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Baustoffe der ZukunftPapier, Carbon, Lehm und Plastikflaschen - So kann man auch bauen!

03. September 2019, 12:45 Uhr

Klassischer Beton war gestern. Forscher, Architekten und Bauingenieure tüfteln längst an neuen Ideen, die manchmal auch die alten sind. Papier, Carbon, Lehm, Plastikflaschen oder lebendige Pflanzen - Häuser können heute aus ganz verschiedenen Materialien gebaut werden.

Andreas Fröse in Südamerika vor einem der Häuser aus mit Sand gefüllten Plastikflaschen - eine preisgünstige Alternative. Bildrechte: imago/biky

Häuser aus Bauklötzen

Als Kind hat bestimmt jeder schon einmal ein Haus aus Bauklötzen gebaut. Doch konnten da neben kleinen Männchen und Plastiktieren auch echte Menschen drin stehen? In Zukunft schon. Verschiedene Anbieter bieten nun Bausätze aus Holzelementen, aus denen man sich sein eigenes Gartenhäuschen, Tiny House oder sogar Einfamilienhaus zusammenstecken kann. Das alles funktioniert ohne Schrauben, Nägel oder Klebstoff.

Mehr als nur ein Kartenhaus – das Haus aus Papier

Der Berliner Architekt Eckard Feddersen entwarf ein Haus, das zu 70 Prozent aus Papier besteht. Grundlage seines Entwurfs war die Idee, ein preiswertes Haus zu entwickeln, welches beispielsweise als Notunterkunft genutzt werden kann. "Wir liegen ungefähr bei der Hälfte der Kosten für eine normale Unterbringung auch mit Containern oder mit anderen vergleichbaren Häusern", erklärte Architekt Feddersen. "Wir haben ein hoch gedämmtes Haus, das also für Winter und Sommer gut ist". Ein weiterer Vorteil des Papierhauses sei, dass es mit wenigen Menschen und Hilfsmitteln aufbaubar ist. Gemäß dem Baukastenprinzip würden stabile Hülsen aus mehreren Schichten Papier verwendet. Diese Hülsen sind wiederum mit Cellulose als Dämmmaterial gefüllt.

Beton mit Carbon statt Stahl

Der Carbon-Beton der TU Dresden galt als kleine Sensation. Die Forscher haben für den innovativen Werkstoff 2016 den Deutschen Zukunftspreis erhalten. Der Clou: Nicht mehr Stahlstreben, sondern Carbon-Fasern sollen das Skelett von Beton-Bauten bilden. Dafür sollen die Carbon-Fasern zu einem Gitter verwebt und danach mit Beton ausgefüllt werden. "Wir denken, das Carbon-Beton die Zukunft des Bauens ist", erklärte Matthias Tietze vom Institut für Massivbau der TU Dresden. "Mit Carbon-Beton kann man wesentlich leichter, dünner und vor allen Dingen langlebiger bauen."

Es gibt noch einen entscheidenden Vorteil: Während herkömmlicher Stahlbeton schon nach geringer Lebensdauer zu bröckeln beginnt, stellt Carbon-Beton eine langlebige Alternative dar. "Wir gehen davon aus, dass hier Lebensdauern von 200 Jahren kein Problem mehr sind", sagte Manfred Curbach, Direktor des Instituts für Massivbau an der TU Dresden.

Häuser aus Plastikflaschen

Einfach, günstig, effektiv: Plastik ist zwar kein biologischer Werkstoff, wird jedoch gerade auf ganz besondere Weise wiederverwertet. Überall auf der Welt fangen Menschen an, die Plastikflaschen mit Sand oder Beton zu befüllen und ganze Häuser damit zu errichten. Das Prinzip ist einfach: leere Plastikflaschen werden mit Sand und Schutt gefüllt, aufeinander geschichtet und mit einer Nylonschnur stabilisiert. Danach müssen sie nur noch verputzt werden. Zwei Drittel der Baukosten können so eingespart werden. Bauen mit Plastikflaschen sei eine preisgünstige Alternative, erläutert Andreas Froese, der als Pionier in diesem Bereich gilt und in Lateinamerika bereits seit Jahren solche Häuser baut. Und die, so Froese, seien sehr robust. Sie hätten schon Erdbeben bis zur Stärke 7,3 und eine Flut bis unter das Dach überstanden.

