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Gerade bei alten Menschen müssen Pflegende darauf achten, dass sie genug trinken, wenn es heiß ist. Bildrechte: IMAGO / epd

ÜbersterblichkeitKlimawandel: Sommer 2022 forderte über 61.000 Hitzetote in Europa

11. Juli 2023, 14:35 Uhr

Der Sommer 2022 war der heißeste jemals gemessene in Europa. Einer Studie zufolge starben über 61.000 Menschen an der Hitze. Vor allem Frauen büßten viele Lebensjahre ein. Und es könnte noch schlimmer kommen.

Während Europa erneut schwitzt, legen spanische Epidemiologen erstmals eine Studie vor, die die Zahl der Hitzetoten im Rekordsommer 2022 beziffert. Demnach starben zwischen dem 30. Mai und dem 4. September vergangenen Jahres insgesamt 61.672 Menschen durch die hohen Temperaturen. Das berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Joan Ballester Claramunt vom Barcelona Institute for Global Health im Fachmagazin Nature Medicine.

Sommerdürre 2022: Paneuropäische Hitzewelle im Juli forderte mehr als 10.000 Tote

Für Ihre Untersuchung hatten die Forschenden Daten der statistischen Behörden der EU und der Mitgliedländer aus den Jahren 2015 bis 2022 zusammengetragen. In diesem Zeitraum starben über 45 Million von insgesamt 543 Millionen Menschen in 35 Staaten. Diese Zahlen kombinierten die Statistiker mit den lokal gemessenen Temperaturen der einzelnen europäischen Regionen. Hier zeigte sich ein starker Zusammenhang: Je heißer es war, desto mehr starben vor allem die alten Menschen.

Im Sommer 2022 war die Durchschnittstemperatur laut den Autoren in jeder einzelnen Woche höher, als in den Jahren zuvor. Die größten Abweichungen habe es zwischen Mitte Juli und Mitte August gegeben. Demnach forderte allein die paneuropäische Hitzewelle zwischen dem 18. und dem 24. Juli über 11.500 Tote. In den besonders heißen Wochen zwischen 11. Juli und 14. August seien laut den Statistikern insgesamt 38.881 Menschen an den Folgen der Hitze gestorben.

Globale Erwärmung trifft Italien, Griechenland und Spanien: Am meisten Tote pro Einwohner

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Am stärksten betroffen war vor allem die Region rund um das Mittelmeer. So habe Italien mit insgesamt 18.010 Hitzetoten die höchste durch Temperaturen bedingte Sterberate gehabt. Auch in der Pro-Kopf-Statistik führt das Land das Ranking an: Pro eine Million Einwohner starben 295 Menschen an den zu hohen Temperaturen.

In absoluten Zahlen folgte Spanien mit 11.324 Toten und Deutschland mit 8.173 zusätzlichen Verstorbenen. Gemessen an der Bevölkerungsgröße hatten allerdings Griechenland mit 280, Spanien mit 237 und Portugal mit 211 Toten pro eine Million Einwohner mehr Sterbefälle zu beklagen, als die Bundesrepublik mit 98 Hitzetoten pro eine Million Einwohner. Europaweit lag der Durchschnitt bei 114 Todesopfern pro Million Einwohnern.

2003 forderte die meisten Hitzetoten – aber 2022 hätte die Gefahr besser bekannt sein müssen

Abgesehen von einem Wohnort in einem südeuropäischen Land war außerdem hohes Alter stark mit einem erhöhten Sterberisiko verknüpft. Demnach waren rund 36.900 Verstorbene 80 Jahre oder älter. Zudem war das hitzebedingte Sterberisiko bei Frauen 63 Prozent höher als bei Männern. Grund dafür könnte sein, dass Frauen allgemein eine höhere Lebenserwartung haben, als Männer und deswegen vorzeitige Hitzetodesfälle statistisch besonders ins Gewicht fallen.

Den Rekord bei der hitzebedingten Übersterblichkeit hält allerdings weiterhin das Jahr 2003. Damals zählte Europa über 70.000 zusätzliche Tote. Allerdings sei die Hitzewelle in dem Jahr sehr überraschend gekommen, was sich von 2022 nicht sagen lasse, so Erstautorin Joan Ballester. "Bezogen auf die Vorjahre waren die Temperaturen im Sommer 2022 nicht mehr ungewöhnlich. Man hätte sie vorhersehen können nach der Serie sehr heißer Jahre zuvor."

Hitzetote: Ohne bessere Vorbereitung bis zu 94.000 Betroffene pro Sommer ab 2040

Dass mehr als 61.000 Menschen im Sommer 2022 gestorben seien, zeige, dass die Vorbereitungen und Maßnahmen zum Schutz der verwundbaren Bevölkerung vor Hitze nicht ausreichend waren. Werde hier nicht nachgebessert, drohten um das Jahr 2030 herum mehr als 68.000 Hitzetote pro Sommer und ab 2040 dann sogar 94.000 Betroffene jedes Jahr.

Links/Studien

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | Sachsenspiegel | 05. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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