Mitarbeiter im Gesundheitssystem. Wir fahren jetzt schon auf der Felge. Wenn wir leichtsinnig die Geschwindigkeit erhöhen, dann ist das mehr als fahrlässig.

Prof. Dr. Christoph Josten | Medizinische Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig

Lockerungen? Experten raten zu Geduld

In den kommenden vier Wochen dürfe man gar nicht daran denken, bewährte Maßnahmen zu lockern. "Es ist wichtig, dass wir diesen guten Weg, den wir eingeschlagen haben, auch die nächsten Wochen beibehalten, bis wir wirklich wissen, wie sehr schlägt Omikron ein und wie sehr belastet Omikron unser Gesundheitswesen", betont Josten. Man brauche valide Daten. Erst dann sei es gerechtfertigt, über Lockerungen nachzudenken.

Ähnlich sieht das Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Auch er warnt vor schnellen Lockerungen: "Je mehr Infektionen wir zulassen, desto größer das Risiko, dass sich weitere gefährliche Virusvarianten entwickeln. Das Risiko besteht. Und das müssen wir verhindern." Dies gehe nicht ohne Kontaktbeschränkung. Montgomerys konkreter Rat: "Warten Sie drei Wochen, dann können Sie lockern."

  • Die gesamte mehr als zweistündige Videokonferenz können Sie hier nachverfolgen:

Quelle: lfw/dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 05. Januar 2022 | 06:00 Uhr

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