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Symbolbild: Die neuronalen Verbindungen innheralb unseres Gehirns spielen eine wichtige Rolle für die Geschwindigkeit, mit der wir Informationen verarbeiten. Bildrechte: IMAGO / Addictive Stock

HirnforschungNetzwerke unserer Neuronen bestimmen, wie schnell Informationen verarbeitet werden

18. April 2023, 11:00 Uhr

Unser Gehirn macht manche Dinge unglaublich schnell: Sinneswahrnehmungen verarbeiten zum Beispiel. Andere Prozesse dauern deutlich länger, beispielsweise, wenn wir eine Entscheidung treffen wollen und minutenlang abwägen. Manche Hirnregionen arbeiten dementsprechend schneller als andere. Ein internationales Forscherteam hat aktuell untersucht, wie sich die Zeitskala einer Hirnregion bei der Ausführung einer Aufgabe verändern kann.

Die Forschenden untersuchten Daten aus früheren Experimenten mit Makaken-Affen, von denen visuelle Aufmerksamkeit verlangt wurde. Dabei wurde die Aktivität im visuellen Cortex V4 gemessen, einer Hirnregion, die auf das Sehen spezialisiert ist. Das Ziel der Untersuchung war, herauszufinden, ob sich die Gehirnaktivitäten in ihrer Geschwindigkeit unterscheiden, wenn a) die Aufmerksamkeit gerade auf einen neuen Punkt gelenkt wird oder b) der Punkt eine Weile ruhig fixiert wird.

Interessanterweise gab es tatsächlich Unterschiede in der neuronalen Aktivität in beiden Szenarien. Wenn die Affen ruhig fixierten, verlor die Aktivität in den langsameren Neuronenpopulationen noch weiter an Geschwindigkeit. Dass dieselben neuronalen Strukturen ihre Geschwindigkeiten ändern können, ist interessant, denn es deutet darauf hin, dass die unterschiedliche Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung nicht darauf beruht, dass es schnelle und langsame Neuronen als biologische Typen gibt, die an unterschiedlichen Stellen im Gehirn verbaut wurden.

Vielmehr sind es die Netzwerkverbindungen zwischen Neuronen, die darüber entscheiden, wie schnell Prozesse im Gehirn ablaufen. So generieren beispielsweise sogenannte "Cluster-Netzwerke" aus Neuronen langsame Skalen der Informationsverarbeitung. Solche Netzwerke könne man in etwa mit dem Straßennetz vergleichen, sagt die Neurowissenschaftlerin Anna Levina von der Universität Tübingen, die an der Arbeit beteiligt war. Zwei Orte in Paris seien mit so einem Cluster gut miteinander verbunden – wohingegen Orte mit ein wenig mehr Entfernung nur sehr langsam zu erreichen seien. Im Gegensetz zu den Cluster-Netzwerken gibt es noch Direktverbindungen zwischen Neuronen, die gewissermaßen mit einem Flugnetz zu vergleichen sind. Diese Strukturen sind sehr schnell, aber dafür nicht so ausdifferenziert. Diese Ergebnisse könnte eine neue Perspektive auf unser Gehirn eröffnen: "Unsere experimentellen Beobachtungen und Computermodelle bilden gemeinsam eine Grundlage für eine Untersuchung des Zusammenhangs von Netzwerkstruktur, funktioneller Dynamik im Gehirn und flexibel modulierbarem Verhalten", schließt die Studie.

MDR WISSEN News

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