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Birken - als Bäume vielseitig nutzbar, weit verbreitet und beliebt, außer bei Allergikern. Bildrechte: Colourbox.de

MikroplastikHelfen Birken gegen Plastikmüll?

20. März 2024, 16:02 Uhr

Es ist einfach überall. In der Luft, die wir atmen, im Wasser, in den Böden, in unserer Nahrung und am Ende auch in unserem Körper: Mikroplastik. Selbst bis in die entlegensten Ecken der Welt haben es die Teilchen bereits geschafft. Wie wir sie aus der Umwelt wieder herausbekommen, ist eine der großen Fragen unserer Zeit. Nun könnte uns – wieder einmal – die Natur beim Reinemachen helfen.

Birken sind wahre Pioniere. Sie sind oft die ersten Baumarten, die sich auf zerstörten Waldflächen oder alten Industriebrachen wieder ansiedeln. Sie wachsen schnell und bereiten die Böden auf die weitere Bewaldung vor. Außerdem werden einige Birkenarten bereits genutzt, um industrielle Schadstoffe und Schwermetalle aus der Erde zu reinigen: Mikroben in den Birken können schädliche polyaromatische Kohlenwasserstoffe in ihre unschädlichen Bestandteile aufspalten. Nun haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nachgewiesen: Birken können auch in Sachen Plastikmüll "aufräumen", echte Pioniere sein.

Experiment am lebenden Baum

Forschende des Leibniz-Instituts für Binnenfischerei und Gewässerökologie (IGB) haben in einem ersten Schritt zwei einjährige Hängebirken unter kontrollierten Bedingungen eingetopft. Dann haben sie drei Gramm Mikroplastik in Form von Polyamid-Pulver mit einem fluoreszierenden Farbstoff versehen. Polyamid (PA) gilt neben Polypropylen (PP) als dominierende Plastiksorte in verschmutzten Böden, wie Studien bereits zeigen konnten. Im Anschluss haben die Wissenschaftlerinnen das Mikroplastik während der Wachstumsmonate im spätem Frühjahr dem Boden beigemischt.

Baum frisst Mikroplastik?

Fünf Monate später unter gleichen Bedingungen waren die Birken um etwa 30 Zentimeter gewachsen und das Wurzelwerk hatte sich deutlich ausgebreitet. Die Forschenden um Erstautorin Kat Austen entnahmen einige Wurzelproben und untersuchten sie im Licht- und Lasermikroskop. Dort konnten sie in sechs von insgesamt 64 analysierten Wurzelabschnitten je ein bis vier fluoreszierende Mikroplastikteilchen nachweisen.

Bildrechte: Kat Austen/IGB/MDR

"Die Aufnahmerate von Mikroplastik und die Auswirkungen auf die kurz- und langfristige Gesundheit der Bäume müssen noch untersucht werden", erklärt Erstautorin Kat Austen. Den genauen Mechanismus, wie das Mikroplastik in die Wurzel gelangt und dort transportiert wird, konnten die Forschenden noch nicht nachvollziehen.

Allerdings haben Forschende bereits zeigen können, dass einjährige Pflanzen wie Weizen oder Kopfsalat Mikroplastikteilchen kleiner als zehn Mikrometer direkt über das Wurzelgewebe aufnehmen. Die Studie ist ein erster Aufschlag bei der Frage, wie Bäume Mikroplastik aus dem Boden reinigen können.

Bildrechte: Kat Austen/privat/MDR

"Diese Pilotstudie deutet darauf hin, dass die Birke ein echtes Potential für langfristige Lösungen zur Bodensanierung hat – einschließlich der Verringerung der Menge an Plastik in Böden und möglicherweise im Wasser", so Kat Austen aus der Forschungsgruppe für Lichtverschmutzung und Ökophysiologie am IGB. Die zwei jungen Hängebirken aus dem Experiment sollen noch weiter untersucht werden.

Mikroplastik belastet Böden

Seit den 1950er-Jahren sind ca. fünf Milliarden Tonnen Plastik in der Umwelt oder illegalen Mülldeponien gelandet. Zum Vergleich: Die weltweite Plastikproduktion liegt aktuell bei etwa 370 Millionen Tonnen pro Jahr. Böden gelten als weitaus belasteter von Mikroplastik als beispielsweise die Ozeane. In terrestrischen Ökosystemen sammelt sich Studien zufolge vier bis 23 Mal so viel Mikroplastik wie in marinen Ökosystemen. Besonders die oberen Erdschichten weisen hohe Konzentrationen auf. Daher könnten die flachwurzelnden Birken hier Reinigungseffekte bewirken, so die Vermutung der Wissenschaftler:innen. In Deutschland gelangen laut Umweltbundesamt jedes Jahr zwischen 150.000 und 250.000 Tonnen Plastikmüll und damit potenzielles Mikroplastik in die Umwelt. Hauptursachen sind der Reifenabrieb von Autos, Hinterlassenschaften der Baubranche und Reste aus der Landwirtschaft und dem Gartenbau. Die aktuelle Studie vom Leibniz-Institut deutet daraufhin, dass die Natur gewisse "Selbstheilungskräfte" gegen unseren Müll entwickeln kann.

Link zur Studie

Die Studie wurde unter dem Titel "Microplastic inclusion in birch tree roots" in Science of the Total Environment veröffentlicht.

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