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Viren (rot) befallen CO2-fixierende Archaeen (hier blau dargestellt). Bildrechte: V. Turzynski/L. Griesdorn/A. Probst

Mikroorganismen in tiefen BodenschichtenDiese Viren beeinflussen wahrscheinlich das Klima

04. August 2021, 13:23 Uhr

Deutsche Forscher haben Viren entdeckt, die einzellige, CO2-verdauende Mikroorganismen im Grundwasser befallen und töten. Zwar verringern die Viren dadurch den CO2-Abbau, aber sie eröffnen auch Nahrungsketten.

  • Archaeen sind in tiefen Bodenschichten lebende Mikroorganismen, die das Klimagas CO2 binden.
  • Forscher haben jetzt Viren entdeckt, die diese Archaeen befallen und töten. So setzen sie CO2 frei.
  • Die toten Archaeen dienen anderen Organismen als Nahrung. Sie stehen am Beginn der Nahrungskette.

Auch wenn viele Wissenschaftler Viren nicht als Lebewesen ansehen – weil sie keinen eigenen Stoffwechsel haben und zu ihrer Vermehrung andere Zellen als Wirte brauchen –, gehören sie doch zu den ältesten Formen des Lebens auf der Erde. Während sich die Menschheit gerade mit dem Sars-Coronavirus-2 herumschlägt, hat ein internationales Forscherteam unter deutscher Leitung Viren entdeckt, die CO2-verdauende Urorganismen befallen und töten. Auf diese Weise könnten die Viren tatsächlich einen Einfluss auf das Klima haben. Zugleich aber schaffen sie mit der Tötung ihrer Wirte Nahrung für andere Organismen. Sie stehen also am Anfang einer ganzen Nahrungskette.

Unbekannte Viren in unerforschtem Ökosystem tief unter der Erde

Das Team um Alexander Probst von der Universität Duisburg-Essen untersuchte sogenannte Archaeen. Das sind einzellige Mikroorganismen, die noch aus Urzeiten stammen, den Bakterien ähnlich sind, sich aber in einigen Aspekten unterscheiden. Archaeen haben wie Bakterien keine Zellkerne und tragen ihre Erbinformation stattdessen im Zellplasma. Oft bewohnen sie extreme Lebensräume, beispielsweise sauerstoffarme Bereiche tief unter der Erde oder in Grundwasserschichten. Dort verdauen sie CO2, um den für Vermehrung und Stoffwechsel notwendigen Kohlenstoff zu gewinnen.

Probst und Kollegen haben nun eine bestimmte Archaeen-Art, die Altiarchaeen im Grundwasser der Mühlbacher Schwefelquelle in Isling bei Regensburg untersucht. In einer Probe dieses Grundwasser stießen die Forscher auch auf die bislang unbekannten Viren. "Dass es sie dort gibt, haben wir unter dem Mikroskop vorher schon gesehen. Jetzt können wir sie auch molekularbiologisch nachweisen", sagt Probst. Einen Namen haben die neuentdeckten Viren noch nicht, da es bislang noch nicht gelungen sei, sie im Labor in Zellkulturen anzuzüchten.

Infektionen erschweren CO2-Bindung im Boden – schaffen aber Nahrungsquellen

Bei ihrer Analyse stellten die Forscher fest, dass eine Infektion mit den Viren die Altiarchaeen absterben lässt. So sorgen sie zwar einerseits dafür, dass die Mikroorganismen weniger CO2 in der Erde binden können. Aber: "Der tote Mikroorganismus ist eine Nahrungsquelle für andere Organismen. Die Infektionen sind damit eine Starthilfe für den organischen Kohlenstoffkreislauf im Ökosystem", erklärt der Mikrobiologe Probst.

Die jetzt im Fachblatt "Nature Communications" erschienene Studie ist einer der ersten Arbeiten, die die bislang weitgehend unerforschten Kohlenstoffkreisläufe und Interaktionen zwischen Viren und Mikroorgansimen in tiefen Bodenschichten untersuchen.

(ens/idw)

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