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Meerestiere in GefahrLeiser bitte! Der Mensch macht zu viel Krach im Meer

08. Februar 2021, 16:09 Uhr

In unseren Ozeanen ist es nie leise: Tiere kommunizieren miteinander, machen Geräusche beim Fressen, selbst Seetang und Korallenbänke sorgen für Geräusche. Doch diese natürliche Unterwasser-Klanglandschaft ist in Gefahr. Schuld daran ist der Mensch: Durch Bauarbeiten im Meer, die Schifffahrt und die Gas- und Ölförderung wird es in unseren Ozeanen immer lauter. Meeresbiologinnen und -biologen schlagen deshalb Alarm: Der Mensch muss unter Wasser leiser werden!

von Kristin Kielon

Unter Wasser herrscht eigentlich eine einzigartige Klanglandschaft: Da singen Wale, brummen Krebstiere oder rufen Robben, dass der geneigte Zuhörer sich eher an den Science-Fiction-Sound der Lichtschwerter im Star Wars-Film erinnert fühlt als an die Weddellrobbe in der Antarktis.

Doch in weiten Teilen unserer Ozeane klingt es heute kaum mehr so, denn ein lautes, monotones Brummen übertönt diese natürlichen Klänge. Und dafür ist der Mensch verantwortlich. Die Schifffahrt ist dabei die größte menschengemachte Lärmquelle in den Meeren, sagt Meeresbiologin Ilse van Opzeeland vom Alfred-Wegener-Institut.

Die Schifffahrt ist ein ganz wichtiger Faktor. Die produziert ein ständiges Geräusch über sehr viele Tonhöhen. Das ist zwar nicht sehr laut – vor allem, wenn Schiffe auf größerer Distanz zu gewissen Gebieten Fahrrouten haben – aber es ist kontinuierlich.

Dr. Ilse van Opzeeland, Alfred-Wegener-Institut

Außerdem sei das Schiffsgeräusch relativ breitbandig, erstrecke sich also über mehrere Frequenzbereiche, ergänzt die Meeresbiologin. Und dann gibt es ja zum Beispiel auch noch Sprengungen oder Rammschläge in den Meeresboden – für die Öl- und Gas-Gewinnung oder Offshore-Windparks –, die viele Kilometer weit dröhnen.

Unterwasser-Lärm Menschlicher Lärm stört Tiere in der Antarktis

Motorbrummen, Sonar oder unterirdische Bauarbeiten können im Extremfall... Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut
...das Gehör von Buckelwalen irreparabel schädigen. Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut
Auch Robben sind sensibel für Lärm unter Wasser. Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut
Mit diesen Mikrofonen für den Einsatz unter Wasser untersuchen Forscher vom Alfred-Wegener-Institut den menschengemachten Lärm im Südmeer. Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut
Das Schema erklärt den Versuchsaufbau der deutschen Forscher. Bildrechte: Alfred-Wegener-Institut

Lärm schädlich für Meerestiere

Das große Problem: Dieser menschengemachte Lärm hat einen negativen Effekt auf die Wildtiere, die im Meer leben. Dieser Effekte reiche von der Beeinflussung des Verhaltens, über die Vergrämung – also Vertreibung von Tieren aus bestimmten Gebieten –, bis hin zu Hörschädigungen und physiologischen Änderungen, weil Stresshormone freigesetzt werden, erläutert Meeresbiologin van Opzeeland. Einige Studien hätten sogar gezeigt, dass auch Mortalität stattfindet. Für einige Tiere ist der Lärm also sogar tödlich.

Biologin van Opzeeland hat in einem internationalen Team eine Meta-Analyse zum menschengemachten Ozean-Lärm gemacht. Dafür haben sie rund 500 Studien zum Thema analysiert. Dabei zeigte sich unter anderem, dass die Tonhöhen des Meereslärms zum Großteil genau in dem Bereich liegen, in dem Meerestiere miteinander kommunizieren. Sie können sich dann nicht mehr verständigen, erklärt die Meeresbiologin. Außerdem seien weit mehr Tiere betroffen als nur die marinen Säugetiere. Die Analyse zeige jetzt das tastsächliche Ausmaß des Problems.

Aber jetzt zeigen wir wirklich anhand von dieser Synthese, dass es Effekte gibt und über die ganze Breite von marinen Tierarten, die es gibt. Also dass auch Muscheltiere, Krebstiere oder Copepoden (Ruderfußkrebse Anm.d.R.) betroffen sind.

Die Infografik zeigt das Problem des menschengemachten Unterwasser-Lärms und wie es gelöst werden könnte. Von oben – fast unberührte Meere, über die Gegenwart (das Anthropozän), bis zu einer besser oder schlechten gemanagten Zukunft. Bildrechte: Science / XAVIER PITA/KAUST

Konkrete Vorschläge für weniger Lärm

Die Forschenden rechnen damit, dass der Meereslärm in den kommenden Jahren noch zunehmen könnte. Deshalb fordern sie die internationale Gemeinschaft auf zu handeln: Es müsse mehr Aufmerksamkeit für das Problem da sein. Und die Forschenden bieten konkrete Lösungsvorschläge an: zum Beispiel sogenannte Blasenschleier, um den Schall aufzufangen. Dabei handelt es sich eigentlich nur um einen Schlauch, erklärt Meeresbiologin van Opzeeland.

Bei Rammarbeiten wird dieser Schlauch um die Rammstelle ausgebracht. In diesen Schlauch wird Luft gepumpt und die sprudelt einfach hoch. Das produziert sozusagen einen Blasenring um diese Lärmstelle.

Solche technischen Lösungen könnten einiges verbessern, sagt die Meeresbiologin. Noch mehr Potential gibt es aber vor allem bei den Container-Schiffen: Würden die allein zwei Knoten langsamer fahren, würde das den Schiffslärm schon halbieren.

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