Steine aus Altpapier

Sie sind mit purem Beton vergleichbar, können sogar besser Wärme dämmen, aber keine großen Lasten tragen: Steine aus Altpapier sowie neuartige Papierziegel haben Wissenschaftler der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Dresden entwickelt. "Neuland war Papier- und Betontechnologie miteinander zu verbinden", erklärt Baustoffwissenschaftler Thomas Thiel von der HTW Dresden. Für die Herstellung der Altpapiersteine werden alte Zeitungen mit viel Wasser gehäckselt. Dazu kommt Zement - fertig. "Es ist mit dem puren Beton vergleichbar", sagte Thiel. Der Papier-Ziegel habe zudem einen weiteren Vorteil, die Wärmedämmfähigkeit sei geringfügig besser ist als bei purem Beton. Thiel schränkt allerdings ein: Mit den Steinen und Ziegeln aus Papier könnten nur kleinere Gebäude wie Einfamilienhäuser gebaut werden. Das Material halte keine großen Lasten aus und kann nicht für Hochhäuser oder Brücken verwendet werden.

Zurück zum Lehmbau

Schon vor tausenden von Jahren bauten Menschen ihre Häuser aus Lehm. Doch warum sollte man zu dieser alten Technik wieder zurückkehren? Lehm stellt eine umweltfreundliche Alternative für Beton dar. Schließlich gilt der Bausektor als einer der ressourcenintensivsten Wirtschaftssektoren. Zudem fällt bei der Herstellung und dem Transport von Beton extrem viel CO2 an und recycelt wird dieses Material auch so gut wie gar nicht. Lehm dagegen weist einen wesentlich geringeren CO2-Fußabdruck auf und kommt fast überall auf der Welt vor. Zudem kann Lehm recycelt werden, in dem der Rohstoff von abgerissenen Häusern einfach wieder mit Wasser angereichert wird.

Der Baustoff Lehm geriet allerdings immer wieder in Vergessenheit. Doch zu heutigen Zeiten, in denen die Menschheit danach strebt, nachhaltig zu leben, feiert er sein Comeback. Lehm galt als Volksbaustoff und wurde von der Wissenschaft kaum beachtet. Das wollte die Universität Göttingen ändern. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geförderten Projektes "Objekte der Könner" (2015 bis 2018) entstand der Film “Lehm: Baustoff der Zukunft“.

Häuser aus dem 3D Drucker

Inzwischen ist der 3D-Druck so weit entwickelt, dass damit neben Kunststoff auch Glas, Metall oder auch Beton gedruckt werden kann. In einer Kooperation haben die Bauhaus-Uni in Weimar, die FH Dortmund und die Universität Duisburg in drei Monaten einen 3D-Drucker entwickelt, mit dem man vor Ort an einer Baustelle vereinfachte Fassadenteile drucken kann. "Die 3D-Drucker könnten auf eine Baustelle fahren und lokal auf die Gegebenheiten der Baustelle eingehen", sagte Produktdesigner Michael Braun. "Wenn alles vor Ort produziert wird, gibt es weniger Transportwege, es muss weniger auf Vorrat hergestellt werden und gelagert werden." Zudem entstehe weniger Verschnitt und weniger Abfall.

Baubotanik – Wohnen im lebenden Haus

Bäume als Tragwerk in der Architektur - das ist der Ansatz der Baubotanik. Bildrechte: IDZ | Professor Ferdinand Ludwig, Daniel Schönle

Die Baubotanik macht sich die die "konstruktive Intelligenz" der Pflanzen zunutze. Dabei werden Bäume oder andere wachsende Holzpflanzen als Tragwerk in der Architektur verwendet. "Wir versuchen die Verwachsungen künstlich zu erzeugen, um Architektur daraus zu machen", erklärt Ferdinand Ludwig, Professor für Landschaftsarchitektur. Er will erforschen, wie man auf Basis botanischer Grundlagen bauen kann. Weil der Wachstumsprozess nicht komplett kontrollierbar sei, erhofften sich Architekten von diesem Ansatz eine risikoreiche Architektur. Das lebendige Material bereite großen Spaß, weil man "versuchen muss, mit den Unwägbarkeiten des Wachstums klarzukommen". "Wir nennen den Baum deswegen auch unseren Co-Designer", sagte Ludwig.

Für seinen Ansatz der Baubotanik hat Professor Ferdinand Ludwig 2017 den Bundespreis Ecodesign erhalten. Bildrechte: IDZ | Professor Ferdinand Ludwig, Daniel Schönle

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Einfach genial | 12. Dezember 2017 | 19:50 Uhr

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