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Mehr Ladesäulen in Wohngebiete und besseres Lademanagement durch Apps. Das sind zwei der Vorschläge der MIT-Forscher, um den zusätzlichen Strombedarf durch Elektroautos zu verringern. Bildrechte: IMAGO / Westend61

VerkehrswendeNeue Kraftwerke für Elektroautos? Forscher haben Alternative

17. März 2023, 11:56 Uhr

Bringt die massenhafte Einführung von Elektroautos die Stromnetze ans Limit? Müssen wir dafür neue Kraftwerke bauen, um die Spitzen abzufangen? Nein, sagen Forscher. Es gibt eine bessere Lösung. Und die liegt in der Lade-Infrastruktur.

Klimawandel-Pläne weltweit sehen in E-Autos ein Schlüsselelement zur CO2-Reduzierung im Straßenverkehr. Deutschland will den Verkehrssektor bis 2050 dekarbonisieren, also in der Bilanz CO2-frei machen. Schon 2030 sollen 15 Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren, so die Pläne der Bundesregierung. Aber woher kommt der Strom? Brauchen wir dafür neue Kraftwerke, zum Beispiel um Spitzenlasten am Abend abzufangen, wenn alle zu Hause ihre Autos aufladen? Ein Forscherteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT), Cambridge/USA, hat eine Antwort darauf gefunden. Und die braucht keine teuren Investitionen und kann gleichzeitig Überkapazitäten erneuerbarer Energie nutzen, die wir heute verschwenden. Denn das passiert noch viel zu oft, auch in Deutschland. "Weil Speicher fehlen, verlieren wir jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro, weil wir die Energiesysteme abregeln müssen", so Thomas Jordan, Wasserstoff- und Energieexperte am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT).

Die neue Studie der Forscher des MIT zeigt, wie man beide Probleme lösen kann. Und dafür werden laut dem Team, anders als in ähnlichen Lösungsansätzen, keine fortschrittlichen technologischen Systeme mit vernetzten Geräten und Echtzeitkommunikation benötigt, die den Investitionsbedarf, die Kosten und den Energieverbrauch zusätzlich erhöhen würden. Die Lösung: Strategische Förderung und Platzierung der Ladeinfrastruktur, gekoppelt an Systeme, die das Aufladen zeitverzögert steuern.

Autos liefern die Daten selbst

Für die Analyse haben die Forscher Daten aus zwei amerikanischen Großstädten genutzt: New York und Dallas. Diese Daten stammten direkt aus den Fahrzeugen (anonymisiert) und wurden ergänzt durch Umfragen unter den Nutzern. Sie zeigten, zu welchen Tageszeiten Autos genutzt werden und wie lange die Fahrzeuge an verschiedenen Orten stehen – Wohnen, Arbeit, Einkauf, Freizeit und so weiter. Die Ergebnisse, so MIT-Forscherin Jessika Trancik, "runden das Bild bei der Frage ab, wo Ladegeräte strategisch platziert werden sollten, um die Einführung von Elektrofahrzeugen zu fördern und auch das Stromnetz zu unterstützen". Daraus entwickelte das Team Vorschläge für das Lademanagement, die mit möglichst wenig Aufwand umsetzbar sind.

Langsames Laden am Arbeitsplatz

Mehr Ladestationen an Arbeitsplätzen ist der erste Lösungsvorschlag. Damit könnten mittags die Solaranlagen besser genutzt und gleichzeitig die bisherigen Spitzen durch abendliches Laden deutlich verringert werden. Die Auswirkungen auf das elektrische Energiesystem sind laut den Forschern erheblich. Denn ohne diesen Ausgleich könnten die abendlichen Spitzen der Ladenachfrage für Elektrofahrzeuge die Installation von mehr als 20 Prozent zusätzlicher Stromerzeugungskapazität erfordern. "Langsames Laden am Arbeitsplatz sollte dabei schnelleren Ladetechnologien vorzuziehen sein, um eine höhere Nutzung der Solarressourcen zur Mittagszeit zu ermöglichen" so Wei Wei, Postdoc am MIT und Mitautorin der Studie.

Lösung für zu Hause: App-Steuerung

Für zuhause empfehlen die Forscher Apps, die die besten Zeitpunkte für das Laden steuern können. Damit würden zentralisierte Ladesteuerungen überflüssig und die Verschiebungen der Nachfrage würden das Stromnetz entlasten. Allerdings funktioniert das nur, wenn die Heimladeinfrastruktur verbessert wird. Dass das nicht nur die privaten Ladestationen betrifft, haben die Forscher bereits in früheren Studien untersucht. Benötigt werden mehr Ladesäulen in Wohngebieten und nicht nur an Tankstellen oder Einkaufszentren. Die Frage in Richtung Politik ist laut Trancik daher, "wie schafft man Anreize für den Standort, damit dieser effizient und effektiv in das Stromnetz integriert wird, ohne dass ein großer zusätzlicher Kapazitätsausbau erforderlich ist?" Die neue Studie, so Trancik, sei daher eine Orientierungshilfe für politischen Entscheidungsträger, wo Regeln und Anreize zu fokussieren sind.

Links/Studien

Die Studie "Strategien für das vorteilhafte Laden von Elektrofahrzeugen, um den Spitzenstrombedarf zu reduzieren und Solarenergie zu speichern" ist ist in Cell Reports Physical Science erschienen.

gp

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 07. Januar 2023 | 19:00 Uhr