Gleditschie: Der verstummte Klapperbaum
Man hat ihm seine Eigenheiten abgezüchtet: Längst stachelt der Lederhülsenbaum, auch Gleditschie genannt, nicht mehr und klappernde Samenhülsen bringt er auch nicht mehr hervor. Nun ist er ein genügsamer Stadtbaum.
Die Gleditschie heißt auf Deutsch Lederhülsenbaum. "Der Lederhülsenbaum kommt aus Nordamerika und hat in der Urform riesige Stacheln, die sehen ganz gefährlich aus", weiß der Bad Köstritzer Baumschulgärtner Heiko Viehweg. "Und er hat ganz große Schoten und diese Schoten haben Samen drin die klappern." Auch der Lederhülsenbaum gleicht, ähnlich wie der Schnurbaum, mit seinem lockeren, gefiederten Blattwerk der Robinie und er wächst auch ähnlich rasant. Was ihn zu einem beliebten Park- oder Stadtbewohner macht: er breitet sich nicht invasiv aus und er bildet ranke, schlanke Stämme.
Resistent gegen das Klima?
Im Laufe der Zeit haben ihm Gärtner die Stacheln allerdings abgewöhnt, genau wie die Früchte, seine Kronen sind schmal gezüchtet, was ihn regelrecht dafür prädestiniert, in Innenstädten für Grün zu sorgen, ohne all zu viel Licht zu schlucken. Noch dazu trotzt er der Trockenheit und entwickelt sich trotzdem gut. Heißt das, er ist klimaresistent? Gärtner Viehweg findet den Begriff nicht richtig. "Eine Pflanze kann nicht resistent sein gegen das Klima. Eine Pflanze kann sich den Gegebenheiten über Jahrhunderte, Jahrtausende anpassen oder wir holen eine Pflanze aus einem ähnlichen klimatischen Bereich, die schon angepasst ist und versuchen die dann bei uns zu implantieren."
Das Verfahren ist nicht neu. In unseren Breiten waren nach der Eiszeit nur wenige Baumarten wieder sesshaft geworden. Doch mit der Entdeckung der neuen Welt holte man vor allem aus Nordamerika viele robuste Arten von geradezu exotischer Schönheit.
Einer dieser Baum-Importe ist die Gleditschie. In ihrer Heimat wird sie ungefähr 200 Jahre alt. Ob sie das hier auch schaffen kann? Dafür sind die Bedingungen in den Städten mit ihren Abgasen zwar nicht optimal: Die Stein- und Betonfassaden, sowie der Asphalt speichern Hitze; dazu kommen Abgase, Trockenheit und im Winter Streusalz. Aber die Natur überrascht den Menschen ja doch immer wieder aufs Neue. "Wir müssen die Städte irgendwie grün kriegen", sagt Baumgärtner Heiko Viehweg. "Und wenn's die Bäume 100 Jahre machen, müssen wir froh sein."
sabine frank/lfw