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Ausversehen vergiftet: Cannabis-Produkte wie Cookies haben eine hohe Anziehungskraft auf Kinder. Ein unachtsamer Umgang der Eltern kann schwere Folgen für die Kinder haben. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

LegalisierungCannabis in Kanada: Anstieg von Vergiftungen bei Kindern

21. März 2024, 14:11 Uhr

Laut einer Studie haben sich in der kanadischen Provinz Ontario die Notaufnahme-Einlieferungen von Kindern unter zehn Jahren mit Cannabisvergiftung seit Legalisierung der Droge verneunfacht. Vor allem Cannabis in Form essbarer Produkte wie Keksen oder Gummibärchen haben zu diesem Anstieg geführt. Die Forschenden fordern eine bessere Aufklärung und Regulierung der Cannabisprodukte.

von Jennifer Schollbach

"Gebt das Hanf frei!" mit diesem alten Schlachtruf werben Befürworter*innen schon lange für die Legalisierung von Cannabis. Nun scheint es in Deutschland bald soweit zu sein. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist "die kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken" festgeschrieben. Durch eine Legalisierung könnte der Anbau, die Einfuhr, die Qualität und die Abgabe des Cannabis besser kontrolliert werden. Zudem verspricht man sich dadurch auch positive Effekte für die Wirtschaft.

Keine harte Droge, aber auch nicht harmlos

Cannabis ist keine harte Droge und gilt auch als weniger gefährlich als Alkohol oder Tabak. Harmlos sind Cannabis oder Cannabis-Produkte aber dennoch nicht. Auch hier können Konsument*innen eine Sucht entwickeln. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass durch den regelmäßigen Konsum die Hirnstruktur verändert wird. Vor allem Jugendliche sind hier gefährdet. Auch das Risiko für das Auftreten von Psychosen ist durch den Cannabis-Konsum erhöht. Kommt die Legalisierung sollte eine gute Aufklärung und eine strenge Kontrolle für Cannabis und Cannabis-Produkte höchste Priorität haben. Denn welche Folgen ein unachtsamer Umgang damit auch für Kinder haben kann, haben nun kanadische Forschende festgestellt.

Vergiftungen bei Kindern haben sich verneunfacht

In ihrer Studie haben sich die Forschenden die Notaufnahmebesuche aufgrund von Cannabis-Vergiftungen im kanadischen Ontario angeschaut. Dabei verglichen sie drei Zeiträume: Vor der Legalisierung 2016 bis 2018, nach der Legalisierung von Cannabisblüten, -samen und –ölen 2018 bis 2020 und nach der Legalisierung von Esswaren und anderen Produkten. Dabei fiel ihnen auf, dass die Einlieferung von Kindern unter zehn Jahren wegen Cannabis-Vergiftung vor allen nach der Legalisierung von Esswaren stark angestiegen ist. Fast zehn Prozent der Einlieferungen waren auf eine Vergiftung mit Cannabis zurückzuführen.

Achtloser Umgang und hohe Anziehungskraft

Die Zahl der Vergiftungen bei Kindern im Studienzeitraum ist zwar insgesamt relativ niedrig – 522 Notaufnahme-Einlieferungen wurden registriert – aber diese Zahlen gelten nur für Provinz Ontario mit rund 14, 6 Millionen Einwohnern. Für die Forschenden zeigen die Studienergebnisse, dass in Sachen Aufklärung, Regulierung und Sicherheit der Produkte nachgerüstet werden muss. Laut Dr. Daniel Myran, Hauptautor der Studie, müsse die Anziehungskraft, die Cannabis-Esswaren auf kleine Kinder haben, verringert werden. Aber vielleicht müsse man auch über strengere Grenzwerte nachdenken. Wichtig sei aber vor allem, dass die Betreuungspersonen der Kinder achtsam mit den Produkten umgehen, sie außer Reichweite der Kinder in sicher verschließbaren Behältern aufbewahren. So könnten sie Vergiftungen bei Kindern verhindern. Bisher gab es in diesem Zusammenhang zwar keine Todesfälle, harmlos sind diese trotzdem auf keinen Fall. 32,7 Prozent der Vergiftungen erforderten einen Krankenhausaufenthalt, 3,6 Prozent der Kinder mussten auf der Intensivstation behandelt werden.

Anstieg während der Pandemie?

Die Legalisierung von Cannabis in Kanada überschnitt sich mit der Corona-Pandemie. Die Forschenden stellten fest, dass in dieser Zeit zwar die Zahl der Notaufnahme-Einlieferungen von Kindern aufgrund von Vergiftungen aller Art zurückging, die Vergiftungen aufgrund von Cannabis-Produkten aber anstieg. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass während der Pandemie mehr Cannabis und Cannabis-Produkte konsumiert wurden. Auch eine andere Studie stellte diesen Zusammenhang bereits fest.

In Deutschland wurde 2011 das erste Cannabis-Medikament zugelassen, seit 2017 dürfen Ärzte und Ärztinnen Cannabis in verschiedenen Formen verschreiben. So kommt es zum Beispiel in der Krebstherapie zum Einsatz. Ob die Legalisierung von Cannabis nun auch in Deutschland zu einem Anstieg des Cannabis-Konsums führen wird, lässt sich nicht sagen. Dazu gibt es keine einheitlichen aussagekräftigen Daten. Was sich aber sagen lässt, ist, dass ein achtsamer Umgang mit den Produkten wichtig ist, vor allem wenn Kinder im Umfeld sind.

Zur Studie:

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